Lage-Pottenhausen. Kinder sind von Natur aus neugierig. Oft werden sie jedoch von Erwachsenen gesteuert. "Partizipation" lautet das Stichwort, mit dem immer mehr Kindergärten auf Selbstständigkeit setzen.
"Wir möchten das Erfahrungsfeld der Kinder durch eigene Entscheidungen erweitern, was aber nicht heißt, dass wir die Verantwortung abgeben", beschreibt Britta Lager, Leiterin des Familienzentrums "Zwergennest" in Pottenhausen, das Konzept, das vor wenigen Wochen umgestellt wurde. Die klassischen Spielbereiche wie Puppenecke, Bauteppich und Maltisch sind passé, die Räumlichkeiten wurden in sogenannte Funktionsräume verwandelt. Rollenspiel, Kreativbereich, Konstruktionsbereich, Forscherraum und Bewegungseinheit sind entstanden. Jeden Morgen können die Kleinen neu entscheiden, wo sie sich entfalten möchten.
"Wir können so den Bedürfnissen der Kinder besser gerecht werden", ist sich die Einrichtungsleiterin sicher. In Kleingruppen mit maximal zehn Kindern habe man jedes einzelne im Auge, könne intensiver darauf eingehen und individueller betreuen. Innerhalb des Konzeptes werden Projekte eingearbeitet, die darauf ausgerichtet sind, dass jedes Kind zu dem jeweiligen Thema jeden der Bereiche mindestens einmal besucht. So lautete das jüngste Projekt "Anders sein".
"Hier haben wir uns intensiv damit beschäftigt, dass jeder seine Stärken und Schwächen hat. Ein Puppenspiel hat eine Situation aufgegriffen, wo ein Kind ausgegrenzt wird, nur weil es keinen Glitzer-Rock trägt, im Konstruktionsbereich ist eine Pyramide durch Teamwork entstanden", nennt Lager Beispiele der Vermittlung sozialer Kompetenzen. "Die Eltern waren anfangs skeptisch, ob ihr Kind dadurch in allen Punkten ausreichend gefördert wird", gibt Britta Lager zu, "aber das durchweg positive Feedback gibt uns Recht, auf dem richtigen Weg zu sein."
Und wie sehen es die Kinder? Die gehen inzwischen zielgerichtet und voll motiviert in die Einrichtung und wissen in der Regel ganz genau, in welchem Bereich sie sich engagieren wollen. "Der Forscherraum ist toll, da tragen wir richtige Schutzbrillen", erzählt beispielsweise Lea-Carlotta, während sie eine Plastik-Spinne im Lupenglas studiert. Ihre Freundin Laureen berichtet voller Stolz, sie habe bereits eine Rakete steigen lassen und einen Brand gelöscht. "War das gefährlich?", fragt Lea-Carlotta mit großen Augen. "Nein, nur lustig", antwortet ihre kichernde Freundin.
Aktiv mitgestalten
Der Begriff "offene Arbeit" beschreibt ein pädagogisches Konzept, das sich seit Ende der 1970er Jahre in deutschen Kindertagesstätten wachsender Beliebtheit erfreut und dem ein Partizipationsverständnis zugrunde liegt. Alle Betroffenen sollen zu aktiven Gestaltern ihrer Umwelt werden.
In Kitas wurden vielerorts die üblichen festgelegten Gruppen aufgelöst und den Kindern die Möglichkeit eingeräumt, sich in frei gewählten Spielgruppen mit selbst gewählten Aktivitäten zu befassen. Die Erzieher konnten beobachten, dass hierauf die Spielfreude, das Engagement und die Begeisterung der Kinder merklich stieg, dass sich Konzentration und Aufmerksamkeit erhöhten. Es zeigte sich, dass gut durchdachte Funktionsräume die Wahrnehmung und Ausübung der kindlichen Interessen steigerten.