Dirk Tolkemitt: Der Stratege zieht nach Salzuflen

Lemgo. Am Freitag war der letzte Tag als Erster Beigeordneter und Kämmerer in Lemgo. Im nicht gerade großen Büro von Dirk Tolkemitt mit Blick auf den Marktplatz stehen Umzugskartons und Abschiedsgeschenke von Kollegen. &bdquo;Dem Büro werde ich etwas nachtrauern. Hier kann man sehr gut arbeiten", sagt Tolkemitt. Er tauscht es ein gegen das größere Chefbüro im Bad Salzufler Rathaus, wo er von Sonntag an Bürgermeister ist. Es ist ein guter Abschied. Denn dass er mit seiner Bilanz in Lemgo sehr zufrieden ist, daran lässt Tolkemitt keinen Zweifel.

Schließlich gilt der heute 56-Jährige als einer der &bdquo;Architekten" des modernen Lemgo. Einer Stadt, die nach Tolkemitts Worten in den 14 Jahren seiner Amtszeit &bdquo;von einer Pleite- zu einer hochprofitablen Kommune" geworden ist. Wobei er den Erfolg nicht für sich allein in Anspruch nimmt: &bdquo;Reiner Austermann und ich haben einiges in der Stadt bewegt, die Verwaltung umgekrempelt und auf einen modernen Dienstleister getrimmt".

14 gute Jahre Dazu beigetragen hat nach Tolkemitts Meinung, dass die Stadt in ihre Führungskräfte investierte, die 35 betreffenden Mitarbeiter sich selbst beurteilen müssen und beurteilt werden – die beiden Chefs inklusive.Tolkemitt, wie der ebenfalls scheidende Bürgermeister Dr. Austermann CDU-Mitglied, ist Diplom-Verwaltungswirt und kam auf Wunsch von Austermann 2007 ins Lemgoer Rathaus. Tolkemitt war damals Fraktionschef der CDU im Kreistag und im Hauptberuf leitender Angestellter bei der Post – &bdquo;einem Dax-Unternehmen" –, wo er den Auslieferungsbereich des Bielefelder Paketzentrums mit 600 Mitarbeitern unter sich hatte. Und zuvor aufgebaut hatte.

Das Image als Macher hat er im Lemgoer Rathaus beibehalten, wo er nach eigenen Worten &bdquo;14 gute Jahre" verbrachte. &bdquo;Man muss mich ja auch ertragen können", sagt Tolkemitt schmunzelnd und spricht von &bdquo;meinen Ideen". Aber das sei nun mal eine Gabe von Reiner Austermann: &bdquo;Anderen den Raum zu geben, sich entfalten zu können."Und diesen Raum hatte der Kalletaler in Lemgo ganz offensichtlich, war mit Austermann ein effizientes Duo.

Der Rasen wird seltener gemäht Mit den beiden ist aber nicht nur der finanzielle Aufschwung der alten Hansestadt verbunden, die heute &bdquo;hochattraktiv ist zum Wohnen, Studieren und Leben". Das Haushaltsdefizit, das die Stadt hatte, als Tolkemitt kam, &bdquo;haben wir konsolidiert, aber nicht durch Kaputtsparen, sondern durch Ressourceneinsatz." Sprich: &bdquo;Wir haben bei allem geguckt, ob es sich lohnt."So wurde im Rathaus Personal abgebaut, Verwaltungsbauten wie das Waisenhaus wurden abgestoßen, Pflegestandards beim Grün runtergefahren. &bdquo;Der Rasen am Wall wird nicht mehr so häufig gemäht wie früher, aber das merkt keiner."

Und die Stadt gab die Ostschule auf (&bdquo;aber nicht, weil wir Spaß daran hatten"). Viele Maßnahmen hätten zum Ziel geführt.Zu den wichtigsten Erfolgen zählt Tolkemitt die Einführung der sechs strategischen Stadtziele. &bdquo;Dass wir das gemeinsam mit der Politik hinbekommen haben, ist ein hohes Gut." Die Innenstadt habe man gut weiterentwickelt. Auf dem alten Postgelände gebe es heute den Elektromarkt, die Breite Straße werde durch Hotel und Hanse-Center aufgewertet. Unternehmen habe man angesiedelt, die Gewerbesteuereinnahmen auf breitere Beine gestellt und von 11 auf 22 Millionen Euro verdoppelt. Es gebe die Begaauen, eine neue Fußgängerzone. Die Stadt habe sich um die Schulen, die Vereine, die Dörfer gekümmert, deren Einwohner sich dennoch als Lemgoer fühlten. &bdquo;In dieser Stadt gibt es einen großen Zusammenhalt, und es gibt eine hohe Innovationskraft."

Es lief auch mal was schief Allerdings: Sind das die klassischen Aufgaben eines Kämmerers? &bdquo;Ich fühle mich als CFO, als Finanzvorstand eines Unternehmens, und als Stratege." Lief etwas schief? Na klar. &bdquo;Wir machen auch nicht alles richtig." Tolkemitt denkt da an die vor einem Jahr politisch gescheiterte Erweiterung des Gewerbegebiets West. Das sei &bdquo;ohne Not" abgelehnt worden. &bdquo;Aber ich glaube, dass unsere Kommunikation nicht gut gewesen ist", sagt er und meint damit auch die Gespräche mit den besorgten Anwohnern.

Zurück zum Positiven der 14 Jahre, zum vielleicht wichtigsten Thema: dem Innovation-Campus, der Hochschule und der Digitalisierung. Dass die Stadt mit Kalletal Millionen bekommt, um Modellkommune für die Digitalisierung zu werden, sei &bdquo;Ostern und Weihnachten auf einmal". Und darauf, dass es gelungen sei, den Innovation-Campus mit Jürgen Jasperneite von Fraunhofer und Hochschul-Vizepräsident Stefan Witte zu entwickeln, &bdquo;bin ich wirklich stolz", sagt Tolkemitt. Das sei eine Riesen-Chance, ein Projekt &bdquo;mit bundes- und europaweiter Strahlkraft".

Am Abend hatte Tolkemitt dann noch eine Vorstandssitzung des Campus-Trägervereins. Wohl seine wirklich letzte Amtshandlung in Lemgo.

Finanzen In den ersten Jahren von Dirk Tolkemitt als Kämmerer hatte die Stadt ein teils achtstelliges Defizit. Heute hat Lemgo 30 Millionen Euro auf der hohen Kante und 25 Millionen Euro im Pensionsfonds, um die Altersbezüge der Beamten abfedern zu können. Für das von Tolkemitt eingeführte Projekt gab es Preise bei bundesweiten Wettbewerben. Heute gelte: &bdquo;Corona macht uns ärmer, bringt uns aber nicht an den Bettelstab."

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