Lemgo. Passanten bot sich ein seltsames Bild auf dem Schulhof der Wallschule: Schüler verschiedener Altersgruppen hockten in Gruppen und pinselten konzentriert flüssiges rotes Wachs auf Teer, Pflastersteine und in Fugen. Spannend war es, wenn die Platten vorsichtig vom Boden abgelöst wurden - sie wurften nicht brechen.
Im Kunstworkshop erprobten 20 Schülerinnen und Schüler des Marianne-Weber-Gymnasiums (MWG) die Technik des Düsseldorfer Künstlers Nils Levin Sehnert, aktueller Stipendiat „Junge Kunst“. Im Verfahren „History Paintings“ formt Sehnert Bodenflächen ab, die Momentaufnahmen des Verhältnisses zwischen Mensch und Umwelt sind. „Eine Abformung ist für mich eine Art plastisches Foto“, erklärte der Künstler den Schülern seine Arbeitstechnik.
Schulhof wird zur Grundlage für Kunst
Anschließend untersuchten die Schüler ganz bewusst ihren Schulhof, der normalerweise ein unbeachteter Durchgangsort ist. Hier brachen Wurzeln durch die geteerte Fläche auf, dort hatten sich die Pflastersteine verschoben. Die Wachsabgüsse der Strukturen erzählen ganze Geschichten über den Menschen, seine Eingriffe in die Umwelt und das Eigenleben der Natur.
„Mir gefiel es, mit anderen Materialien arbeiten zu können“ resümierte eine Schülerin den Umgang mit dem Werkstoff Wachs. Das Wachs musste geschmolzen, zum Abguss-Ort transportiert und in mehreren Schichten aufgebracht werden. Zwischendurch wurde gewartet, bis die Schichten getrocknet waren.
Geduldig rührten alle Schüler, von Klasse 6 bis Q2, in der zähen Wachsmasse herum, halfen sich gegenseitig oder stärkten sich am Buffet. In der Abschlussrunde wurden die Resultate bestaunt und verglichen. „Die Ergebnisse sind sehr faszinierend“, sagte ein Unterstufenschüler. Jemand ergänzte: „Es war ein Highlight, am Ende das gesamte Kunstwerk hochzuheben. Erst dann sah man, was man in den letzten Stunden gemacht hat.“
Der Künstler Nils Sehnert betreute die kunstbegeisterten Schüler mit viel Engagement, pädagogischem Gespür und Wertschätzung, obwohl er sich gerade im Endspurt seiner Abschlussausstellung „History Paintings“ im Eichenmüllerhaus befindet. Außerhalb vom Lehrplan vermittelte er neue kunstpraktische Erfahrungen. Sebastian Preiß und Ralf Gerke von der Staff Stiftung Lemgo hatten das Projekt ermöglicht: Gemeinsam mit den Kunstlehrerinnen Nina Klocke und Lisa Meiercord konzipierten sie die Veranstaltung und finanzierten das Projekt. Die Schüler erlebten einen spannenden Nachmittag und erlerntem eine interessante Abguss-Technik.