Lügde. Am Wochenende hat das Deutsche Rote Kreuz in einer Großübung den Einsatz bei Hochwasser geprobt. Als einziges "trockenes Plätzchen" hielt die St. Marien-Grundschule in Lügde her. Draußen auf dem Platz spielen ein paar Betroffene mit einigen Rot-Kreuz-Helfern Basketball."Hey hier, gib mal schnell", ruft einer.
Beim gemeinsamen Spiel kommt man auch mit wenigen Worten klar. Nach simulierter Katastrophe sieht das auf den ersten Blick nicht aus, aber das Leben geht weiter, und das hier hält eh als Unterkunft für Unverletzte her, die im Ernstfall für kurze Zeit kein Zuhause mehr hätten.
Das haben sie - fiktiv - schon vor ein paar Stunden, zu Beginn der 24-Stunden-Übung der Hameln-Pyrmonter DRK-Gruppe, verloren. Die begann um 13 Uhr. Da wurde es ernst für die ehrenamtlichen Helfer, die zuvor an einer Ausbildung über drei Wochenenden teilgenommen hatten und nach diesem Wochenende endgültig Betreuungsfachhelfer sind.
"Wir haben eine Hochwasserlage angenommen. Deswegen mussten mehrere Menschen sofort und ohne etwas mitnehmen zu können ihre Häuser verlassen. Sie werden hier aufgenommen und gepflegt", stellt DRK-Zugführer Detlef Grollmann die Situation klar. Arbeitsziel: Alle trocken unterbringen, sich um körperliche und seelische Probleme kümmern, für Essen, Medikamente oder eine Bleibe für die nächste Zeit zu sorgen.
"Als erstes kam der Auftrag, das Schulobjekt zu erkunden und dann alles Notwendige für Unterbringung und Verpflegung von 30 Personen herzurichten", beschreibt DRK-Ausbilder Mark-Henry Spindler. Vier Klassenräume wurden geräumt, die Tische und Stühle entlang der Wände aufgestellt, Feldbetten im Raum verteilt, der Flur zum Essen fassen genutzt. In der "Auffangphase", wie Spindler sie nennt, ging es natürlich hektisch zu.
"Die Lehrgangsteilnehmer haben gelernt, wie sie mit den Betroffenen umgehen müssen. Sie haben auch etwas über psychosoziale Notfallfürsorge erfahren", erklärt Spindler. Den Menschen, die im Ernstfall kommen, geht es schließlich nicht besonders gut. Diesen Part haben Rot-Kreuz-Helfer und Jugendliche des Kinderdorfes Lippe aus Barntrup übernommen. Die Evakuierten hatten akuten Hunger, der so früh nicht eingeplant war. Solche Bedürfnisse waren eine weitere Herausforderung für die künftigen Betreuungsfachhelfer.
Nachdem das alles gelöst war, stand am späten Nachmittag die Zerstreuung im Mittelpunkt. Es kamen Computer, Karten- und Brettspiele zum Einsatz. "Einfach nur Rumsitzen ist blöd", schildert jedenfalls Grollmann die jugendliche Gemütslage.
Christian Everding und Karsten Walter, selbst beim DRK, fordern inzwischen vom Feldbett aus noch Luca Grünerts Einfühlungsvermögen, und in der anderen Ecke bittet Lena-Fabienne Bauer um Aufmerksamkeit. Sie ist der Anlass für eine weitere Problemstellung bei der Übung: "Wo bekomme ich Babynahrung und Windeln her. Wie kann ich das regeln?" Zum Glück sind ihre Eltern Marina Scheliong und Florian Bauer einsatzfähig, aber DRK-Gruppenleiterin Nina Kleiszmantat kümmert sich und hat Windeln und Babynahrung besorgt.
Um jene, die im Laufe des Tages keine Unterkunft bei Freunden gefunden haben, müssen sich die Helfer noch in der Nacht kümmern. Davor kommt das Abendessen, und Frühstück gibts am Sonntagmorgen auch noch. Anschließend dürfen alle wieder zurück in die heile Wirklichkeit, und zwar mobil: "Wir konnten in der Simulation zwar nichts mitnehmen, sind aber dennoch mit dem Auto da", schmunzelt Vater Florian Bauer