Wie Berna Nangobya aus einem Dorf in Uganda nach Lemgo kam und hier zur Pflegerin wurde

Lemgo/Uganda. Berna Nangobya stammt aus einem kleinen Dorf in Uganda. Ende 2019 kam sie für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) nach Lemgo, um bei der Stiftung Eben-Ezer mitzuhelfen. Mittlerweile hat die 25-Jährige eine Ausbildung zur Pflegerin abgeschlossen und Arbeit im Altenzentrum am Schloss in Brake gefunden. Ihr Traum ist es, ein gesundheitliches Zentrum in ihrer Heimat aufzubauen, um den Menschen dort zu helfen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Viel hat sie für eine Frau aus Uganda aber schon jetzt erreicht, wie sie schildert.

Nangobya kommt aus Kawule. Das ist ein Dorf mit rund 150 Einwohnern im Süden Ugandas, rund vier Autostunden entfernt von der Hauptstadt Kampala. &bdquo;Dort kennt jeder jeden. Man kann nichts geheim halten“, sagte die 25-Jährige und lacht. Die Kinder würden von allen miterzogen. &bdquo;Aber meine Familie ist anders als die anderen“, meint Nangobya. Denn in Uganda sei es üblich, dass die Frauen zu Hause bleiben, nicht zur Schule gehen, bereits mit 16 Jahren Kinder bekommen und heiraten.

Kaum Perspektiven &bdquo;Auch bei meiner Mutter war das so, aber sie will, dass wir etwas aus uns machen“, sagt Nangobya, die sieben Geschwister hat, davon sechs Schwestern. So mussten alle im großen Garten mitarbeiten, um durch den Verkauf des Gemüses das Schulgeld zu finanzieren. &bdquo;Viele haben gesagt, es habe keinen Sinn, uns Mädchen zur Schule zu schicken. Frauen werden in Uganda einfach nicht so wertgeschätzt wie Männer“, sagt die 25-Jährige.

Manch andere Familien hätten aber auch einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Außerdem gebe es kaum Jobs und dementsprechend wenig Perspektiven für die Menschen auf dem Land. Die Kinder der Nangobyas machten trotzdem alle Abitur. &bdquo;Wir hatten nicht viel, aber sind irgendwie durchgekommen“, blickt Berna Nangobya zurück. Doch aufs Studium sollte die zweitjüngste Tochter zwei Jahre warten. &bdquo;Wir konnten es uns nicht leisten, mehrere Kinder gleichzeitig zur Uni zu schicken. Ich wusste zunächst nicht, was ich nach der Schule machen sollte, und wollte nicht zwei Jahre vergeuden“, erklärt Nangobya.

&bdquo;Meine Freundin ist an HIV gestorben“ Doch dann sah sie bei ihrer älteren Schwester deutsche Gummibärchen. Diese war zuvor für einen Monat in Deutschland, um einen Austausch zu machen, und half anschließend in einem Heim für Straßenkinder in der Nähe von Kawule. Dort bekam sie die Süßigkeiten immer wieder von einer deutschen FSJlerin geschenkt, mit der sie sich dank der neu gewonnenen Deutschkenntnisse etwas unterhalten konnte. &bdquo;Ich wollte auch welche haben und war neidisch“, sagt Berna Nangobya und lacht.

Sie fing an, Deutsch zu lernen und in dem Heim zu helfen. Damals entwickelte sie den Wunsch, Krankenschwester zu werden: &bdquo;Meine Oma ist an Sepsis gestorben. Wir wussten nicht, was ein Dekubitus ist. Meine Mutter hat Diabetes und eine gute Freundin ist mit 16 an HIV gestorben. Viele wissen gar nichts über Verhütung, einige Frauen sterben auch während der Schwangerschaft. Die Krankenhäuser sind nicht gut.“

Zwei Stunden zum Internetcafé Nangobya suchte nach einer Organisation, mit der sie ein FSJ im Pflegebereich in Deutschland machen konnte. Und das war gar nicht so einfach: &bdquo;Ich hatte damals kein Handy und musste immer zwei Stunden zum nächsten Internetcafé fahren, um Bewerbungen per E-Mail zu schreiben und zu schauen, ob ich Antwort erhalten hatte“, schildert die 25-Jährige. Auch die Vorstellungsgespräche per Skype fanden dort statt.

