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Pensionierter Oerlinghauser Pädagoge sammelt Telefone: In jedem Raum bimmelt ein anderes

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Qual der Wahl: Wenn Oskar Etzemüller ans Telefon gehen will, kann er sich zwischen unterschiedlichen Geräten, die gleichzeitig an die Leitung angeschlossen sind, entscheiden. - ©
Qual der Wahl: Wenn Oskar Etzemüller ans Telefon gehen will, kann er sich zwischen unterschiedlichen Geräten, die gleichzeitig an die Leitung angeschlossen sind, entscheiden. (© Foto: PRIGNITZ)

Wenn bei Oskar Etzemüller das Telefon bimmelt, dann in sieben Räumen gleichzeitig. Der Oerlinghauser sammelt die Apparate. Um so viele wie möglich zu nutzen, sind stets einige davon angeschlossen.

Oerlinghausen. Der klobige Hörer am Ohr, das feine Surren beim Betätigen der Wählscheibe und das leise Knacken in der Leitung: Das Sinnliche und Nostalgische ist es, das Oskar Etzemüller liebt. Und "das Verschwinden des Materials" ist ein weiterer Grund, warum der Bergstädter vor vielen Jahren begonnen hat, Telefone zu sammeln. Doch auch kleinere Apparate mit immer kleineren Tasten, die in Sekundenschnelle betätigt werden, verschmäht Etzemüller nicht. Er ist der Faszination des Telefonierens komplett erlegen.

Noch drei weitere gute Gründe nennt Oskar Etzemüller, die es ihm quasi unmöglich machen, an historischen Schätzen vorbeizugehen: Seine große Sammelleidenschaft (siehe Kasten), die Erinnerungen, die damit verknüpft sind, und sein Interesse an Geschichte allgemein. Viele der Fernsprecher, die zu Hause in gläsernen oder hölzernen Regalen stehen, hat Etzemüller auf Flohmärkten gefunden, andere im Internet.

Der "Candle-Stick" ist ein englisches Telefon aus den 30er Jahren und "die alte Form des Bellschen Telefons", erläutert Etzemüller. Es gehört zu seinen auffälligsten Stücken. Fans von Humphrey Bogard haben es in seinen Filmen bewundern dürfen. "Die Sammlung fängt an, als die Telefone kompakt wurden", erzählt der einstige Gymnasial-Pädagoge der Sennestädter Hans-Ehrenberg-Schule. Im Jahr 1928 ist der Wahlfernsprecher "W 28" entwickelt worden. "Mit dem fängt die Form an", erläutert Etzemüller. Strom habe damals mit einer Kurbel noch selbst erzeugt werden müssen. "Beim nächsten Amt wurde die Verbindung hergestellt." Eine Wählscheibe suchte man seinerzeit noch vergebens.

Am "W 38" war der Hörer zum Mund hin gebogen. "Die Kohlemikrophone waren noch nicht so empfindlich wie Transistormikrophone", erklärt Oskar Etzemüller, räumt gleichzeitig ein, dass er technisch eigentlich nicht so versiert ist. "Mich interessiert das Ästhetische." Beim Schweizer Wandtelefon mit den beiden Glocken oben drauf etwa oder dem "W 49", das "nach dem Krieg aus den Teilen, die man hatte, komponiert wurde".

Das Standardtelefon "Graue Maus" nennt der gebürtige Gelsenkirchener ebenso sein Eigen wie solche mit Tastenwahlblocks aus den 70er Jahren. "Die konnten schon einiges", verweist Etzemüller etwa auf die Wahlwiederholung. "Mit den Tasten kamen alle möglichen Funktionen hinzu." Zu den auffälligen Stücken gehört eine Sonderausgabe der Deutschen Post aus dem Jahr 1983, genannt "Milchbrötchen" oder auch "Elefantenfuß". Es ist aus Eichenholz. "Eine der wenigen originellen Schöpfungen der Post", findet Etzemüller. "Die Italiener waren auf dem Gebiet etwas weiter."

Der Wandapparat "Spessart", ein in einer Kiste verstecktes Telefon, das beim Aufklappen zugleich ein kleines Schreibpult für Notizen freigibt, wird im Hause Etzemüller ebenso genutzt, wie viele der anderen Apparate. "Da wird immer mal gewechselt", bestätigt der Hausherr, der eigens eine Telefonanlage installiert hat. "Damit können wir im ganzen Haus telefonieren. In jedem Raum können Gespräche empfangen werden. Es klingelt in sieben Räumen." Gerade ist das elfenbeinfarbene "W 48" mit der stoffummantelten Schnur angeschlossen, das beim Abheben bimmelt. "Man erfährt Telefonieren ganz anders", sagt der Oerlinghauser Oskar Etzemüller mit Nachdruck.

Leidenschaftlicher Sammler
Nicht nur ein Faible für die alten Telefonapparate hat der Oerlinghauser Oskar Etzemüller. Der pensionierte Pädagoge sammelt auch Bücher, Atlanten, Fotoapparate, Radios, Uhren, Briefwaagen und Miniatur-Oldtimer. Die Geschichte des Telefons beginnt im Jahr 1837, als der US-Amerikaner Samuel Finley Morse den Morsetelegraphen konstruiert. Alexander Graham Bell bringt 1876 in Boston das Telefon erstmals zur praktischen Anwendung. Bells Gerät bestand aus einem Wandler, der abwechselnd als Mikrophon und Fernhörer benutzt wurde.(kap)

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