Explosion im Seniorenheim Bad Pyrmont: Bande sprengt Geldautomaten

Bad Pyrmont. Mit allen verfügbaren Kräften fahndet die Polizei international nach Mitgliedern einer Automatensprenger-Bande, die am frühen Mittwochmorgen an der Dr.-Harnier-Straße in Bad Pyrmont einen Geldautomaten der Deutschen Bank in die Luft gejagt haben. Auch ein Hubschrauber war im Nachteinsatz. Das Ausgabegerät befindet sich im Gebäude der &bdquo;Park-Residenz“.

Um 2.49 Uhr wurden die Bewohner des Wohnstifts durch einen ohrenbetäubenden Knall aus dem Schlaf gerissen. Durch die Druckwelle hob sich ein Ziegeldach an, flogen Glassplitter und größere Trümmerteile 20 Meter weit durch die Luft. In dem SB-Kunden-Center der Deutschen Bank richtete die Explosion erhebliche Verwüstungen an. Abgehängte Decken seien zu Boden gefallen, sagte THW-Fachberater Tobias Tasler, der zunächst aus der Ferne beurteilen sollte, ob die Statik des Hauses in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Ausnahmezustand für Bewohner der Seniorenresidenz

Die Polizei hatte den Tatort sofort weiträumig abgesperrt. Unklar war, ob sich Sprengstoff oder andere gefährliche Substanzen in dem zerstörten Center befinden. Um 5.40 Uhr trafen Entschärfter der Bundespolizei mit einem gepanzerten Lastwagen in Bad Pyrmont ein. Die Delaborierer erkundeten vorsichtig die Lage, untersuchten die Trümmerteile. Feuerwehr und DRK waren mit einem Großaufgebot an Kräften zu der Residenz geeilt.

Drei Notärzte, zahlreiche Rettungswagen aus dem gesamten Landkreis Hameln-Pyrmont und aus den Kreisen Lippe und Holzminden, die Schnell-Einsatzgruppen der DRK-Bereitschaften Bad Pyrmont und Hameln sowie ein Kriseninterventionsteam der Psychosozialen Notfallversorgung des Roten Kreuzes waren zur Park-Residenz gekommen. &bdquo;Wir betreuen die älteren Menschen, kümmern uns um sie. Für die Bewohner ist das ja auch eine Ausnahmesituation“, sagt DRK-Fachberater Matthias Schaffer.

Feuerwehr-Einsatzleiter Maik Gödeke koordinierte und leitete den Großeinsatz, der sich über Stunden hinzog. Zunächst waren die Feuerwehren Bad Pyrmont, Holzhausen und Löwensen alarmiert worden. Es hieß, die Brandmeldeanlage habe Alarm ausgelöst. Viele Feuerwehrleute dürften an einen Routineeinsatz geglaubt haben. Es kam anders.

&bdquo;Auf der Fahrt zur Park-Residenz hat uns die Leitstelle über Funk mitgeteilt, dass wir zu einem Tatort fahren und erst auf die Freigabe der Polizei warten sollen“, erzählt der Stadtbrandmeister. Unklar war, ob sich noch bewaffnete Kriminelle am Tatort aufhalten.

Explosionsgase seien vom Erdgeschoss bis in die sechste Etage gezogen, sagte Gödeke. Feuerwehrleute, die sich mit schwerem Atemschutz ausgerüstet hatten, suchten die Etagen ab. Für die Trupps, die viele Treppen steigen mussten, war das kräftezehrend.

Gödeke ließ den Mitteltrakt – im Erdgeschoss hatte sich die Explosion ereignet – evakuieren. Die Alarmstufe wurde erhöht, Feuerwehren aus Hagen und Thal zur Verstärkung angefordert. Feuerwehrleute brachten die Senioren in Sicherheit. Weil es draußen kalt war, wurden die Frauen und Männer in Rettungsdecken aus Aluminiumfolie gehüllt.

26 Menschen aus Gebäude evakuiert

DRK-Sanitäter schafften alle verfügbaren Tragestühle zur Residenz. Ein Bewohner wurde auf eine Trage gelegt und zu einem Rettungswagen gebracht, viele weitere Menschen mit Roll- und Tragestühlen zur nahe gelegenen Weser-Klinik geschoben. 26 Personen seien aus dem Gebäude geholt worden, sagte Einsatzleiter Gödeke. Zum Glück sei bei der Explosion und durch die Gase niemand verletzt worden.

Es war einer der größten Evakuierungsmissionen der vergangenen Jahrzehnte. Mehr als 100 Freiwillige der Feuerwehr, des DRK und des THW, aber auch viele Polizeibeamte, waren im Nachteinsatz.

Unterdessen läuft die internationale Fahndung nach der vermutlich aus den Niederlanden eingereisten Bande bundesweit auf Hochtouren. &bdquo;Nach ersten Informationen sollen mindestens zwei Personen mit einem dunklen Wagen geflüchtet sein“, sagt Oberkommissarin Andrea Kempin von der Polizeidirektion Göttingen. Trotz sofort eingeleiteter Fahndungsmaßnahmen, an der auch ein Hubschrauber beteiligt war, sei den Tätern die Flucht gelungen. Es sei derzeit noch unklar, ob die Verbrecher Geld erbeutet haben.

Hinweise an die Polizei

Die für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) zuständige Zentrale Kriminalinspektion der Polizeidirektion Göttingen hat die Ermittlungen übernommen. Zeuginnen oder Zeugen können Hinweise bei der Polizei unter 05151-933222 zu melden. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück als Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen wird die Leitung der Ermittlungen übernehmen.

Die Fahndungsmaßnahmen an der Landes- und Bundespolizei, aber auch ausländische Ermittler beteiligt sind, laufen auf Hochtouren. Die meisten Täter gehören nordafrikanischen Banden an, die von den Niederlanden aus operieren.

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