Ingo Zamperoni hält in Lemgo ein flammendes Plädoyer für die politische Mitte

Kreis Lippe/Lemgo. Vor 800 Lippern in der Phoenix-Contact-Arena hat Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni davor gewarnt, den politischen Rändern zu viel Raum zu überlassen. &bdquo;Ganz vieles ist eben nicht Schwarz oder Weiß, sondern Grau“, sagte der 49-Jährige als &bdquo;Stargast“ des Finanzforums der Sparkasse Lemgo. Der TV-Profi ging der Frage nach, ob die liberale Demokratie in der Krise stecke.

Mit seinem Besuch, dem allerersten in Lemgo, das ihm als Handballstadt natürlich ein Begriff sei, reihte sich der Nachrichtensprecher in eine Reihe berühmter Vorredner ein, wie Sparkassen-Vorstandschef Klaus Drücker aufzählte: Vor-Vorgänger Ulrich Wickert war ebenso schon auf Einladung des Geldinstituts zu Gast wie Bergsteiger-Legende Reinhold Messner, der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar oder Handball-Bundestrainer Heiner Brand.

Blasenbildung auch bei Grünen-Anhängern Tatsächlich zeigte sich Ingo Zamperoni im Kongresszentrum der Phoenix-Contact-Arena überzeugt, dass Deutschland politisch noch die Kurve kriegen könne - im Gegensatz zur USA, wo bereits ein tiefer Spalt in weiten Teilen der amerikanischen Gesellschaft klaffe. &bdquo;Wir dagegen haben noch viel Kitt, Zusammenhalt sowie die Stärke und das Geld, um nach der Corona- auch die Klima- und Wirtschaftskrise zu bewältigen.“

Gleichwohl sieht auch Zamperoni die Gefahr der Spaltung, der Polarisierung. Gerade die politische Mitte müsse sich mehr einbringen und nicht schweigen, wenn die Ränder, die sich oftmals in ihren Filterblasen bewegten, die Debatte bestimmten. Laut Studien sei diese Blasenbildung aber nicht nur bei Wählern der &bdquo;Alternative für Deutschland“ (AfD) zu beobachten, sondern auch bei Anhängern der Grünen.

&bdquo;Dann müssen Journalisten eine Haltung haben “ Wenn die Mitte die Debatte bestimme, bekämen &bdquo;Aufregerthemen“ wie Tempolimit, Lastenfahrräder, arabische Clans oder Gendersternchen nicht die überzogene Aufmerksamkeit wie heute. Erwartungsgemäß brach der Tagesthemen-Moderator hier eine Lanze für seine Zunft. Die Menschen dürften und müssten dankbar sein, in einem Land zu leben, in dem unabhängiger Journalismus möglich sei.

&bdquo;In schnelllebigen Zeiten und angesichts der Fliehkräfte ist Aussortieren wichtiger denn je zuvor“, sagte Zamperoni . Übernähmen dagegen Soziale Medien und Algorithmen, belohne dies die Zuspitzung. Trotz aller kritischen Distanz und Fairness, die Zamperoni bei den Tagesthemen als Zwei-Quellen- und Vier-Augen-Prinzip beschrieb, dürften Journalisten aber auch eine Haltung haben. &bdquo;Ja, bei Lüge und Hetze müssen wir sogar eine Haltung haben“, schrieb der Nachrichtenmann seinen Kollegen ins Stammbuch.

Sind die Menschen krisenübersättigt? Außerdem gehöre dort die Frage hinein: Muss man jeden vermeintlichen Aufreger mitgehen? Immer öfter bekomme er von Zuschauern zu hören, die Tagesthemen sendeten zu viele schlechte Nachrichten. &bdquo;Nach Jahrzehnten des Friedens und Wohlstands, in denen wir es uns gemütlich gemacht haben, leben wir aber tatsächlich in interessanten Zeiten“, erklärte Zamperoni. Zeiten, die auch bedrückend seien.

&bdquo;Einige suchen da Schutz vor der Nachrichtenflut, weil sie krisenübersättigt sind“, lautete die Analyse des TV-Moderators. Apropos Analyse: Am klarsten war diese am Mittwochabend bei Zamperoni im Blick auf die Vereinigten Staaten, wo Donald Trump ein Jahr vor der Präsidentenwahl in fünf der sechs entscheidenden &bdquo;Swing States“ klar vorn liege. Eine mögliche Wahl, die Europa, die Deutschland nicht kalt lassen könne.

&bdquo;China flext seine Muskeln“ Stichwort Ukraine: &bdquo;Wäre nicht Biden bei Kriegsausbruch US-Präsident gewesen, wären die Ukrainer vermutlich nicht in der Lage gewesen, sich gegen Russland zu verteidigen“, blickte Zamperoni auf das momentane &bdquo;Weltbeben“. Und das sehe so aus: Europa ist mit sich selbst beschäftigt, in den USA wollen Teile der Elite nicht länger den Weltpolizisten spielen, was Russland zu neuer Stärke verhelfe, während China &bdquo;die Muskeln flext für eine neue, multipolare Weltordnung“. Nicht zu vergessen der Globale Süden, in dem bevölkerungsreiche Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Rolle suchten.

Zamperoni bilanzierte: &bdquo;Nach Jahrzehnten in der Hängematte sind wir gerade in einer Hallo-wach-Phase.“ Der ARD-Nachrichtenmann sprach sich aber dafür aus, die &bdquo;Zuversicht“ nicht zu verlieren, ein Begriff, der in seiner Abmoderation der Tagesthemen seit Corona nicht mehr wegzudenken ist. So gehe es nach Antoine de Saint-Exupéry nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern möglich zu machen.

Ingo Zamperoni hält in Lemgo ein flammendes Plädoyer für die politische Mitte

Zamperoni und Wellmer gehen vor der Wahl auf Reportagereise

Christian Ehrung erklärt in Lemgo: Versöhnung beginnt mit Zuhören

Jetzt steht`s fest: Diese Teams spielen in der LZ-Cup-Endrunde gegeneinander

Absage für umstrittene Band: „Weimar“ tritt nicht in der Phoenix-Contact-Arena auf

Highlights im neuen Jahr: Diese berühmte Schauspielerin kommt nach Lemgo

Dieser Händler zieht in die ehemaligen Räume von „dm“ in Lemgo

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €