Diese Lemgoerin bringt Licht in die dunkelsten Stunden

Lemgo. Leicht sind ihre Einsätze nie, denn in den meisten Fällen ist jemand gestorben, wenn sich Sandra Wieseler auf den Weg macht. Die Lemgoerin ist ehrenamtliche Notfallseelsorgerin. Und obgleich die Schicksalsschläge, die sie in den ersten Stunden begleitet, hart sind und teilweise sehr belastend, findet Wieseler auch Erfüllung in dieser Aufgabe, die sie mit ganzem Herzen ausführt.

Durch einen Zeitungsartikel wird die 51-Jährige vor drei Jahren auf die Notfallseelsorge in Lippe aufmerksam. &bdquo;Ich fühlte mich einfach angesprochen und habe spontan die Entscheidung getroffen, die Ausbildung zu machen“, berichtet Sandra Wieseler über den Anfang ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. Sie kümmere sich generell gerne um Menschen und helfe, wenn es etwas zu tun gäbe. Deshalb dachte sie, dass die Notfallseelsorge vielleicht etwas für sie sein könnte.

Eine Welt, die zusammenfällt &bdquo;Am Anfang konnte ich nicht einschätzen, was daraus wird; ob es am Ende vielleicht zu belastend sein wird“, sagt sie. Und einfach sei es auch nicht. Doch die Lemgoerin ist nach der Ausbildung dabei geblieben. &bdquo;Sehr gern sogar“, sagt sie und lächelt. Das Gute an ihrer Tätigkeit sei zudem, dass sie selbst steuern könnte, wann sie sich in den Einsatzplan eintrage. Es gebe keinen festen Termin. Das könne sie sich frei einteilen.

Wenn sie erzählt, ist ihr deutlich anzumerken, wie wichtig ihr diese Aufgabe ist und auch wie ernst. Denn egal, wo sie hinkommt - dort wartet ein persönliches Schicksal, eine oder mehrere Personen, deren Welt von einem Moment auf den nächsten in sich zusammengefallen ist.

Unfälle, Suizide, plötzliche ungeklärte Todesfälle, Kindstode - während der drei Jahre hat Sandra Wieseler bereits viele Szenarien miterlebt. Doch auch Großeinsätze, wie beispielsweise nach Unwettern gehören dazu. Alarmiert von der Leitstelle für Bevölkerungsschutz oder von einem Kollegen, es werde immer versucht, zu zweit zu fahren, wenn es zum Einsatz geht. Wenn sie die Polizei bei der Überbringung der Nachricht begleitet, sind es immer die Beamten, die die Nachricht aussprechen. &bdquo;Wir sind als Unterstützung für die Angehörigen in diesem völlig schockierenden Moment da, wenn sie es wünschen.“ Denn nicht jeder möchte das Angebot in Anspruch nehmen, was natürlich respektiert werde.

Wertvolle Arbeit &bdquo;Jeder Einsatz ist anders, jeder reagiert unterschiedlich, hat individuelle Bedürfnisse“, so die Lemgoerin. Es gelte, ein Gespür dafür zu entwickeln, was der Betroffene in dem Moment brauche. Zum Beispiel einfach schweigend zusammenzusitzen und ein Licht anzuzünden oder auch über die nächsten Schritte aufgeklärt zu werden sowie Hilfsangebote genannt zu bekommen. Empathie sei sehr wichtig.

Vor allem Zeit ist es aber, die sie sich nimmt, solange bis Verwandte oder Freunde als Unterstützung eintreffen oder sie merke, dass die Betroffenen so weit seien, dass sie sie allein lassen könne. &bdquo;Viele sind überrascht, dass ich das ehrenamtlich mache.“ Das erlebe sie immer wieder bei ihren Einsätzen. Gerade Zeit sei wichtig und die müsse man mitbringen. Die Dankbarkeit, die sie dann von den Personen erfahre, die sei sehr erfüllend und gebe ihr auch wieder Kraft. Sie spüre dann, wie wertvoll die Arbeit sei, die sie da mache.

Rückhalt von der Familie sei außerdem wichtig, und den habe sie. &bdquo;Zum Beispiel wenn tagsüber ein Einsatz ist, gibt es noch einen zehnjährigen Sohn, der dann möglicherweise zu Hause betreut werden muss. Da ist es toll, wenn dann einer der größeren Söhne sagt: ’Es ist ok, wenn du fahren möchtest, wir machen das hier schon’.“ Dafür sei sie sehr dankbar.

Kontakt zu den Betroffenen hat sie nach Beendigung ihres Einsatzes nicht mehr. &bdquo;Manchmal wüsste man natürlich gern, wie es weitergegangen ist. Auf der anderen Seite ist es auch ein Schutz, es nicht zu wissen, weil es belastend sein kann.“ Es sei jedoch beruhigend zu wissen, dass es entsprechende Stellen gebe, die die Nachsorge abdeckten und die dafür aus ausgebildet seien.

Auch mal eine Pause Es gab auch schon eine Zeit, wo sie erst einmal eine Auszeit brauchte. &bdquo;2021 hatte ich gefühlt viele anstrengende Einsätze hintereinander. Da habe ich gemerkt, dass ich eine Pause brauche, um wieder Kraft zu tanken“, berichtet sie. Das sei jedoch kein Problem gewesen und wurde sofort akzeptiert, schließlich müssten auch die Seelsorger auf sich aufpassen. Wieseler erholte sich, merkte, dass sie das Amt wieder ausführen kann, selbst stabil genug ist und machte weiter. Ans Aufhören denke sie nicht.

Kennen auch Sie jemanden, der in der Serie &bdquo;Mit Herz für Lemgo“ gut aufgehoben wäre? Dann melden Sie sich gerne unter fkoehring@lz.de

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