Schüler der Karla-Raveh-Gesamtschule untersuchen das unergründliche Rätsel der Zeit

Lemgo. Was ist Zeit? &bdquo;Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.“ Dieses Dilemma hat schon Augustinus von Hippo in der Spätantike trefflich ausgedrückt. Die &bdquo;Zeit“ ist eines der schwierigsten philosophischen Probleme, und trotzdem haben die zehnten Klassen der Karla-Raveh-Gesamtschule sich dieser Frage bei ihrem Performance-Abend gestellt und auf originelle Weise beantwortet.

Sie referierten eingangs Einsteins theoretisch-abstrakte Entdeckung der Verbindung der Zeit mit der Lichtgeschwindigkeit, um das Thema dann von einer mythisch-praktischen Seite aus anzugehen. In Spielszenen ließen sie Götter auftreten, denen die Zeit ein unergründliches Rätsel ist: Als ewige Wesen können sie mit Zeit so gar nichts anfangen. Eine Klärung des Rätsels erhoffen sie sich von den Menschen, die ja endliche Wesen sind. Also spendieren sie ihnen eine Zeitmaschine, um zu sehen, was die Menschlein damit wohl anfangen. Doch das Resultat ist überaus ernüchternd: Die Menschen gehen missbräuchlich mit der Zeitmaschine um. So nutzt Schüler Markus sie egoistisch, um der Strafe für seinen Mogelversuch mit Lisa bei der Klassenarbeit zu entgehen: Er versetzt den Lehrer, als der Markus auf die Schliche zu kommen droht, in eine Zeitschleife. Stillstand. Wie soll man jemals Zeit haben, wenn man sie sich nicht nimmt?

Zeit ist alles und nichts

&bdquo;Niemand nutzt alle Sekunden, die ihm zur Verfügung stehen“, stellen die Götter frustriert fest. Im Gegenteil: Die Menschen legen alles darauf an, Zeit zu vermeiden oder gar totzuschlagen. Sie messen die Zeit auf alle erdenkliche Weise, wissen aber nichts damit anzufangen. Göttliche Konsequenz: Die spendable Zeitmaschine wird zurückgeholt, und die Menschen müssen nun mit der verbliebenen knappen Lebenszeit gewissenhaft haushalten. Zeit ist endlich, erkennen sie. Zeit erfordert Geduld. Zeit ist Geld. &bdquo;Zeit ist alles und nichts“, lautet das frustrierende Ergebnis aller Untersuchungen. Vor allem: &bdquo;Zeit ist nicht für alle gleich.“

Was aber passiert, wenn die Zeit plötzlich aufhört zu laufen? Diese verstörende Vision stellen die Schüler pantomimisch dar. Es ist das Ende jeder Bewegung und allen Lebens. Da hilft nur: einander bei den Händen zu fassen und gegen den Stillstand beizeiten ankämpfen. Das ist auch die Lösung für die tänzerisch abgehandelte Thematik &bdquo;Krieg und Frieden“. Mit der Choreographie &bdquo;Peace & Freedom“ spielt das Ensemble auf die schlimme aktuelle Lage an, von der die Schüler im Frühjahr überrascht und von der realen Eskalation regelrecht aus der Bahn geworfen worden sind. &bdquo;Tränen“, &bdquo;Trost“, &bdquo;Nähe“, &bdquo;Wärme“, &bdquo;Liebe“ stand auf Pappkartons, die sich zu einer großen Einheit zusammenstapeln ließen. Und dann schwebte der sehnsuchtsvolle Satz eines Flüchtlingskindes im Raum: &bdquo;Wann kommt Papa?“ – &bdquo;In einer fremden Stadt mit fremden Leuten in einer fremden Sprache, das habe ich in der Schule nicht gelernt.“

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