Lemgo. 16 junge Männer wollen die Lemgoer Politik auf die Schippe nehmen - mit dem neu gegründeten Stadtverband namens "Die Partei". Das steht für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative". Unter anderem will die Satirepartei, die aktuell 16 Mitglieder im Alter von 16 bis 22 Jahren hat, den Biesterberg einmauern. Die LZ befragte den Vorsitzenden Adrian Kahler nach den Zielen der Nonsens-Politiker.
Herr Kahler, Kommunalpolitik und Satire, das sind schwierige Terrains. Sie verschreiben sich als Vorsitzender des Lemgoer Ablegers von "Die Partei" diesen beiden Themen. Wie kam es dazu?
"Die Partei" geht auf Martin Sonneborn (46), den ehemaligen Chefredakteur des Satiremagazins "Titanic", zurück. Seit 2004 tritt "Die Partei" regelmäßig mit kuriosen Aktionen an die Öffentlichkeit. Eine ihrer bekanntesten Forderungen ist der Wiederaufbau der Berliner Mauer, wovon sich der Lemgoer Stadtverband offensichtlich inspirieren ließ. "Die Partei" ist eine offiziell zugelassene Partei und tritt regelmäßig zu Wahlen an, wenngleich sie noch nie einen Parlamentssitz gewinnen konnte. Der Vorsitzende des neuen Stadtverbands in Lemgo ist Adrian Kahler. Der 21-Jährige studiert Germanistik und Biologie an der Universität Bielefeld. Er will bei den Landtagswahlen für den Wahlkreis Lippe II (Lemgo und Umgebung) antreten. Für Lippe I (unter anderem Bad Salzuflen) ist es Patrick Donat, für Lippe III (Detmold) Marian Selchert.
Adrian Kahler: Die Idee kam so nach und nach. Durch medienwirksame Aktionen, als beispielsweise "Die Partei" mit leicht bekleideten Damen und Männern in Bademänteln und Armbändchen zur Pressekonferenz einer Versicherung auftauchte, sowie durch das Titanic-Magazin bin ich auf sie aufmerksam geworden und im vergangenen Sommer eingetreten. Schließlich habe ich mich dann gefragt, warum es in Lemgo noch keinen Ortsverband gab. Zunächst bin ich mit der Bielefelder "Partei" in Kontakt getreten und habe dann über Facebook einen Aufruf gestartet. Langsam haben sich mehr und mehr Leute gefunden. Im Dezember haben wir uns schließlich das erste Mal getroffen.
Warum braucht Lemgo eine weitere politische Gruppierung?
Kahler: Weil die etablierten Parteien, wie sie sich nennen, die auch hier derzeit in der Kommunalpolitik vertreten sind, einfach nicht mehr das breite Spektrum der Bürgermeinung vertreten können. Es fehlt einfach an einer Kraft aus der extremen Mitte, so wie wir es sind.
Bei den Kommunalwahlen gibt es keine Fünf-Prozent-Klausel mehr. Insofern haben Sie 2014 eine Chance, in den Rat einzuziehen. Was sind Ihre politischen Ziele für Lemgo?
Kahler: Unser erstes politisches Ziel ist es, "Pro NRW" aus dem Stadtrat zu verdrängen. Weiterhin stehen wir für eine zukunftsorientierte Politik - wir sagen auch gerne "eine Zukunft mit Zukunft" für Lemgo. Wir wollen die Stadt wiederbeleben und für junge Menschen attraktiver machen. Am nächsten Sonntag werden wir ab 13 Uhr dazu eine Kundgebung im Lippegarten veranstalten.
Eine Ihrer Forderungen lautet, den Biesterberg einzumauern. Haben Sie nicht Angst, dass die Lemgoer Sie ernst nehmen?
Kahler: Uns ist aufgefallen, dass viele den Hintergrund der "Partei" nicht kennen und uns gleich für bare Münze nehmen. Das kann natürlich gefährlich werden und ist eigentlich auch nicht im Sinne des Erfinders. Andererseits sind solche Reaktionen natürlich besonders lustig. Schließlich ist es Ziel der Satire zu provozieren. Die Forderung, den Biesterberg einzumauern, ist bei einigen Leuten falsch angekommen. Bewohner der Siedlung fühlen sich diskriminiert. Einige schlossen dann gleich auf Ausländerfeindlichkeit, was ich nicht verstehen kann. Das führte zu heißen Diskussionen.
Und warum wollen Sie den Biesterberg einmauern?
Kahler: Wir wollen erstmal ein Zeichen setzen. Jede Partei braucht ein Alleinstellungsmerkmal, um sich zu profilieren. Außerdem denken wir, dass der Stadtteil Biesterberg, so wie er im Moment aussieht, einfach nicht attraktiv ist. Wir wollen das ändern, indem wir ihn endgültig von der Stadt trennen, damit er nicht im Schatten der schönen Altstadt steht. Dann kann er sich getrennt von der Stadt Lemgo entfalten.
Gehen wir eine Ebene höher: In NRW stehen urplötzlich Landtagswahlen an. Was dürfen die Bürgerinnen und Bürger im Landtagswahlkampf von der "Partei" erwarten?
Kahler: Das hat "Die Partei" natürlich nicht auf dem falschen Fuß erwischt. Wir haben bereits unsere Kandidaten für die Wahlkreise in Lippe bestimmt. Bei landespolitischen Zielen richten wir uns nach dem Wählerwillen - wie es im Namen der Partei steckt: "basisdemokratische Initiative".
Das Interview führte LZ-Mitarbeiter Georg Lukas Grob.