IG Metall kündigt dutzende Klagen gegenüber Isringhausen an

Lemgo. Der Konflikt um das von Isringhausen eingeschlagene Sparprogramm spitzt sich zu. Gegen den größten Arbeitgeber Lemgos wollen nach Angaben der IG Metall mehr als 50 Mitarbeiter, die von auslaufenden Zeitverträgen betroffen sind, vorm Arbeitsgericht Klage erheben. ISRI verweist dagegen auf die &bdquo;aktuelle dramatische wirtschaftliche Situation des Unternehmens, die uns keine andere Möglichkeit gelassen hat".

Vor sechs Wochen war bekannt geworden, dass der Kfz-Zulieferer aus der Grevenmarsch den sogenannten Anerkennungstarifvertrag zum Sommer gekündigt hat. Damit entfällt die Übernahme der branchenüblichen Vereinbarungen zu Lohn, Arbeitszeit & Co. Zwar ändert sich an bestehenden Verträgen nichts, Neueinstellungen wären aber nicht länger tarifgebunden. Außerdem entfielen bei ISRI künftige Lohnabschlüsse.

ISRI: Ein Handeln im Sinne der Stammbelegschaft IG-Metall-Bevollmächtigter Erich Koch: &bdquo;Wir fürchten, dass ISRI ab dem Sommer die Löhne drücken will." Tatsächlich bestätigt ISRI gegenüber der LZ, sparen zu wollen und zu müssen: &bdquo;Das übergeordnete Ziel ist, den Standort zu sichern. Die Produktion in Lemgo kann angesichts der Wettbewerbssituation in der Automobilzuliefererindustrie nur bestehen, wenn die Lohnkosten nicht noch weiter steigen."

Allein der vergangene Tarifabschluss habe zu Mehrkosten am Standort von etwa zehn Millionen Euro pro Jahr geführt. &bdquo;Diese Entwicklung zu stoppen, ist das Ziel der Kündigung", teil das Unternehmen mit. Man handele im Sinne der Stammbelegschaft, von der man den größtmöglichen Teil erhalten wolle.

IG Metall wirft Rechtsbruch und Tarifflucht vor Die IG Metall pocht dagegen darauf, dass ISRI Zusagen aus dem vergangenen Jahr einhält. Damals hatten die Arbeitnehmer gebilligt, dass zweieinhalb Stunden pro Woche unbezahlt mehr gearbeitet und auf die jährliche Branchenzulage verzichtet wird. Im Gegenzug sollte ISRI mehr als 200 Arbeitsverträge entfristen – nämlich bis zum Erreichen von 1.600 festen Jobs.

Koch: &bdquo;Dieser Abmachung kommt Isringhausen nicht nach und begeht damit Rechtsbruch und Tarifflucht." Nach Worten von Betriebsratsvorsitzender Ilona Witt hätten die betroffenen Kollegen jeweils erst eine Woche vor dem Auslaufen ihres Vertrages mitgeteilt bekommen, dass aus Entfristung oder Verlängerung nichts werde. ISRI bestätigt, dass die Zahl von 1600 unbefristeten Verträgen nicht erreicht wurde und, dass 83 Mitarbeiter gehen mussten. Drei Klagen seien aber bereits abgewiesen worden, stellt Isringhausen fest.

Wegen Corona: täglich 1,5 Millionen Euro Umsatzverlust Schon Ende 2019 sei gegenüber der IG Metall klar gemacht worden, dass der &bdquo;Ergänzungstarifvertrag nicht die gewünschten Effekte habe" und man Gespräche führen wolle. Dies habe die IG Metall erst ignoriert und dann unrealistische Forderungen aufgestellt. Inzwischen fehlten wegen der Coronavirus-Krise täglich 1,5 Millionen Euro Umsatz. &bdquo;Die Auftragssituation ist in der Branche von großer Unsicherheit geprägt. Viele Kunden haben ihre Produktion zunächst komplett heruntergefahren. Dies hat auch bei uns zu Kurzarbeit in großem Umfang geführt." Das Kurzarbeitergeld habe ISRI in den unteren Lohnstufen allerdings von sich aus aufgestockt.

Eine geordnete Rückkehr zum alten Niveau sei nicht absehbar, heißt es. So habe sich das Unternehmen zur Kündigung des Anerkennungstarifvertrages gezwungen gesehen. Die Gewerkschaft wiederum droht nun damit, den Zukunftssicherungsvertrag zu beenden – damit wäre die 2,5-Stunden-Regelung weg.

ISRI warnt: &bdquo;Dies würde den mühsam errungenen Kompromiss zu Nichte machen." Für die IG Metall macht Anwalt Gerhard Ihle, der die gekündigten Mitarbeiter vor Gericht vertreten wird, geltend, dass bei Aushandlung des Vertrages 400 Zeitverträge bestanden und mindestens &bdquo;die Hälfte in feste, nicht mehr prekäre Arbeitsverhältnisse hätte umgewandelt werden müssen".

"Massive Aktionen" angekündigt Die Fronten sind so verhärtet, dass auch auf Nebenkriegsschauplätzen gekämpft wird: Obwohl das Werk schwach ausgelastet ist, haben einzelne Abteilungen einen höheren Personalaufwand. Koch sagt: Weil Verträge ausgelaufen sind und Personal fehle. ISRI setzt Mitarbeiter aus anderen Abteilungen ein, und holt diese dafür aus Kurzarbeit zurück: Dieses pragmatische Vorgehen werde von der Belegschaft unterstützt, vom Betriebsrat hingegen missbilligt, so ISRI.

Wenn Ende Juni mit dem Anerkennungstarifvertrag die Friedenspflicht auslaufe, plant die IG Metall &bdquo;massive Aktionen", sagt Koch. Bereits beim ersten Verfahren vor dem Arbeitsgericht am 22. Mai wolle die IG Metall lautstark vor dem Gebäude protestieren. Seit Wochenbeginn liegt ein Gesprächsangebot der IG Metall vor. &bdquo;Wir prüfen, ob wir diesem Angebot nachkommen", heißt es vom Kfz-Zulieferer.

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