Im Oerlinghauser Freilichtmuseum entsteht Körperschmuck wie in der Steinzeit

Oerlinghausen . Es gibt nur zwei Orte in Europa, an denen eine Veranstaltung angeboten wird, wie sie vom heutigen Freitag bis Sonntag, 13. Juli, im Archäologischen Freilichtmuseum stattfindet: eine Tattoo-Convention, bei der komplett auf elektrisches Werkzeug verzichtet wird. Der zweite Ort ist Visby auf der schwedischen Insel Gotland.

Nach dem Erfolg der ersten Tattoo-Convention im vergangenen Jahr orientierten sich die Organisatoren Miggl Spyra aus Kalletal und Deniz Turhan aus Nürnberg an den vielfach geäußerten Wünschen und verlängerten die Veranstaltung um einen Tag. Die Öffnungszeiten der Convention sind identisch mit denen des Museums: Freitag von 9 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Der Eintrittspreis ist mit dem Eintritt für das Museum abgegolten.

Bei der Veranstaltung bieten 14 Tätowier-Künstler aus acht Ländern Einblick in ihre Arbeit. Sie kommen aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Litauen, Dänemark und Schweden und einer sogar aus Borneo. Dort hat auch die Technik des Hand-Tapping eine tiefe kulturelle Bedeutung. Dabei wird die Tätowiertinte – heute meistens mit einer Einwegnadel – mit der Hand oder indem die Nadel an einem Holzstab befestigt ist, in die zweite Hautschicht gestochen. Eine weitere Technik, die von einigen Künstlern der Convention praktiziert wird, ist das Solar-Branding. Dabei werden die Sonnenstrahlen von einer Glaslinse gebündelt und dann werden Motive in die Haut gebrannt.

Stechen, Brennen, Ritzen, Reiben Miggl Spyra bietet auch das &bdquo;Cut’n’rub“ an. Das ist eine der ältesten Tattoo-Techniken, die heute nach seinen Angaben offiziell nur noch von vier oder fünf Menschen beherrscht wird. Es wird dabei nicht mit Nadeln gearbeitet, sondern mit scharfen Steinsplittern. Damit wird die Haut geritzt (cut) und dann wird Farbe in die Schnitte gerieben (rub).

&bdquo;Wir alle haben uns den urtümlichen Techniken des Tätowierens verschrieben, aber wir halten natürlich alle die modernen Hygienestandards ein“, sagt Spyra. &bdquo;Eine authentische Infektion will niemand.“ Und er stelle auch klar, dass Tattoos nicht eine Erfindung der Neuzeit sind. Bereits in der Steinzeit haben sich Menschen tätowieren lassen und auch Ötzi, die bekannteste Mumie der Jungsteinzeit, weist Tätowierungen auf.

Die meisten der Künstler üben das Tätowieren professionell aus, haben aber laut Spyra oft noch einen Nebenjob, da das Tätowieren oft saisonal begrenzt ist. Einen Hype erlebte die Szene durch die Wikinger-Filme wie &bdquo;Vikings“, sagte Spyra. Nordische Motive seien beliebt. Das aber berge auch das Risiko, dass sich Angehörige der rechten Szene tätowieren lassen wollen. &bdquo;Dagegen grenzen wir uns deutlich ab“, sagen übereinstimmend Spyra und Turhan. Das Freilichtmuseum beziehe gegen die rechte Szene eine klare Position &bdquo;und das unterstützen wir. Wir haben hier keine Tätowierer, denen rechter Kontext egal ist.“

Neben dem Tätowieren wird Besuchern die Möglichkeit gegeben, sich einen Vortrag über die Geschichte des Tätowierens anzuhören, den Künstlern bei der Arbeit zuzusehen, aber auch steinzeitlichen und bronzezeitlichen Schmuck zu erwerben.

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