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Leopoldshöhe

NABU Leopoldshöhe klärt auf: Nicht immer brauchen Nestflüchtlinge menschliche Hilfe

Leopoldshöhe. Zurzeit tschilpt und piept es überall in Nistkästen, Hecken und Gebüschen. Mit zarten Stimmchen bettelt der Vogelnachwuchs vehement um Futter, und die ersten Jungvögel verlassen bereits das sichere Nest. Das führt laut Angaben des NABU immer mal wieder zu Irritationen. Braucht der Jungvogel Hilfe oder nicht?

Häufig trüge der Schein, denn die Jungen vieler Vogelarten verließen auch schon ihr Nest, bevor ihr Gefieder vollständig ausgebildet sei, erklärt Ewald Thies vom Leopoldshöher NABU. Meist handele es sich bei einem anscheinend „aus dem Nest gefallenen" Jungvogel eben nicht um einen Waisen, sondern um einen fast flugfähigen Jungvogel mit relativ vollständigem Gefieder, der durch Bettelrufe noch mit seinen Eltern in Verbindung stehe. Sobald der Mensch sich entferne, würden sich die Eltern wieder um ihre Kinder kümmern.

„Ein wenig ratlos standen wir schon da", habe eine Frau erzählt, die selbst im NABU Leopoldshöhe aktive ist. Ihr wurde ein junger, hilflos und schwächlich wirkender Kleiber zur weiteren Betreuung übergeben. Sie fragte sich: „Was machen wir nun mit dem geschwächten, womöglich verletzten Vögelchen?" Es ging auch darum, ob sie die richtige, vor allem auch schnelle Hilfe anbieten könne und die passende Versorgung mit dem für diese Vogelart richtigen Futter. Solche Situationen kennen viele Naturschützer, denen Fundvögel zur Pflege und Aufzucht angeboten werden.

Ewald Thies sagt dazu: „Sicher ist das gut gemeint, aber nicht immer erweist sich die dann geleistete Hilfe als ,überlebensrettend’ für das Tier." Es sei zudem nicht nur für den Laien schwierig, einschätzen zu können, ob das Tier wirklich verletzt sei oder wie lange es schon ohne Wasser und Futter auskommen musste. Der NABU Leopoldshöhe appelliert deshalb an alle Naturfreunde, einsam und hilflos wirkende Jungvögel nicht gleich aufzunehmen, sondern sie erst einmal an Ort und Stelle zu lassen. Denn nur selten handele es sich bei gefundenen Jungvögeln am Boden um verlassene, verletzte oder geschwächte Tiere, die Hilfe benötigten.

Vogeleltern nehmen ihre Brut problemlos wieder an

Damit sie nicht verloren gehen, lassen die Jungvögel fast unablässig sogenannte Standortlaute hören. In diesem Stadium fallen sie nicht selten natürlichen Feinden zum Opfer, aber auch viele Menschen werden dann auf sie aufmerksam.

Lediglich wenn Gefahr im Verzug ist, wenn Jungtiere beispielsweise auf der Straße sitzen, sollten Bürger immer eingreifen und die Jungtiere an einem geschützten Ort, nicht zu weit vom Fundort entfernt, wieder absetzen. Sie dürften den jungen Vogel berühren, da der Geruchssinn bei Vögeln im Vergleich zu Säugetieren nur sehr gering ausgeprägt sei. Vogeleltern nehmen ihre Brut problemlos wieder an. Thies: „Deswegen kann man auch noch jüngere, nackte Vogelkinder einfach wieder in ihr Nest zurücklegen."

Nur ganz selten sei es so, dass Jungtiere tatsächlich verlassen worden sind. Besteht nach längerer Beobachtung kein Zweifel mehr, dass das Junge nicht mehr von den Eltern versorgt wird und ist es zudem verletzt, sei es ratsam, den Findling in die Obhut der nächstgelegenen Tierpflegestation zu geben. Hier könne das Tier fachmännisch versorgt werden. Wer einen Jungvogel dennoch aufnimmt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es nur selten gelinge, wilde Tiere aufzuziehen und auf die Rückkehr in die Natur vorzubereiten.

„Die beste Hilfe für alle Tierkinder ist immer noch ein lebensfreundliches, also naturnahes Umfeld, in dem sie auch bei ihren ersten Ausflügen ausreichend Schutz finden", erklärt Ewald Thies.

Information

Tipps und Kontakt-Infos

Wildtiere dürfen grundsätzlich nicht mit nach Hause genommen werden. Dies verbieten die gesetzlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, der Bundesartenschutzverordnung und des Landschaftsgesetzes NRW, erklärt der NABU Leopoldshöhe. Deshalb sollten Tiere nur dann mitgenommen werden, wenn es sich tatsächlich um hilflose und verletzte Tiere handele. Tierpflegerinnen und -pfleger machen immer wieder die Erfahrung, dass die Tierliebe der Retter zwar groß sei, aber das Wissen über Wildtiere nicht. Jüngstes Beispiel war eine Hilfsaktion für vermeintliche Gänseküken. Die Tiere erlebten eine Odyssee über Polizei, Feuerwehr und weitere Stationen. Letztendlich habe sich herausgestellt, dass es Küken eines Schwanenpaares waren, die dem Paar weggenommen worden waren. Auch Taubenküken oder sogar Mauersegler würden mit Greifvögeln verwechselt. In der Region gibt es Pflegestationen für Wildvögel, die auf Anfrage geschwächte und verletzte Wildvögel gegen einen Kostenbeitrag für Nahrungs-, Tierarzt- oder weitere Kosten aufnehmen und die auch immer dankbar für eine Spende sind:

Greifvögel: Adlerwarte Berlebeck; Heimische Wildvögel: Vogelpark Heiligenkirchen, Tierpark Olderdissen; Mauersegler: (Infos, Aufzucht, sowie Nistkastenbezug) Dirk Wetzlar, Tel. (0 52 02) 99 45 36, (0172) 2 77 87 69.

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