Oerlinghausen. Beim Unternehmen Gundlach Verpackung haben bisher 400 Menschen gearbeitet. 70 dieser Mitarbeiter haben jetzt ihre Arbeit verloren. Ein drastischer Schritt, zu dem sich die Gundlach-Gruppe am Standort Oerlinghausen gezwungen sah. Im Gespräch mit dieser Zeitung sprach Geschäftsführer Paul von Schubert von einem „emotional herausfordernden Moment", als er die schlechte Nachricht verkünden musste. Er sei „berührt gewesen von den Gesprächen", die er mit den Mitarbeitern geführt hat, sagt er. Gundlach sei ein Familienunternehmen, und er kenne viele der Mitarbeiter, die betroffen seien. „Es sind ja viele junge Leute, die gehen müssen", sagt von Schubert. So sehe es der Sozialplan vor, den die Geschäftsführung über zwei Monate mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelt habe. Junge Leute deshalb, weil die am besten, am leichtesten wieder eine Arbeit finden würden. Er sei sich seiner Verantwortung gegenüber diesen Mitarbeitern bewusst, sagt von Schubert. Aber er habe eben auch eine Verantwortung für die mehr als 300 Mitarbeiter, die bleiben. „Toll ist das alles nicht", sagt er. Thomas Kassen (61), seit 20 Jahren Betriebsratsvorsitzender in Oerlinghausen, hat die Situation etwas anders wahrgenommen. Die Vorschläge der Geschäftsführung für einen Sozialplan habe der Betriebsrat abgelehnt. Die Verhandlungen zogen sich, scheiterten schließlich. Damit wurden die Verhandlungen ein Fall für die Einigungsstelle unter Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Hamm, Holger Schrade. Zwei Transfergesellschaften Drei Tage später hatten die Verhandlungsparteien ein Ergebnis. Es wurden zwei Transfergesellschaften gegründet. Eine für Mitarbeiter, die kurz vor der Rente stehen, und die von der Beschäftigung in der Transfergesellschaft aus in Rente gehen. „Das sind 23 Kollegen", sagt Thomas Kassen. Und eine zweite für die Mitarbeiter, denen gekündigt wurde. Mit der Gründung der Transfergesellschaften ist Kassen „sehr zufrieden". Und auch Paul von Schubert findet die Lösung gut. Sie war nach einem Verhandlungsmarathon am Dienstag um 3.40 Uhr erzielt worden. Die Mitarbeiter bekamen die Information am Dienstag und Mittwoch mitgeteilt. Vorher hatte der Betriebsrat in wöchentlichen Aushängen am Schwarzen Brett über den Stand der Verhandlungen informiert. Vereinbart sind entsprechende Abfindungen und verlängerte Kündigungsfristen, in der Transfergesellschaft gibt es Schulungen, die die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern sollen. Von den Kündigungen betroffen sei jede Abteilung des Unternehmens. „Wir haben auch die Geschäftsleitung reduziert", sagt von Schubert. Die Gründe für die Entlassungen sieht er als Folge der Corona-Pandemie. Das Unternehmen stellt Verpackungen für die Nahrungsmittel- und die Tabakindustrie her. „Im Jahr 2020 haben wir einen drastischen Umsatzausfall gehabt", sagt von Schubert. Großkunden aus dem Tabakbereich hätten Aufträge storniert. „Zunächst waren wir davon ausgegangen, dass das nur ein coronabedingter Knick sei. Aber nach einiger Zeit bekamen wir die Info, dass das vorherige Niveau nicht wieder erreicht werden würde." Die Tabakindustrie produziere in zwölf Werken Produkte für 80 Länder und sei auf den grenzüberschreitenden Verkehr angewiesen. Im Zuge der Pandemie wurden viele Grenzen geschlossen. Die Tabakindustrie konnte ihre Produkte nicht mehr auf den Markt bringen. Anders sieht es bei Verpackungen für die Nahrungsmittelindustrie aus. Da gebe es genug zu tun, sagt von Schubert. Deshalb hätte der Oerlinghauser Betrieb umgestellt werden müssen. Hier wolle man sich nun auf den Nahrungsmittelbereich konzentrieren.