Fahrstuhl ist fertig: Lemgoer Rathaus nach langem Umbau barrierefrei

Lemgo. Wer durch den schmalen Durchgang am Rathaus von der Mittelstraße Richtung St.-Nicolai-Kirchplatz läuft, läuft Gefahr, die neue Tür zu übersehen. &bdquo;War die da schon immer?“, fragt sich sicherlich mancher Passant. &bdquo;So sollte es sein“, sagt Katharina Drave schmunzelnd. Der neue Eingang sollte sich unauffällig in die historische Fassade des Rathauses einfügen, erklärt die Architektin der städtischen Gebäudewirtschaft. Dahinter verbirgt sich der neue Aufzug, der den barrierefreien Zugang möglich macht. Eine lange Geschichte ist damit zu Ende.

Vom Kirchplatz aus lässt sich die neue hölzerne Tür öffnen, indem man die Hand vor einen Sensor hält. Dann ist der Weg zum dahinterliegenden Aufzug frei, der – mit spezieller Technik ausgestattet – fünf Ebenen ansteuern kann. Die wohl wichtigste ist die Rathaushalle und damit das Stockwerk mit dem Sitzungssaal des Rats. Außerdem bringt der Lift Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder Eltern mit Kinderwagen auf die Galerie mit den Räumen des städtischen Geschäftsbereichs Kultur und ins Dachgeschoss, wo der Stab des Bürgermeisters, die Wirtschaftsförderung und die Gleichstellungsstelle untergebracht sind.

Theoretisch kann der Lift auch in den Keller fahren, doch hier macht er für Besucher derzeit nicht Station. Ebenso sind das Bürgermeisterbüro sowie die alte und die neue Ratsstube weiterhin nur über Treppen zu erreichen. Den Aufzug weiter ins Gebäudeinnere zu rücken, so dass auch diese Bereiche hätten angefahren werden können, sei wegen der historischen Gewölbedecken nicht möglich gewesen, sagt Fachfrau Drave.

Wenig Platz für Technik Die Stadt hat einen &bdquo;Spindelaufzug“ einbauen lassen, und zwar in der nordöstlichen Ecke der Rathaushalle – eine deutlich schönere Lösung als der anfangs vorgesehene Standort mitten in der Fensterfront der Halle, findet Drave. Der Aufzug fährt mit 15 Metern pro Minute (0,9 Kilometer pro Stunde) zwar langsam, braucht aber weder Zugtechnik unterm Dach noch Hubtechnik im Keller. &bdquo;Hier liegt die ganze Technik innerhalb des Aufzugs“, sagt Drave. Der Fahrstuhl zieht sich sozusagen an der Spindel hoch.

Aufwendig war’s, sagt Katharina Drave über den Einbau, der nach ihren Worten die zuletzt angepeilten 550.000 Euro gekostet hat. Von der Städtebauförderung gab es 240.000 Euro als Zuschuss. Wie so oft beim Bauen im Bestand kam eins zum anderen, außerdem war der Denkmalschutz zu beachten. &bdquo;Und dann, als wir endlich eine Baufirma hatten“, sagt Drave, stellte sich heraus, dass die Sanierung des Kirchturms von St. Nicolai zeitgleich und umfangreicher als geplant stattfinden musste. Außerdem sollte die Orgel überholt werden. Die Folgen sind bekannt: Die Zufahrt zur Baustelle war nicht frei. Und die Stadt verschob die einen oder anderen Bauarbeiten, auch weil &bdquo;das Stimmen einer Orgel nicht möglich ist, wenn gleichzeitig Baulärm vom Rathaus gegenüber kommt“, wie die städtische Pressesprecherin Tanja Schröder erklärt. Ein holpriger Start. Am Ende hätten Kirche und Stadt aber gut zusammengearbeitet.

Umbau im Apothekenkeller Dann ging es weiter: Die Stadt musste im Sommer 2023 vor dem Einbau des Aufzugs erst mal den Keller der Rathaus-Apotheke für den Fahrstuhlschacht umbauen. Dort wurde eine Wand versetzt, und das Labor der Apotheke zog um. Unabhängig davon wurde ab April 2023 im Rathaus das Dachgeschoss ausgebaut. Unsanierte Räume wurden energetisch auf Vordermann gebracht, neue Büroräume entstanden, eine Treppe wurde als Fluchtweg eingebaut, eine neue Beton- ersetzte eine alte Holzbalkendecke.

&bdquo;Wir mussten zuerst alles um den Aufzug herum fertigstellen“, sagt Katharina Drave. Ende 2024 war dieses Ziel erreicht, so dass es mit Beginn des Jahres 2025 an den Aufzug gehen konnte. Letzte Arbeiten wie eine feste Fußmatte vor dem Aufzug und ein Druckknopf sind noch zu machen, beeinträchtigen die Funktion aber nicht. Zugleich war die komplette Technik Maßarbeit: &bdquo;Im Dachgeschoss liegen gerade mal drei Zentimeter zwischen dem Aufzug und der Decke“, verdeutlicht Drave die beengten Verhältnisse. Auch für die Handwerker sei es ein kompliziertes Projekt gewesen. So erzählt Drave schmunzelnd, wie sich ein Rohbauer in der Fußgängerzone eine Pfanne gekauft habe, um Mörtel in eine schwer zugängliche Ecke zu füllen – mit herkömmlichem Gerät sei man an die Stelle nicht herangekommen.

Chance vertan Und sie erinnert sich auch an die Vorgeschichte der Baustelle. Erste Planungen habe es schon unter Helmut Strüßmann gegeben, der 2014 als Bauamtsleiter in den Ruhestand ging. Und als vor sechs Jahren die ersten Pläne für das jetzt abgeschlossene Projekt reiften, beklagten manche Kommunalpolitiker, dass beim Umbau des Ratskellers zur Gastronomie nicht die Chance für den Aufzug-Einbau genutzt wurde. Ein Gutes haben die Verzögerungen dann wohl doch: &bdquo;Es hat sich seitdem viel an der Technik getan“, erklärt Katharina Drave. Einen Aufzug in dieser Form hätte es damals wohl nicht gegeben.

Von dem von außen tatsächlich nichts zu sehen ist. Nur die mit Sandstein eingefasste Tür, die ein Fenster ersetzt. Umgesetzt wurde die Auflage der Denkmalpfleger, dass die neue Tür optisch nicht wie ein Haupteingang aussehen sollte. Drave: &bdquo;Es sollte so bescheiden wie möglich sein.“

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