Ein ehemaliger Lagenser schreibt Forschungsgeschichte

Lage. Jeder Mensch bekommt genau den medizinischen Wirkstoff, der gegen die Krankheit hilft. Die Ärzte können exakt sagen, warum ein Patient krank ist, was er tun müsste, um im Alter bestimmte Krankheiten zu vermeiden. Das ist unrealistisch? Nein, es ist in Arbeit. Professor Thomas Hankemeier, der in Lage einst Abitur gemacht hat, hat mit seinem Unternehmen einen bedeutenden Forschungspreis der Niederlande gewonnen.

Es ist nicht zu überhören: Wenn Hankemeier von seiner Jugend erzählt, dann ist Chemie ein fester Bestandteil. Natürlich war er im Leistungskurs, und sein damaliger Lehrer bekommt hohes Lob. "Er hat mich sehr motiviert und unterstützt." Und sein Opa hatte Vorarbeit geleistet. "Mein Großvater hat mit mir in der Küche auf der Kochplatte experimentiert, als ich zehn Jahre und jünger war. Wir haben Chemikalien synthetisiert, Feuerwerk gebastelt und Raketen gebaut, die auch mal flogen."

Doch nach dem Abitur interessierte er sich für Medizin, allerdings nur kurz. "Die Ärzte wissen nicht exakt, warum die Menschen krank werden. Das fand ich unbefriedigend." Also wandte er sich der Chemie zu, untersuchte das Wasser des Rheins, erfand ein Warnsystem, mit dem man sehr schnell analysieren kann, wo Chemikalien in den Fluss geleitet werden. Doch die Forschung während des Studiums in Deutschland sei nicht sehr motivierend gewesen. "Mein Professor hat sein Hörgerät ausgestellt, wenn er die Ideen nicht mehr hören wollte", sagt er.

Regierung investiert 25 Millionen Euro Also wechselte er in die Niederlande - und erlebte ein ganz anderes Forschungsklima. "Es ist sehr viel offener, es wird mehr ausprobiert. In Deutschland ist das sehr viel bürokratischer, zumindest als ich in Deutschland war." In Leiden wurde er zu einem Pionier in der Messung des Stoffwechsels, auch Metabolomics genannt. Er wurde 2004 Professor an der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Leiden und wurde zusätzlich zum Medical Delta-Professor an der Medizinischen Hochschule Erasmus MC in Rotterdam ernannt. Dazu hat er zwei Unternehmen gegründet, und in der Stadt gibt es sehr viele Start Ups - es ist wie ein sehr großes Labor für viele Innovationen. Hankemeier verfolgt seine Idee, will verstehen, warum menschliche Körper so unterschiedlich auf Medikamente reagieren, welche Mechanismen hinter Krankheiten stecken - und wie man vorbeugen und heilen kann.

Gemeinsam mit anderen Forschern gründete er ein Konsortium. "Wir haben 25 Millionen Euro von der Regierung für unser Forschungsvorhaben erhalten. Warum werden dickere Menschen krank und andere nicht? Warum profitieren manche von einer Therapie und andere nicht? Und wie kann die Ernährung helfen, auch im Alter gesund zu bleiben? Auf solche Fragen wollen wir Antworten geben.“ Ein Ziel sei, diese entwickelten Technologien soweit zur Marktreife zu führen, dass "sie so günstig wird, dass sie für jeden Niederländer zur Verfügung steht".

Organ-on-a-Chip-Unternehmen gegründet Die Studien über den Stoffwechsel gaben den Impuls. Das Team um Hankemeier entwickelte experimentale "in-vitro Modelsysteme", um die Vorgänge von Krankheiten zu simulieren. Das Ganze funktioniert ohne Versuchstiere. Es ist ein kleines Rechteck aus Plastik, Buchstaben sind an der Längs- und Querseite, die Kanäle und Mikrochips sieht man, wenn man es gegen das Licht hält. "Organs-on-a-chip" heißt das Ganze. &bdquo;Wir fanden Marker im Blut, die mit dem Ausbruch von Krankheiten korrelierten. Aber war das die Ursache oder nur eine Folge von Prozessen? Können wir also eine Krankheit heilen, wenn wir den Biomarker ändern? Das wollten wir mit künstlichem Gewebe untersuchen." Die Forscher sind in der Lage, verschiedene Arten von Zellen mit ähnlichen Eigenschaften wie menschliche Organe zu züchten, sozusagen Mini-Gewebe. "Damit können wir Krankheiten simulieren und die Unterschiede zwischen einzelnen Patienten untersuchen. Wir testen Medikamente hiermit, verstehen, warum verschiedene Patienten unterschiedlich auf Medikamente reagieren." Auf einer Platte haben 96 solcher dreidimensionaler Mini-Gewebemodelle Platz.

Die Pharmabranche interessierte sich für die Forschung, zusammen mit zwei anderen gründete Hankemeier deshalb ein Organ-on-a-Chip-Unternehmen. "Es war weltweit das erste", sagt Hankemeier. Man habe zum Beispiel Blutgefäße auf den Chip konstruieren können, Mini-Gehirne oder Mini-Lebern. "Wir sind jetzt vielleicht weltweit führend in dieser Technologie, haben mehr als 100 Mitarbeiter und haben kürzlich den Dutch Innovation Award als innovativstes Unternehmen der Niederlande im Jahr 2022 gewonnen. Das ist eine große Ehre, das Unternehmen, das ihn zuvor gewonnen hat, war ASML." Und das ist ein Unternehmen, das Maschinen zur Herstellung von Mikrochips produziert, eines der wertvollsten Unternehmen in Europa.

Und wie blickt er auf die Heimat? Zum 50-Jährigen des Gymnasiums Lage hat sich Hankemeier angeschaut, was aus seinen Mitschülern geworden ist. "Mehr als die Hälfte ist in Lippe geblieben, das hat mich überrascht - auch wenn es da sehr schön ist", sagt er lachend. Er selbst hat eine Niederländerin geheiratet und ist Vater dreier Kinder. Zu Besuch zu seinem Vater kommt er gerne, aber mit seiner Forschung sieht er sich in den Niederlanden sehr gut unterstützt. "Zwei Dinge lassen sich sehr gut kombinieren: Deutsche Präzision und die größere Freiheit in den Niederlanden, Ideen zu verfolgen. Hier sagt nicht jeder sofort, was nicht geht, sondern es wird gefördert, etwas auszuprobieren."

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