Die Zukunft von Fleisch und Wurst: Ein Interview mit dem Obermeister der Fleischer-Innung

Schlangen. Marktforschungsinstitute fragen regelmäßig in der Bevölkerung nach, wie sich die Einkaufs- und Essgewohnheiten entwickeln. Das auffälligste Ergebnis: Der Anteil der vegetarischen Produkte steigt. Die Zahl derer, die täglich Wurst und Fleisch essen, ist dagegen in den vergangenen Jahren gesunken. In Lippe ist der Schlänger Thorsten Schröder seit 2012 Obermeister der Fleischer-Innung. Die LZ befragte ihn zu diesem Thema.

Herr Schröder, Fleisch gehört für die Lipper auf den klassischen Mittagstisch. Oder?

Thorsten Schröder: Von welchem &bdquo;klassischen" Mittagstisch sprechen wir? 1950 oder 2021? Die Esskultur hat sich geändert. Fleisch gehört auf den Mittagstisch, ja, aber nicht mehr jeden Tag in der Woche. In der Corona-Krise haben die Mahlzeiten nicht zuletzt wegen der stärkeren Aktivitäten im Home-Office einen anderen Stellenwert. Das zeigt sich sogar daran, dass wir mehr Aufschnitt verkaufen. Die Familien essen wieder stärker alle zusammen an einem Tisch.

Aktuell beeinflussen vor allem Veggietrends den Fleischmarkt. Wo geht die Reise hin?

Dieser Trend rückt womöglich stärker in den Fokus, aber ich denke, dass trifft eher auf Ballungszentren zu. Im ländlichen Raum spielt das keine so große Rolle. Bäcker und Fleischer sind heutzutage grundsätzlich breiter aufgestellt. Und die Hofläden spielen ebenfalls eine andere Rolle. Wir nehmen in unserer Kundschaft zudem differenzierte Konzepte innerhalb der Familien wahr. Ich weiß von einer Mutter, die Vegetarierin ist, bei uns aber regelmäßig Fleisch für die Kinder und den Mann kauft.

Steigt allgemein das Interesse an Biofleisch?

Sicherlich, aber stärker bei den Kunden, die es sich leisten können. Ein stärkeres Augenmerk fällt auf die Regionalität, also &bdquo;kurze Wege" und die Fragen des Tierwohls.

Ihr Betrieb ist zwar noch in Lippe, aber in unmittelbarer Nähe zu Paderborn – wissen Sie immer, wo das Tier, das zur Wurst wird, herkommt?

In der Regel schon. Mein Rindfleisch kommt beispielsweise aus Feldrom, geschlachtet wird bei Florian Sonnet in Stukenbrock, der übrigens für viele lippische Landwirte Schweine schlachtet. Das trifft auch für Lütkemeier in Kalletal-Bavenhausen zu. Die kleinen Landwirte fahren ihre Tiere nicht zum großen Schlachthof an der A2. Je ländlicher die Region, desto besser sind auch die Kunden informiert. Wir leben hier in der Nähe von Feldern und Ställen, wo man die Tiere noch sieht. Das ist in der klassischen Innenstadt ganz anders.

Regionalität spielt eine immer stärkere Rolle der Marketingkonzepte rund um das Thema Fleisch?

Ich denke schon, vielleicht nicht immer in den großen Firmenkantinen, da spielt der Preis schon eine dominierenden Rolle, aber unterm Strich gewinnt die handwerkliche Arbeit vor Ort wieder an Profil.

Gleichzeitig heißt es, die Nachwuchssuche für Metzgereien werde schwieriger. Findet die Branche noch junge Menschen, die eine Ausbildung zum Metzger und zur Metzgerin anstreben?

Wir hatten eine Phase, in der es wirklich schwer war. Da spielte auch die Suche nach Betriebsnachfolgern eine Rolle. Mittlerweile interessieren sich verstärkt wieder mehr Söhne und Töchter für die Übernahme der heimischen Fleischerei. Wir sprechen dabei nicht nur vom Ladengeschäft. Einige Anbieter gehen parallel auf die Wochenmärkte, betreiben einen Partyservice und beliefern natürlich vor Ort auch die Gastronomie oder eben im Einzelfall mal eine Kantine. Wir haben früher beispielsweise mal größere Mengen Kohlwurst an die Bundeswehr in Augustdorf geliefert.

Hängt es wie so oft am Preis?

Schon, günstig sollte es sein, aber es muss nicht billig sein.

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