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Lemgo

Stadt denkt über Flüchtlingsheim am Schloss nach

Lemgo. Die Stadt hat beim Landesverband ihr Interesse angemeldet, das Marstallgebäude am Schloss sowie das Lindenhaus 22 oberhalb des Amtsgerichts anzumieten. Der Landesverband müsste die beiden Häuser aber so umbauen, dass Flüchtlinge untergebracht werden könnten.

Peggy Pfaff, Sprecherin des Landesverbands, wollte das Interesse der Stadt mit Verweis auf die noch laufenden Gespräche nicht bestätigen. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, und es gebe für beide Immobilien mehrere mögliche Mieter, mit denen man in Verhandlungen sei. Die Fragen: Was muss der Landesverband für die jeweilige Nutzung investieren und umbauen? Und: Wie hoch wäre die Miete?

Aus dem Lemgoer Rathaus heißt es: „Ja, wir sind als Nachmieter am Schloss Brake im Gespräch.“ Es gehe um eine Nutzung eines oder beider Gebäude über eine Dauer von fünf bis sieben Jahren. Zudem erwägt die Stadt nach LZ-Informationen die Unterbringung von Flüchtlingen im gekauften Hansa-Hotel in der Breiten Straße.

Der Landesverband ist in der Prüfung, was ein Umbau kosten würde und wie sich das auf die Miete niederschlüge. Fest steht: Im Frühjahr wird das stattliche Gebäude mit der Anschrift Lindenhaus 22 frei – das Institut für Kompetenzentwicklung der Hochschule (KOM) zieht aus. Ebenfalls zu haben: die Domäne, wo die Weltvermesser-Sonderausstellung zu sehen ist (wir berichteten). Gekündigt hat seinen Mietvertrag am Schloss laut stellvertretendem Geschäftsführer Wolfgang Scherer ebenfalls das Kommunale Rechenzentrum.

Bis vor kurzem standen im Marstallgebäude noch wichtige Server des KRZ. „Das Ausweichrechenzentrum“, erklärt Scherer. Auch die Druckerei war einst dort untergebracht – vor einigen Jahren zog das KRZ hiermit aber in die vom Landesverband dafür eigens umgebaute Schlossscheune.

Nun ist auch das zweite Rechenzentrum, das das KRZ als Pendant zu der Einrichtung am Lindenhaus betreibt, anderswo untergebracht: im Neubau an der Bismarckstraße. „Drei Serverstandorte brauchen wir zur Ausfallsicherheit nicht“, begründet Wolfgang Scherer die Kündigung des Vertrages. Als Dauerlösung sei das Marstallgebäude wegen des großen Umbauaufwands im historischen Gemäuer seinerzeit nicht in Frage gekommen.

Für Lemgos Kämmerer Dirk Tolkemitt ist klar: „Wir brauchen für Flüchtlinge jeden Quadratmeter.“ Nach Worten des Geschäftsbereichsleiters Bauen, Markus Baier, kamen in der ersten Hälfte des Novembers etwa 70 Flüchtlinge in die alte Hansestadt. Im Oktober waren es insgesamt 130. Der Krisenstab der Stadtverwaltung tagt inzwischen häufiger: zwei statt ein Mal pro Woche.

Spielkreise noch in der Schwebe
Bis zur Aufnahme in einem Kindergarten möchte die Stadt Lemgo junge Flüchtlinge in „Spielgruppen“ unterbringen. Fünf davon will Lemgo auf Kosten des Landes einrichten, sagt der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Karl-Horst Puchert. Ob genug Geld zur Verfügung steht, bleibt jedoch abzuwarten.

Ursprünglich hatte das Land nach Angaben des stellvertretenden Ministeriumssprechers Lars Rehling 10,5 Millionen Euro für das Projekt eingeplant. „Im Zuge der Haushaltsberatungen könnte die Summe noch erhöht werden“, betonte Rehling auf Anfrage der LZ. Denn: Die Anträge aus den Kommunen sind offensichtlich so zahlreich, dass die 10,5 Millionen nicht ausreichen, um alle Wünsche zu befriedigen. Auch die Lemgoer nach dem Stand von Freitag nicht, weiß Dieter Sonnenburg vom Jugendamt.

Momentan hängt der Plan, das Angebot zum Januar zu starten, daher noch in der Schwebe. Erst wenn klar ist, wie viele Gruppen Lemgo einrichten darf, können Erzieher eingestellt und die entsprechenden Räume gebucht werden, sagt Sonnenburg. Auch Karl-Horst Puchert („Bürger für Lemgo“) appelliert an das Land, möglichst schnell eine Entscheidung zu treffen.

An den Start gehen will die alte Hansestadt mit fünf Gruppen, in die jeweils maximal fünf Kinder gehen könnten. Betreut würden sie von einer Erzieherin. Die Stadt setzt dabei ganz auf die Träger, die bereits Kindergärten in Lemgo betreiben. Allerdings sollen sich die Gruppen nicht dort treffen, sondern beispielsweise in Gemeindehäusern der Kirchen, der alten Anne-Frank-Schule oder der ehemaligen Grundschule in Hörstmar.

Die Flüchtlingskinder würden montags bis freitags für jeweils vier Stunden betreut und gefördert. Jedoch hängt das Ganze noch vom derzeit diskutierten Familiennachzug ab: Dürfen die jungen Männer, die bislang vor allem Zuflucht gesucht haben, auch ihre Frauen und Kinder nach Deutschland holen? Momentan sind nämlich noch gar nicht so viele Flüchtlingskinder in der Stadt – es wird „nur“ mit ihnen gerechnet. Für den Sommer kalkuliert Sonnenburg in einigen Kindergärten mit Überbelegungen – zwei Kinder mehr pro Gruppe seien gestattet. Allerdings werde auch das Personal entsprechend aufgestockt.

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