Schieder-Schwalenberg. Jahr für Jahr macht sich die Schieder-Schwalenberger Stadtverwaltung daran, Wirtschaftswege in ihrem etwa 250 Kilometer langen Netz zu verbessern. Sie verhandelt mit den Landwirten, und dann teilen sich beide Seiten die jeweiligen Kosten, die Landwirte bringen dafür ihre Einnahmen aus der Jagdpacht ein. Damit sind keine großen Sprünge zu machen, das Ganze ist und bleibt ein Flickwerk. Doch es könnte eine Lösung geben, bei der sich auch das Land mit einer Förderung einbringen würde. Bedingung: Die Stadt muss ein Wirtschaftswegekonzept erstellen.
Wie das funktioniert, hat jüngst Planer Bernd Mende von der Gesellschaft für kommunale Infrastruktur in Melle den örtlichen Politikern erklärt. Er ist in Lippe kein Unbekannter, hat er doch bereits in Schlangen ein Wirtschaftswegekonzept aufgestellt.
„Überwiegend sind die Wirtschaftswege im ländlichen Raum heute sehr alt, die Netzstruktur ist stark verzweigt und verläuft teilweise parallel“, schildert der Fachmann das Problem. Und dabei würden die Wege noch nicht einmal den heutigen Anforderungen gerecht: „Sie sind viel zu schmal und nicht tragfähig genug für schwere Landmaschinen, und andererseits werden sie längst nicht mehr nur für die Landwirtschaft, sondern auch für Freizeit und Erholung benutzt.“
Kompletter Bestand wird erfasst
Also muss sich die Stadt erst mal den kompletten Bestand anschauen und die Struktur ganzheitlich betrachten: Welche Strecken würden eine Sanierung lohnen und wären sogar multifunktional nutzbar, welche sind eigentlich übrig und könnten renaturiert werden? „Das Ziel sind bedarfsgerechte Wege, die gleichzeitig finanzierbar sind“, betont Mende.
Die Ge-Komm bietet an, zunächst das komplette Wegenetz zu analysieren, ein Konzept für den gewünschten Zustand zu erarbeiten und die Schieder-Schwalenberger Bürger dabei mit ins Boot zu holen: Welche Wege sind ihnen wichtig?
Bei der Analyse bedienen sich die Experten digitaler Luftbilder ebenso wie einer Datenbank zu allen öffentlichen Flurstücken. Eisenbahnlinien, Bahnübergänge, Brücken und das übergeordnete Straßennetz sowie die Buslinien sollen dabei natürlich auch eine wichtige Rolle spielen wie Rad-, Wander- und Reitwege sowie die touristischen Ziele im gesamten Stadtgebiet.
Überdies schauen sich die Experten vor Ort um und erstellen eine Fotodokumentation, erheben die technischen Daten der einzelnen Wege inklusive des Zustandes und schauen sie sich im Hinblick auf die Nutzung an.
Kategorisierung online einsehbar
Sämtliche Wege werden bewertet und in neun verschiedene Klassen je nach Bedeutung und Nutzung eingestuft, bevor die Firma Ge-Komm Handlungsempfehlungen für jeden einzelnen Weg abgibt, die vom Rückbau über die Erhaltung im Bestand bis hin zur Aufwertung reichen können.
Die Kategorisierung ist wichtig, um Fördermittel beim Land zu beantragen, darum orientieren sich die Planer dabei an den Richtlinien des Landes NRW.
Am Ende bekäme die Stadtverwaltung die Handlungsempfehlungen als digitalisierten Plan an die Hand, auf dem jeder einzelne Streckenabschnitt farblich markiert ist. Ein multifunktionaler Wirtschaftsweg, der also von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen genutzt wird und für wichtig erachtet wird, erschiene auf diesem Plan in Orange, ein entbehrlicher Weg in Lila. Die Bürger können zu jeder Empfehlung online ihre Meinung abgeben, dafür richtet das Unternehmen Ge-Komm eigens eine Internetplattform ein, so dass eventuelle Kritik direkt an der richtigen Stelle landet und die Planer jede Stimme berücksichtigen können.
Die Förderquote des Landes für eine „nachhaltige Modernisierung ländlicher Infrastruktur“ beträgt 60 Prozent der Kosten, in LEADER-Regionen 70 Prozent.
Aber nicht nur die spätere Sanierung von Wirtschaftswegen kann auf der Grundlage eines solchen Konzeptes vom Land bezuschusst werden, sondern auch die Erstellung des Konzeptes selbst. Allerdings muss ein Antrag dafür bis Ende Oktober beim Land eingehen, und vorher würde Schieder-Schwalenberg auch kein Geld bekommen: „Damit würden wir ja ein ganzes Jahr verlieren“, sagt Bürgermeister Jörg Bierwirth, und das fänden auch die Lokalpolitiker nicht gut.
Alternativ könnte die Stadt das Konzept aber bereits jetzt in Auftrag geben und aus der Stadtkasse bezahlen - etwa 30.000 Euro. Damit könnten sich die Lokalpolitiker durchaus anfreunden, allerdings zunächst unter der Prämisse, dass sich auch der Landesverband anteilig an den Kosten beteiligen wird, der eine ganze Reihe von Wirtschaftswegen im Stadtgebiet in seinem Besitz hat. Darüber hat man auf Schloss Brake jedoch noch nicht entschieden, wie der Landesverbandsvorsteher der LZ auf Nachfrage erklärte.