Schließlich klappte es bei der Diakonie in Düsseldorf, über die sie nach Lemgo zur Stiftung Eben-Ezer vermittelt wurde. Dann hieß es für die damals 20-Jährige zunächst einmal, einen Ausweis und Reisepass zu beantragen. Für das Flugticket musste sie sogar einen Kredit aufnehmen.

Ungewohntes Leben &bdquo;Als ich im Herbst 2019 nach Deutschland kam, war das ein Kulturschock“, erinnert sich Nangobya zurück. Für sie war es total ungewohnt, dass sich abends keine Menschen auf der Straße treffen. &bdquo;Und das Essen ist ganz anders. Ich habe erst mal Bauchschmerzen bekommen“, gesteht die Frau aus Uganda, die bis dato auch keinen Winter oder gar Schnee kannte.

Untergebracht war die FSJlerin im sogenannten Incomer-House in der Laubke, wo Menschen von überall leben, die bei Eben-Ezer helfen. &bdquo;Ich war da mit Menschen aus dem Senegal, von der Elfenbeinküste, aus Ghana und Togo“, erinnert sich die 25-Jährige. In ihrem FSJ war sie einer Wohngruppe zugeteilt, mit deren Bewohnern sie spazieren gegangen ist, gespielt hat und etwas im Haushalt geholfen hat. Die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen war aber nichts Neues für sie. Schon im Heim in Uganda hatte sie mit tauben Kindern getrommelt.

Win-Win-Situation Nachdem sie das FSJ um ein halbes Jahr verlängerte, fing sie eine Ausbildung zur Pflegekraft bei der Freien Altenhilfe an. Vorab zog sie Ende 2021 zu Petra Sundermann nach Lüerdissen, die eine Wohnungsanzeige ins Intranet von Eben-Ezer eingestellt hatte. Die selbstständige Seniorenbegleiterin inseriere öfters dort, weil die Einrichtung nah bei und es so praktisch für alle Beteiligten sei. Nangobya engagiert sich auch bei der Seniorenbegleitung, gesteht aber: &bdquo;Deutsch zu lernen, war schon schwierig - und dann noch die Fachwörter.“ &bdquo;Du hast aber unheimlich viel gelernt - und immer neben der Hausarbeit Podcasts auf Deutsch gehört“, wirft Sundermann ein. Sie konnte der Frau aus Uganda bei dem ein oder anderen Problem helfen.

Auch bei der Freien Altenhilfe arbeitete Nangobya in einer Wohngemeinschaft, diesmal mit acht Senioren am Spiegelberg. Doch wegen der Insolvenz der Freien Altenhilfe wurden die Senioren-WGs Ende 2023 geschlossen. Fortan fuhr die Frau aus Uganda daher mit ihrer Ausbilderin beim ambulanten Dienst mit. Einen Führerschein hat sie nicht. Dafür fehlte bislang das Geld. Im Oktober schloss Nangobya ihre Ausbildung zur Pflegerin erfolgreich ab - und fand direkt einen Job.

Gesundheitliche Versorgung verbessern Denn während der Ausbildung musste sie verschiedene Praktika machen. Unter anderem war sie drei Monate im Evangelischen Altenzentrum am Schloss in Brake. Dort ist sie nun fest angestellt und möchte erst einmal Berufserfahrung sammeln. &bdquo;Irgendwann will ich aber weiter im Pflegebereich studieren“, sagt die 25-Jährige. Denn ihr Traum ist es, mit ihrer Schwester zusammen einen medizinischen Stützpunkt in ihrem Heimatdorf zu errichten. &bdquo;Wir wollen das, weil Ärzte fehlen - vor allem für Frauen und Ältere. Es ist mein Ziel, die gesundheitliche Versorgung dort zu verbessern und Aufklärung zu leisten“, sagt Nangobya. Aber dafür braucht es erst einmal Geld, und das will die 25-Jährige jetzt verdienen.

Heilig Abend feierte Berna Nangobya zusammen mit Petra Sundermann und deren Familie. Die deutschen Traditionen unterscheiden sich tatsächlich von denen in Uganda: &bdquo;Wir haben keinen Weihnachtsbaum, aber kochen und essen auch gemeinsam als Familie. Aber es ist mehr eine Party zu Hause“, sagt die 25-Jährige und lacht. Besonders ihre Mutter vermisse sie besonders jetzt und will sie nach Deutschland einladen, sobald sie genug Geld zusammenhat.

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