Begeisterung und Leidenschaft: Dieser Käfer ist seit 60 Jahren ein Lemgoer

Lemgo. Wer kennt ihn nicht, &bdquo;Herbie“, den &bdquo;tollen Käfer“ mit der 53 auf der Haube, eigenem Willen und besonderen Fähigkeiten? Oder &bdquo;Dudu“, das deutsche Pendant mit unzähligen Gadgets und Fertigkeiten? Doch echte Fans wissen: Ein Käfer braucht weder Sprache noch Hightech, um zu begeistern. So wie &bdquo;Henni“.

&bdquo;Der Käfer ist ein besonderes Auto“, sagt Sven-Eric Bierhenke, Leiter der Oldtimer-Abteilung beim Automobilclub Lemgo, lächelnd. Im Juli 1935 hat Porsche den Prototyp des VW Käfers präsentiert, doch erst drei Jahre später rollten die ersten Modelle vom Band. 21,5 Millionen Fahrzeuge wurden weltweit verkauft – bis die Produktion im Sommer 2003 eingestellt wurde. Und doch lässt sich auch hierzulande noch immer der ein oder andere Käfer auf der Straße blicken, zum Beispiel in Lemgo: &bdquo;Henni“, ein 1965er VW 1200 Exportmodell mit Schiebedach. Er fährt seit 60 Jahren durch die alte Hansestadt und trägt noch heute sein Original-Nummernschild. Sven-Eric Bierhenke hat den Käfer in Panamabeige vor zwölf Jahren von seiner ersten Besitzerin erstanden.

Authentisch und viel gereist &bdquo;Henni war in den 70ern bereits am Gardasee“, erzählt sein Besitzer, dazu in Rom, Venedig, Paris, Berlin ... Und auch wenn der VW bereits einige Kilometer auf dem Tacho hat, hier und da ein wenig nachlackiert ist, repariert wurde, seine Sitze ein wenig verschlissen sind: &bdquo;Dieser Käfer ist authentisch.“ Und er stehe nicht nur in der Garage, er habe TÜV und &bdquo;ich fahre ihn gern“, sagt Bierhenke. Nicht jeden Tag – schließlich ist der Oldtimer kein Alltagsauto –, aber wenn ihm danach ist, und dann auch mal zwei Wochen am Stück. &bdquo;Da drin ist die Welt noch in Ordnung.“

Und er erzählt von einem besonderen Fahrgefühl: &bdquo;Es ist sehr entschleunigend. Er ist laut, das ist aber ein schönes Geräusch. Das Schiebedach lässt den Sommer rein.“ Und wenn es dunkel wird, müsse man sich konzentrieren, die Beleuchtung sei nicht mit der moderner Autos vergleichbar. Ohne Sicherheitssystem, Bremskraftverstärker und Anschnallgurte fahre man sowieso vorsichtiger (der Oldie hat laut Bierhenke keine, und das sei auch zulässig), kein Radio lenke den Fahrer ab, ohne rechten Außenspiegel lerne man wieder einen vernünftigen Schulterblick. &bdquo;Man fühlt sich ein bisschen wie in einer Zeitkapsel.“ Und auch ein alter Käfer muss regelmäßig gewartet werden – derzeit steht &bdquo;Henni“ deshalb in der Werkstatt.

&bdquo;Das Auto kenne ich, seitdem ich klein bin“ Dabei ist dieser – ein Exportmodell für den US-Markt – besser ausgestattet als der Standard: Neben dem Schiebedach verfügt er über eine Tankanzeige. &bdquo;Bei den Normalen musste man eben in den Tank gucken, um zu sehen, ob noch Benzin drin ist.“ Bierhenke lacht. Und das mag der 65er-Käfer bitte verbleiben, den Zusatz gibt es an der Tankstelle.

&bdquo;Der Käfer sollte ein Auto mit simpler Technik sein, von jedem zu warten, dazu mit wenig Verbrauch. Und er bietet Platz für fünf Personen“, erklärt der Lemgoer. Das Modell habe Deutschland mobilisiert, die Menschen hätten das Reisen wieder gelernt – und das fasziniere ihn. Auch er traue sich zu, den Käfer-Motor zu reparieren, habe ihn mit Hilfe auch schon überholt. Er findet: &bdquo;Jeder sollte mal einen Käfer besessen haben.“

Und gerade an diesem hängen für ihn Erinnerungen: &bdquo;Das Auto kenne ich, seitdem ich klein bin.“ Die Vorbesitzerin kannte er persönlich. Nach dem Verkauf habe er sie regelmäßig mit &bdquo;Henni“ abgeholt und Spritztouren mit ihr unternommen. Und noch etwas mache diesen Käfer – neben dem alten DIN-Kennzeichen – besonders: der originale Pappbrief und die alte Auftragsbestätigung von 1965. Aus historischen Gründen habe er sie behalten. Sie erzählen die Geschichte des Wagens, erklärt Bierhenke.

Lemgoer seit 60 Jahren Und welche Nachteile hat ein Käfer? &bdquo;Keine“, kommt da prompt. &bdquo;Die Unterhaltskosten sind gering. Er sollte trocken stehen. Will man ihn ganzjährig fahren, braucht er einen Unterbodenschutz – das Streusalz im Winter ist für das alte Blech nicht gut.“ Aber so alte Autos seien einfach robuster, und an Ersatzteile komme man heute – wenn nötig – problemlos: &bdquo;Das war ja das meistgebaute Auto der Welt.“

Apropos moderne Autos – was sagt der Oldtimer-Fan zu Elektroautos und Co.? &bdquo;Ich bin kein Feind von E-Autos, aber Benziner sind nicht automatisch böse.“ E-Autos seien auch nicht nachhaltig – denke man an die Entsorgung der Batterien oder die Rohstoffgewinnung für eben jene. Und dann die Problematik mit Lademöglichkeiten und Netzauslastung ... Er sei offen für Neues, aber Altes sollte eben auch genutzt und aufgebraucht werden. So wie &bdquo;Henni“ eben. Seit 60 Jahren ein Lemgoer.

Vom Typ 1 zum &bdquo;Käfer“ Die Bezeichnung &bdquo;Käfer“ für den VW Typ 1 kam wohl zum ersten Mal in einem Bericht der New York Times von 1938 auf, wonach die Autos wie kleine Käfer die Autobahnen zupflastern sollten.

Laut Sven-Eric Bierhenke sei der Wagen wie ein kleines Krabbeltier, das dank seines Heckantriebs auch Berge gut hochkam.

Auch international setzte sich die Bezeichnung durch: im englischsprachigen Raum Beetle oder seltener Bug, niederländisch Kever, französisch Coccinelle (&bdquo;Marienkäfer“) oder italienisch Maggiolino (&bdquo;Maikäfer“). In Deutschland wurde er auch Kugel- oder Buckel-Porsche genannt.

Obwohl es das Modell ab 1938 gab, konnten Privatpersonen erst ab 1946 einen Käfer bekommen. 1957 wurden bereits zwei Millionen Käfer produziert, 1978 kam der letzte aus deutscher Produktion. Diese wurde zunächst nach Brüssel verlegt, dann vor allem nach Mexiko. Hier lief 2003 endgültig der letzte Käfer vom Band.Fahren Sie auch einen Käfer, der eine besondere Bedeutung oder Geschichte hat? Dann schicken Sie gern ein Foto samt kurzer Story an redaktion@lz.de . Wir freuen uns auf Ihre Beiträge.

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