Es geschehen Zeichen und Wunder: Ingo Börchers brilliert im Lügder Klostersaal

Lügde. Er nennt sich Humorarbeiter, doch Ingo Börchers aus Bielefeld ist eher ein sprachliches Maschinengewehr auf zwei Beinen. In anderthalb rasanten Stunden präsentierte er im Klostersaal dem vor Erkenntnissen sprachlosen Publikum mit seinem Programm &bdquo;Zeichen und Wunder“ eine Welt voller Gegensätze. Das war nicht mehr Comedy, das war Kabarett, das hatte Tiefgang und erforderte von den Zuhörern gespannte Aufmerksamkeit, um den gedanklichen Sprüngen und Verwicklungen folgen zu können.

&bdquo;Es soll um die Frage gehen, wie wir das alles zu Ende bringen können“, stellte er in den Raum, um gleich zu postulieren: &bdquo;Ich bin wie ich bin.“ Und diesem dann den lakonischen Satz folgen zu lassen: &bdquo;Wenn mein Ich ein Du wäre – ich würde es siezen“. Damit umriss er schon sein Verhältnis zu sich selber und machte einen Ausflug in die Psychoanalyse, schwenkte zu Siegmund Freud -&bdquo;der der Couch einen immobilen Mehrwert gegeben hat“ -, Erich Fromm und Max Frisch. Das Drei-Instanzen-Modell von Freud, das &bdquo;Es“ für Trieb und Lustprinzip, das &bdquo;Über-Ich“ (Moralitätsprinzip) und das &bdquo;Ich“, der Vermittler dazwischen, war schnell erklärt, &bdquo;bei Donald sind Ich und Es eins. Wir haben den Ausnahmezustand zur Normalität gemacht.“

Rasant mit sprachlichem Witz Börchers springt durch die Themen, prangert den Stillstand und die Resignation an. &bdquo;Wer alles auf morgen verschiebt, ist zukunftsorientiert“, stellt er fest und bedauert: &bdquo;Früher haben die Eltern im Keller einen Partyraum gebaut, heute lagert mein Schwager dort Konserven für den Krisenfall.“ Wir bräuchten, meint er, ein Narrativ wie Zuversicht. Schlimm fände er Begriffe wie &bdquo;Remigration“, diese &bdquo;Deportationsfantasien“, und er macht einen Ausflug ins Grundgesetz. &bdquo;Die Würde des Menschen ist unantastbar, das ist kein Vorschlag und keine Vermutung.“

Mit einem Blick zurück auf die Entwicklung Europas von der EWG bis heute postuliert er: &bdquo;Klischees funktionieren heute nicht mehr, vielleicht sind die Biedermänner die Brandstifter.“ Europa? &bdquo;Jeder Zehnte ist in einem Bett von Ikea gezeugt worden, 74 Millionen Menschen haben also einen skandinavischen Kopulationshintergrund.“

Sogar auf seiner Fahrt von Bielefeld nach Lügde fand er Verwertbares für seine Show, als er bei Bad Salzuflen im Stau stand. Auf einem Baustellenschild war zu lesen: &bdquo;Wenn du hier wohnen würdest, wärst du jetzt zu Hause“.

Es ist ein Ritt durch gendergerechte Sprache, die Demokratie, durch Sicherheit, Energie, Klima und Bildung sowie die Geschichte der Menschheit, und das auf hohem sprachlichem Niveau. Doch bleibt er optimistisch. All das präsentiert er unaufgeregt, in höchster Geschwindigkeit, bewegt sich kaum von seinem Stehtisch fort, liest gelegentlich den Text aus einem großen Buch ab, und doch hängt das Publikum an seinen Lippen, um ja nichts zu verpassen. &bdquo;Natürlich wird die Welt an einem Tag untergehen,“ resümiert er, &bdquo;doch bis dahin geschehen noch Zeichen und Wunder.“

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