Eine Ungewöhnliche Visite am neuen Schulstandort

Lemgo . Solch eine Verabschiedung der Abschlussschüler hat die Astrid-Lindgren-Förderschule noch nie gesehen – und wird sie auch nie wieder sehen. Noch am alten Standort Leese beheimatet, aber mit einem Auge schon auf die Neubauten am Vogelsang und Lüttfeld spähend, gab es 2021 die Zeugnisse nun im Rohbau auf dem alten Engländer-Sportplatz. Für die Schüler, die zwar viel von dem Neubau gehört haben, ihn selbst aber nicht mehr besuchen werden, ein ganz besonderer und doppelt-bewegender Moment.

Schulleiterin Gudrun Laag, die die Idee für den außergewöhnlichen Ausflug mit den Schul-Bullis an den Vogelsang hatte: &bdquo;Wir haben vorher nichts verraten, sonst wäre die Aufregung mit dem ein oder anderen sicher durchgegangen." Und tatsächlich war während der feierlichen Verabschiedung mit Zeugnissen, Blumen und Abschiedsgeschenken die Nervosität ständig greifbar – und das nicht nur, weil es für die Absolventen mit ihren unterschiedlichen Handicaps nun vielfach heißt: ab ins Leben, möglichst auf eigenen Beinen stehen.

Ein Aufsehen erregender Kontrast So hatten die Kollegen der Astrid-Lindgren-Schule, die 200 Schüler und Schülerinnen mit teils schweren Behinderungen betreut, einen Aufsehen erregenden Kontrast gesetzt: Der Rohbau des Bielefelder Generalunternehmers Goldbeck kam in Grau daher: graue, nackte Decken, Böden und Wände aus Beton. Graue Kabelstrippen, die gebündelt aus der Decke hingen. Hochvolumige Lüftungsrohre, die in selbiger verschwinden: ein Silber in Grau, das Höchste der Gefühle am Bau. Und dazwischen? Mehrere Bündel Luftballons – ebenso bunt wie die feiernden Menschen. Dazu hatten sich die Verantwortlichen – passend zur Errichtung eines Hauses – einen symbolischen Mauerbau ausgedacht, an dem für den Schulträger auch Projektleiterin Andrea Berger teilnahm.

Alle Beteiligten – Architekten, Schüler, Lehrer, Elternvertreter, Bauarbeiter und Handwerker sowie der Kreis Lippe – trugen symbolisch ihren Baustein für eine stabile Mauer bei. Darauf standen all die Dinge, die man für ein gutes Leben braucht: Zusammenhalt, Freunde, aber auch &bdquo;Spiele und Lachen" – &bdquo;denn ohne Lachen macht Schule keinen Spaß", war zu hören.

Handwerker arbeiten leise weiter Die Idee zu der ungewöhnlichen Visite am neuen Standort hatte Schulleiterin Gudrun Laag selbst. Nur von einer Rohbau-Wand getrennt, arbeiteten die Handwerker derweil weiter, allerdings bemüht, laute Arbeiten auf etwas später zu verschieben. Irgendwie &bdquo;ganz passend, dass die Absolventen am Ende eines eigenwilligen Jahres ihre Zeugnisse als erste hier bekommen", fand Gudrun Laag mit Blick auf die Corona-Einschränkungen, mit denen die Förderschule ganz besonders zu kämpfen hatte. Ihren Abschlussschülern gab sie den Wunsch mit auf den Weg, &bdquo;das eigene Leben gut gestalten zu können".

Die Abschlusszeugnisse 2022 werden an der Astrid-Lindgren-Schule dann wohl an selber Stelle, aber in einer fertigen Aula vergeben werden – ohne offene Rohre und Kabel unter der Decke. Zumindest hofft Rektorin Gudrun Laag auf einen Umzug von Leese in die Stadt Anfang 2022. Wie berichtet, verspricht sich die Schule davon einerseits eine bessere Integration der gehandicapten Schüler in die Gesellschaft, unter anderem aufgrund der bestehenden, aber über eine solche Entfernung schwer lebbaren Kooperation mit der Karla-Raveh-Gesamtschule.

Andererseits konnte das Kollegium aktiv in die Planung eingreifen und so eine Schule skizzieren, die ihrer Meinung nach den besonderen Kindern gerecht wird. In Leese mangelt es unter anderem an Platz, Barrierefreiheit und anderen Möglichkeiten. Zweiter Standort der neuen Astrid-Lindgren-Schule wird die Berufspraxisstufe für ältere Schüler zwischen dem Lüttfeld- und Hanse-Berufskolleg auf dem Innovation-Campus. Auch der Bau läuft. Der Kreis Lippe lässt sich beide Bauten zusammen einige Dutzend Millionen Euro kosten.

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