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Missbrauch Lügde: Niedersächsische Ministerin kündigt Konsequenzen an

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Spurensicherer untersuchen den Wohnwagen, um Erkenntnisse zum Missbrauch zu finden. Das Auto des Hautpverdächtigen wird am 20. Februar abgeschleppt. An diesem Tag werden die Parzellen eingezäunt.   
  - © Archivfoto: Vera Gerstendorf-Welle
Spurensicherer untersuchen den Wohnwagen, um Erkenntnisse zum Missbrauch zu finden. Das Auto des Hautpverdächtigen wird am 20. Februar abgeschleppt. An diesem Tag werden die Parzellen eingezäunt.     (© Archivfoto: Vera Gerstendorf-Welle)

Lügde/Hannover (epd). Die niedersächsische Sozialministerin Carola Reimann (SPD) hat nach dem mutmaßlich tausendfachen sexuellen Missbrauch von Kindern im lippischen Lügde und in Gifhorn einen besseren Schutz von Pflegekindern angekündigt. Die Jugendämter im Land müssten optimiert und der Kinderschutz weiterentwickelt werden, sagte sie am Donnerstag in Hannover. Zuvor hatte der Landrat von Hameln-Pyrmont, Tjark Bartels (SPD), den Sozialausschuss des Landtages über die Vorfälle in seinem Jugendamt informiert.

In dem Amt waren der Ministerin zufolge drei für den Pflegevater belastende Hinweise innerhalb eines halben Jahres falsch eingeschätzt worden, was zu einer "fatalen Fehlentscheidung zulasten des Pflegekindes" geführt habe. Der Landkreis habe zudem Defizite in der Zusammenarbeit des Allgemeinen Sozialen Dienstes und des Pflegekinderdienstes eingeräumt, die beide im Jugendamt angesiedelt sind.

Reimann zufolge soll nun eine Qualitätsinitiative in der Jugendhilfe weiterentwickelt werden. Dabei werde das Jugendamt von Hameln-Pyrmont mit einbezogen. Außerdem sollten die Jugendämter künftig enger mit anderen Behörden und der Polizei kooperieren.

Der sozialpolitische Sprecher der CDU im niedersächsischen Landtag, Volker Meyer, sprach von einem "schwerwiegenden Organisationsversagen". Bartels habe weder die internen Abläufe seiner ihm unterstellten Behörde gekannt noch seien die Mitarbeiter für das frühzeitige Erkennen von Pädophilie sensibilisiert worden. Die FDP-Sozialexpertin Sylvia Bruns forderte Bartels auf, persönliche Konsequenzen zu ziehen.

Auch Meta Janssen-Kucz (Grüne) verlangte eine Aufarbeitung: "Wenn ein System in einer derart wichtigen Frage versagt, muss es im Zweifel geändert werden." Die fachlichen, rechtlichen und personellen Rahmenbedingungen in der Jugendhilfe müssten auf den Prüfstand gestellt und neue Schutzkonzepte entwickelt werden.

Auch der Kinderschutzbund Niedersachsen hatte zu einer grundlegenden Fehleranalyse in den Jugendämtern geraten. Für alle Institutionen, in denen sich Kinder aufhielten und in denen für Kinder gehandelt werde, seien interne Schutzkonzepte nötig, sagte Geschäftsführerin Antje Möllmann dem epd. Zunächst aber müssten die systemischen Ursachen für die Fehler erkannt werden. Nur wenn alle Versäumnisse auf den Tisch kämen, könnten daraus Lehren für die Zukunft erfolgen.

Der Sprecher der Bremer Sozialbehörde, Bernd Schneider, sagte dem epd, sein Bundesland habe bereits vor vielen Jahren Konsequenzen aus dem Fall "Kevin" gezogen. Ein drogensüchtiger Stiefvater hatte im Jahr 2006 das zweijährige Kind zu Tode geprügelt und die Leiche monatelang im Kühlschrank versteckt. Ihm gelang es immer wieder, den verantwortlichen Mitarbeiter des Jugendamtes zu täuschen und seine Tat zu verheimlichen.

Damals seien die jeweiligen Fallmanager allein für ihre Fälle zuständig gewesen, sagte Schneider. "Heute werden alle Fälle von Teams in wöchentlichen Runden betreut." Dies gewährleiste unterschiedliche Perspektiven und verhindere eine Betriebsblindheit.

Auf einem Campingplatz in Lügde sollen mehr als 30 Kinder jahrelang von drei Männern sexuell missbraucht worden sein. Unter den Opfern war auch das Pflegekind des Hauptverdächtigen. Das örtliche Jugendamt kannte den Mann. In einer Wohngruppe in Gifhorn sollen offenbar ebenfalls über Jahre junge Mädchen missbraucht worden sein. Unter Verdacht steht ein Ehepaar, das die Gruppe über 25 Jahre geleitet hat.

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