Was die Selbstfürsorge für diese Lemgoerin mit dem Ehrenamt zu tun hat

Lemgo. Sie ist ein zugewandter Mensch. Eine Frau, die Interesse an ihrem Gegenüber hat, freundlich, offen - und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Welt vielleicht ein kleines Stückchen besser machen will. Mit dem guten Gefühl, &bdquo;nicht nur dem anderen, sondern auch mir selbst etwas Gutes zu tun“, wie sie sagt.

Dieser Drang zu helfen, der liegt Christina Jelitko wohl irgendwie im Blut und so betrachtet sie es rückblickend als Fügung, als die gelernte Zahnarzttechnikerin damals nach der Kinderpause zurück in den Job wollte und es per Umwege in die Altenpflege ging. 23 Jahre war sie in der Altenpflege aktiv, und &bdquo;ich habe es immer gerne gemacht. Abends noch die Oma zuzudecken, das hat mich einfach mit Freude erfüllt“. Und doch wollte sie noch mehr machen, sich einbringen in einem Gesundheitswesen, das so viele Lücken aufweise.

Sie wollte Hemmschwellen überwinden Es war die Umschulung ihres Mannes zum Heilerziehungspfleger vor 20 Jahren, die sich ihr als Anlass bot. Die heute 58-Jährige recherchierte und übernahm letztlich die gesetzliche ehrenamtliche Betreuung für Menschen, die nicht selbstbestimmt allein leben können. &bdquo;Vielleicht auch, um meine Hemmschwelle Menschen mit Behinderung gegenüber zu überwinden.“ Ehrenamtlich übernimmt sie seitdem den Schriftverkehr, füllt Anträge aus, überprüft die Finanzen und besucht die Menschen mit geistiger Behinderung. Und die Scheu? Die hat sie schon lange überwunden, lacht die gebürtige Lemgoerin und erinnert sich noch gut an einen Restaurantbesuch, bei dem die von ihr Betreute ganz eigene Akzente setzte.

Und weil ihr die Arbeit mit Menschen so viel Spaß macht, sie in der Altenpflege aufhörte und mehr Zeit hatte, suchte sie noch nach weiteren Aufgaben und wurde letztlich beim Familienbegleitenden Dienst der Lebenshilfe in Lemgo fündig. Dort bringt sie sich in der Kochgruppe ein, lädt zum Kinoabend oder begleitet auf Touren, wenn es etwa nach Olderdissen, ins Theater oder auch auf Stadtbummel geht. Während Koch- und Kinogruppe feste Veranstaltungen sind, so kann sie sich bei den Exkursionen stets neu entscheiden, ob sie dabei sein will oder nicht. &bdquo;Ganz unkompliziert und ohne Druck ist das vielleicht auch für Menschen geeignet, die sich nicht so regelmäßig binden wollen“, wie sie erzählt.

Schauen, wo die eigenen Belastungsgrenzen liegen Christina Jeltiko selbst hat sich dafür entschieden, sich beim Familienunterstützenden Dienst der Lebenshilfe stärker einzubringen. Dafür holt sie die Männer und Frauen regelmäßig mit dem Bus von den Werkstätten oder auch von ihren Familien ab, um am Vogelsang bei der Lebenshilfe Lemgo die Kochkurse zu starten, für die sie vorab schon eingekauft hat.

Dann wird mit sieben bis acht Teilnehmern gemeinsam geschnippelt und gekocht. Rotkohl mit Gulasch zur Weihnachtszeit etwa oder es geht auf Länderreise - nach China, mit dem Plow nach Russland oder auch mit dem typischen Breakfast nach England.

Nach dem Essen wird abgewaschen, aufgeräumt und Christina Jeltiko bringt die Teilnehmer mit dem Bus wieder nach Hause. Ähnlich läuft es bei den Kinoabenden ab. Immer wird vorab beschlossen, was man gemeinsam kochen oder auf dem Bildschirm sehen will.

&bdquo;Eine Win-win-Situation“, wie es die Mutter von zwei erwachsenen Töchtern beschreibt, &bdquo;ich gebe und bekomme ganz viel zurück“. Man kenne sich, das Vertrauen sei da und neulich, erinnert sie sich mit einem Lächeln, habe die Autistin, die niemandem gerne in die Augen schaut, sie an der Schulter berührt. Ein ganz besonderes Zeichen.

Ressourcen fördern, schauen, welche Kompetenzen bei den Behinderten noch vorhanden sind, dafür hat sie ein besonderes Gespür entwickelt. Doch es sind nicht nur die fremden Ressourcen, auf die sie schaut, sondern auch ganz bewusst auf die eigenen. &bdquo;Jeder, der ein Ehrenamt übernimmt, sollte nachspüren, wo die eigene Belastungsgrenze liegt.“ Wenn es zu viel wird, sollte man unbedingt die Reißleine ziehen.

Davon aber kann bei Christina Jelitko keine Rede sein. Sie genießt die Stunden, die sie sich einbringen kann und versucht die übrige Freizeit ganz bewusst für sich zu nutzen - mit der Familie, den zwei Hunden, Sport, Fahrradfahren oder auch kreativen Hobbies. Denn nur wer Selbstfürsorge betreibe, könne dauerhaft auch anderen helfen, ist Christina Jelitko überzeugt und freut sich, dank ihrer Ehrenämter &bdquo;immer wieder über den eigenen Tellerrand zu schauen“.

Von weiteren Menschen, die sich engagieren, lesen Sie auf www.lz.de/herzfuerlemgo.

Kennen auch Sie jemanden, der sich in der Serie wiederfinden sollte, dann kontaktieren Sie uns doch gerne unter kkantelberg@lz.de

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