Kreis Lippe. Es ist gelb, fingerdick und etwa zehn Zentimeter lang: In einem Garten in Brakelsiek ist jetzt ein ungewöhnliches Insekt entdeckt worden. Die Raupe des Totenkopfschwärmers (Acherontia atropos). Der Nachtfalter stammt ursprünglich aus den Tropen Afrikas oder dem südlichsten Europa. Als Wanderfalter fliegt er unter günstigen Bedingungen bis nach Mittel- und Nordeuropa.
Häufig sieht man den riesigen Schmetterling mit dem namensgebenden „Totenkopf" auf dem Thorax hierzulande allerdings nicht. Denn das Insekt ist kälteempfindlich und die Raupen überleben deshalb hierzulande nicht, wie der lippische Nabu-Schmetterlingsexperte Hans Dudler erläutert.
Erste Sichtung lippeweit
Die in Brakelsiek gefundene Raupe ist die erste, die ihm lippeweit in diesem Jahr gemeldet worden sei, sagt Dudler. Sie soll laut Internet ein schlechtes Omen sein. Da winkt der Nabu-Experte allerdings ab, denn die Sache mit dem Unglücksboten ist in seinen Augen ein Märchen. Allerdings: Wer jetzt die Assoziation zu "Das Schweigen der Lämmer" und Hannibal Lecter hat, dem wird zu recht etwas mulmig.

Und ehrlicherweise ist die Raupe schon furchterregend, das liegt auch an ihrer Signalfarbe und ihrer imposanten Größe. Ist sie giftig? "Nun, sie ernährt sich von Nachtschattengewächsen, und die sind giftig. Also ist sie auch giftig", sagt Dudler. Allerdings nicht "von außen" - also darf man sie ruhig anfassen, wenn man sich denn traut. Nur essen sollte man sie nicht - aber darauf legt noch nicht mal die sonst sehr gefräßige Hündin wert, die nur mal schnuppert und dann abdreht.
Falter wurde von Bienen "erstochen"
Dudler selbst hat noch nie die Raupe eines Totenkopfschwärmers gesehen - wohl aber die Überreste des Falters, der in einem Bienenstock von den Arbeiterbienen im wahrsten Wortsinn "erstochen" worden ist. Denn die Totenkopfschwärmer dringen in Bienenstöcke ein und ernähren sich von Honig. Dafür, erklärt Dudler, haben sie einen speziellen Rüssel.

Als Schädling, der sich im Garten an Obst und Gemüse gütlich tut, sind die Raupen übrigens nicht bekannt. Aber der Schmetterling hat noch mehr Besonderheiten: Er zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu zwölf Zentimetern und seinem dicken Körper zu den größten Arten Europas. Und er kann durch einen Mechanismus in der Mundhöhle pfeifende oder zirpende Geräusche erzeugen.
Zurück zur gefundenen Raupe: Wer ein solches Exemplar im Garten entdeckt, sollte es aufnehmen und ihm ein trautes Heim in einem Kästchen mit Kompost oder Torferde schaffen und es füttern, damit es sich verpuppen kann und später ein Falter daraus entstehen kann. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Puppe in unseren Breitengraden überlebt, ist sehr gering, sagt Dudler: "Die Insekten sterben beim ersten Frost." Die Chancen stehen also mehr als schlecht, dass die Raupen hierzulande im Frühjahr als Schmetterlinge schlüpfen.
Das Böse im "Schweigen der Lämmer"
Und was hat das jetzt mit dem "Schweigen der Lämmer" zu tun? Auf Grund seiner Lebensweise und der imposanten Erscheinung mit dem namensgebenden „Totenkopf" auf demThorax galt der Falter lange Zeit als unheilbringend. In dem Kult-Thriller von Thomas Harris (1988) wurde er Inbegriff des Bösen. Serienmörder Buffalo Bill platziert die Puppe des riesigen Falters im Mund seiner Opfer. Der inhaftierte Psychiater und Kannibale Hannibal Lecter liefert die Erklärung: So wie die Puppe zum Schmetterling werde, wolle auch der Serienkiller sich entpuppen und zur Frau werden.