Lipper „umarmen“ die Demokratie in Lemgo und Schötmar

Kreis Lippe. Das Bündnis &bdquo;Lemgo hält zusammen“ aus zahlreichen Parteien, sozialen Einrichtungen, Vereinen, Kirchen, Unternehmen und Privatpersonen schaffte es, über 2000 Mitbürgerinnen und Mitbürger aus allen Schichten der Zivilgesellschaft auf dem Marktplatz zu vereinen, es kamen auch viele Lipper von außerhalb dazu.

Ulrike Bell, Pfarrerin an der St. Nicolai Kirche, moderierte die Kundgebung von der Rathaustreppe aus, bei der fünf Redner zu Wort kamen und ein ukrainischer Chor, der sich aus der Flüchtlingsarbeit im Mehrgenerationenhaus St. Pauli gebildet hatte, auftrat. Alle Redner wandten sich gegen Rassismus und Ausgrenzung und plädierten für Vielfalt und Toleranz in unserer Gesellschaft. Höhepunkt war der Umzug mit einem menschlichen Schutzkreis ums Rathaus und um die Nicolai Kirche, der symbolisierte, dass Lemgo zusammenhält und Demokratie und Vielfalt schützt.

&bdquo;Jeder Jeck ist anders, und das ist gut so“ Vielfalt sei ein Segen und Qualitätsmerkmal des Lebens, betonte die Pfarrerin. &bdquo;Wir stehen ein für partnerschaftlichen Umgang aller Menschen, denn religiös gesprochen sind wir alle Kinder eines Gottes und tragen sein Bild in uns.“ Demokratie basiere auf Menschenrechten und Menschenwürde und ermögliche, alle Menschen an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.

Bürgermeister Markus Baier rief: &bdquo;Jeder Jeck ist anders, und das ist auch gut so.“ Demokratie lebe von Vielfalt und sei die Grundlage unseres Wohlstandes.

Die wohl bewegendste Rede hielt Pfarrer Matthias Altevogt von St. Marien. Er erinnerte daran wie 1942 die letzten 22 Juden, darunter Karla Raveh mit ihrer Familie, genau von diesem Lemgoer Marktplatz mit einem Bus ins Konzentrationslager gebracht wurden. &bdquo;Wenn eine Diktatur sich durchsetzen will, kann es nur geschehen, wenn die Mehrheit mitmacht oder es geschehen lässt.“

Altevogt formulierte ein poetisches Versprechen für den Ernstfall: Wenn Du Feuerwehrmann bist und jemand sagt: &bdquo;Wir wollen Synagogen, Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte anzünden. Du sollst nur die Nachbarhäuser schützen.“ Dann sage: &bdquo;Ich rette jeden und schütze jedes Haus.“ Wenn du Polizist bist und jemand sagt: &bdquo;Heute jagen wir Flüchtlinge, guck weg.“

&bdquo;Sage nein!“ Dann sag: &bdquo;In unserer Stadt wird niemand gejagt.“ Wenn du Arzt oder Pfleger bist und jemand sagt: &bdquo;Den behandelst du nicht.“ Dann sag: &bdquo;Ich behandle jeden.“ Wenn du in der Verwaltung arbeitest und den Bus für die Deportation bestellen sollst. Dann sag: &bdquo;Nein, ich halte mich ans Grundgesetz.“ Wenn du Mensch bist und jemand sagt: &bdquo;Den machen wir jetzt fertig.“ Dann sag: &bdquo;Jeder Mensch ist meine Schwester und mein Bruder, ich stelle mich an seine Seite.“

Detlef Höltke vom Verein &bdquo;Stolpersteine und Frenkel Haus in Lemgo“ mahnte: &bdquo;Rechtsradikale Politiker fordern eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Helfen Sie mit, dass die Gräueltaten der Nazis nicht in Vergessenheit geraten!“

Eine Stunde später versammelten sich rund 1000 Menschen auf dem Kirchplatz der Kilianskirche in Schötmar zur Anti-Rechts-Kundgebung, zu der der Bad Salzufler &bdquo;Ratschlag für Vielfalt, Toleranz und Respekt“ aufgerufen hatte. Pfarrer Andreas Gronemeier moderierte die Kundgebung, die von Kantorin Uta Singer musikalisch umrahmt wurde.

&bdquo;Nie wieder“ &bdquo;Das Hinterzimmer-Treffen in Potsdam offenbart die wahren Inhalte einer rechtsradikalen Partei“, sagte Bürgermeister Dirk Tolkemitt. &bdquo;In diesem Staat darf es das nie wieder geben.“ Ängste vor Krisen und Unzufriedenheit würden von Rechten geschürt, um Wählerstimmen zu fangen. Nationalismus habe für Deutschland nie etwas Gutes gebracht.

Mitbürgerin Sema Öztürk wies darauf hin, dass sie in Deutschland aufgewachsen sei, arbeite und Steuern zahle. Trotzdem habe sie rassistische Äußerungen zu hören bekommen wie: &bdquo;Hier wird Deutsch gesprochen, ihr seid doch alle gleich und Ausländer nehmen uns alles weg.“ Die Vielfalt der Kulturen bereichere doch eine Gesellschaft. Kriminelles Potential könne in jedem Menschen stecken und habe nichts mit seiner Herkunft zu tun.

Kein Platz für Nationalisten &bdquo;Es darf keinen Platz für Nationalisten und Fundamentalisten in unserer schönen Kurstadt geben“, forderte Bülent Yilmaz vom Alevitischen Kulturverein. &bdquo;Aus unseren Herkunftsländern wissen wir, was eine Diktatur bedeutet und darum ist es wichtig, die Werte der Demokratie zu verteidigen.“

Im Anschluss an die Kundgebung nahmen rund 500 Gäste an der Feier anlässlich des Holocaustgedenktages in der Kilianskirche teil, zu der Barbara Beiner-Meßing alle Teilnehmer der Demonstration einlud. Konfirmanden veranschaulichten das Leben und Wirken des jüdisch-polnischen Kinderarztes Janusz Korczak, der als Leiter des Warschauer Waisenhauses mit seinen Kindern vor 82 Jahren im KZ Treblinka ermordet wurde. Kantorin Uta Singer und ihr Sohn Jakob Jänig am Cello umrahmten die Veranstaltung.

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