Lemgoer Besuchsdienst spendet mit wenig Zeit große Freude

Lemgo. Einmal die Woche kommt Doris Rehse vorbei. Im oberen Stock im Seniorenzentrum des Kreises am Klinikum klopft sie an die Tür. &bdquo;Frau Schröder?“ Sie wartet, legt den Kopf schräg, horcht. Doch es tut sich nichts - bis der Ruf vom Ende des Ganges kommt: &bdquo;Hier bin ich.“

Am großen Fenster hat Inge Schröder schon auf ihre Besucherin gewartet und die Zeit genutzt, ein wenig zu trainieren. Denn mit dem Knie, &bdquo;das klappt nach der OP noch nicht so gut“, ruft sie und kommt mit dem Rollator angeschoben. Jeden Tag ein paar Schritte mehr, bis es wieder besser funktioniert. Doch jetzt freut sie sich erst einmal auf Doris Rehse. Die kommt vom Ökumenischen Altenheimsbesuchsdienst, die beiden kennen sich seit Jahren. &bdquo;Da hat einfach die Chemie gestimmt“, strahlt die Seniorin.

Das frühere Leben hängt an der Wand Im Zimmer bietet sie die Stühle an und hat auch gleich ein Geschenk für ihre Besucherin parat. Eine kleine Vase samt Blumen, &bdquo;die habe ich neulich in der Stadt geshoppt, das sind doch genau Ihre Farben“. Seit etwa acht Jahren kommt Doris Rehse regelmäßig vorbei. Sie liest vor, hört zu und erzählt auch eigene Anekdoten - für Inge Schröder eine willkommene Abwechslung im Heimalltag.

Seit zehn Jahren lebt sie im Kreisseniorenheim, erst an der Echternstraße, jetzt am Klinikum; die Fotos an der Wand ihres gemütlich eingerichteten Zimmers erzählen von ihrem früheren Leben: von der Hochzeit, damals ganz in Schwarz, weil der Vater kurz zuvor gestorben war, mit dem schwarzen runden Hut auf dem Kopf und den Teerosen im Arm. &bdquo;Der Hut, der sah ja ganz fürchterlich aus“, sagt die 81-Jährige und muss lachen, &bdquo;dabei sollte er mich doch schicker machen“.

Schon früh ist der Ehemann gestorben, Kinder hat sie nicht und Verwandte sind kaum geblieben. Nach dem Schlaganfall ging es dann nicht mehr im eigenen Haus, und auch wenn der Abschied schwergefallen ist, fühlt sie sich wohl im Kreisseniorenheim. &bdquo;Ich mag mich gerne um andere kümmern“, erzählt sie von den anderen Bewohnern und liebt die gemeinsamen Fahrten und Shoppping-Touren in die Stadt. Doris Rehse kennt ihre Vorlieben und weist auf die vielen Tassen und Becher im Regal, von jeder Tour versucht die Seniorin eine neue Tasse mitzubringen. &bdquo;Und ich habe bislang immer wieder neue gefunden.“

&bdquo;Entspannt, wie nach einer Massage“ Zur Unterhaltung hat Doris Rehse ein Buch mitgebracht. Gerne lese sie Miss Marple oder lustige Geschichten von Heinz Erhardt, heute hat sie &bdquo;Komm, ich erzähle dir eine Geschichte“ von Jorge Bucay dabei. Gut eine Stunde wird sie bleiben und danach, erzählt die 66-Jährige, &bdquo;da fühle ich mich so gut und entspannt wie nach einer Massage“. Es tue einfach gut, die Freude der Senioren zu spüren und zu wissen, dass man mit ein wenig Zeit so viel Gutes bewirken kann.

Seit 2013 ist die Lemgoerin dabei. Nach dem vorgezogenen Ruhestand suchte sie damals eine Beschäftigung und marschierte einfach im Seniorenheim herein. Dort gab man ihr die Nummer vom Ökumenischen Besuchsdienst, damals noch unter dem Vorsitz von Käthe Riewe. Im Telefongespräch klärten sie die ersten Fragen ab, dann wurde ihr in Absprache mit dem Seniorenheim der erste Bewohner vorgestellt. Ein älterer Herr mit Demenz, aber körperlich sehr vital, wie Doris Rehse erzählt. Es war eine gute Zeit, lange Spaziergänge haben sie gemeinsam unternommen, bis zum Tod hat sie ihn begleitet, &bdquo;ein trauriger Abschied“.

Und als sollte es so sein, ist sie danach mit Inge Schröder zusammengekommen. &bdquo;Wir haben uns beim Kaffeetrinken immer so nett angelächelt“, erklärt die Seniorin die spontane Sympathie und ergänzt, &bdquo;auf die Frau Rehse, da lasse ich nichts kommen“. Eine Bereicherung für beide Seite, wie es Doris Rehse auch anderen empfiehlt. &bdquo;Jeder hat ein Talent. Das einzige, was es kostet, ist Zeit.“

Es gibt keine Verpflichtungen Auf Nachfrage vom Besuchsdienst schlagen die Einrichtungen Heimbewohner vor, vorher könnten die Besucher noch Wünsche äußern. &bdquo;Ob Mann oder Frau, ich war da ganz offen. Nur schwerhörig sollte der Senior nicht sein.“ Und wenn die Chemie mal nicht stimmen sollte? Das sei auch kein Thema, vielleicht passe es dann mit einem anderen Bewohner ja besser. Und ganz wichtig: Niemand gehe eine Verpflichtung ein.

Hilfe und Austausch gibt es bei Gabi Gadow, der Vorsitzenden des Ökumenischen Altenheimbesuchsdienstes. Sie organsisiert die regelmäßigen Treffen (für Gäste offen), meist Fortbildungen und Info-Veranstaltungen, die den Besuchern mehr über die Belange der älteren Menschen vermitteln. Den Besuchsdienst selbst gibt es schon seit 37 Jahren, gegründet damals von den Kirchengemeinden der Stadt, um alte Menschen im Kreisseniorenheim, im Stift St.Loyen oder im Betreuungszentrum Loyen zu besuchen.

Mittlerweile werden dringend neue Helfer gesucht. Möglich ist es, einer ganzen Gruppe vorzulesen, gemeinsam zu singen oder auf einem Instrument vorzuspielen. Wer Lust hat, etwas Zeit und Aufmerksamkeit zu spenden, der sollte sich bei Gabi Gadow unter Tel. (05261) 15708 melden.

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