Lage. Sie werden Insekten in Zukunft mit anderen Augen sehen: Dessen sind die rund 40 Besucher sicher, die dem Vortrag „Wundersame Welt der Insekten“ von Vivian Holzhauer im Repair-Café Alte Schmiede gelauscht haben. Der BUND Lage in Kooperation mit der Biologischen Station Lippe hatte eingeladen.
Die Besucher spendeten dem Gast, Geschäftsführerin der Biologischen Station Lippe, am Ende tosenden Applaus, schreibt der BUND. Der erste Aha-Effekt für mehr Respekt gegenüber Insekten habe sich mit Blick auf die „Phylomap of Life“ des Integrierten Zentrums für Biodiversitätsforschung Leipzig eingestellt, den Vivian Holzhauer auf die Leinwand projiziert habe. Die schematische Übersicht bildet die 1,7 Millionen beschriebenen Arten von Organismen, die auf diesem Planeten leben, anteilmäßig ab: Bakterien, Pflanzen, Algen, Pilze und alle uns bekannten Tiere. Die größte Fläche nehmen Insekten mit einer Millionen beschriebener Arten ein. Ursachen dieses Erfolgs der Insekten seien unter anderem die Metamorphose, die schnelle Generationenfolge und hohe Anpassungsfähigkeit an jegliche Lebensräume.
Es gibt viel zu entdecken
Die Artenvielfalt sei zwar in den Tropen am höchsten, doch auch hier gebe es „eine Menge zu entdecken“, sagte Holzhauer. Die Reihe der Porträts von Insektengruppen und -arten begann mit primär ungeflügelten Insekten wie Silberfischchen, gefolgt von primär geflügelten Insekten, darunter Libellen - evolutionär „superalt“ -, von denen es in Deutschland 85 Arten gibt. Auf Fotos zeigte die Referentin die erfolgreichen „Jäger der Lüfte“, unterteilt in Groß- und Kleinlibellen anhand der Position der Flügel, ob quer ausgebreitet oder in der Ruhe hochgeklappt. Die Bebilderungen erlauben, die jeweiligen Exemplare bis ins buchstäblich kleinste Glied zu betrachten - wie die Schwingkölbchen von Fluginsekten, Borsten oder Mundwerkzeuge. Da auf die vier großen Gruppen Hautflügler, Zweiflügler, Schmetterlinge und Käfer 860.000 Arten der 1,7 Millionen Arten entfallen, davon 380.000 auf Käfer, ist jeder vierte Organismus ein Käfer.
Symbiose von Läusen und Ameisen
Viele Besonderheiten ließen aufmerken. Larven von Kleinlibellen räubern als Lauerjäger, wobei ihre Fangmaske blitzartig nach vorne schnellt. Ohrenkneifer können fliegen; und sind angesichts ihres Brutverhaltens – sie füttern ihre Larven - besser als ihr Ruf. Einprägsam auch die Symbiose von Läusen und Ameisen durch Honigtau, den die einen loswerden wollen und die anderen fressen, sodass Ameisen sich Läuse sogar in Herden halten.
Zur aktuellen Situation der Insekten erwähnte Vivian Holzhauer die Krefelder Studie (2017), also den Rückgang der Biomasse an Fluginsekten innerhalb 27 Jahren um 75 Prozent in einem deutschen Naturschutzgebiet. Sie nannte Ursachen des Insektensterbens und Gegenmaßnahmen, wie im eigenen Garten für Insekten günstige Bedingungen zu schaffen, sich zum Beispiel im BUND zu engagieren oder in der Kommunalpolitik Einfluss zu nehmen, wobei wichtig sei, nicht gegeneinander, sondern miteinander zu arbeiten.