Detmold. Mit drastischen Schilderungen von drei Holocaust-Überlebenden ist der vierte Prozesstag vor dem Detmolder Landgericht zuende gegangen. Den Auftakt bildete die Fortsetzung der Zeugenaussage von Irene Weiss. Auf die Wand des Gerichtssaaals wurden Fotos projiziert, die unter anderem eine wartende Gruppe Menschen zeigte - darunter auch die beiden kleinen Brüder von Irene Weiss und ihre Mutter. Sie schauen arglos in die Kamera des unbekannten SS-Fotografen: "Sie wussten nicht, was mit ihnen geschieht. Kurz danach mussten sie in die Gaskammern", berichtete Irene Weiss.
"Ich war nur 20 Tage in Auschwitz, aber es fühlte sich an wie 20 Jahre", berichtete William Glied dem Gericht, das seit dem 11. Februar gegen den ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning aus Lage verhandelt. Ihm wirft die Anklage Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen in Auschwitz vor.
Glied betonte, dass er keinen Hass gegen den Angeklagten hege: "Ich kenne Herrn Hanning gar nicht. Aber ich kann nicht vergessen. Und ich hoffe, dass die Verurteilung dieses SS-Offiziers helfen wird, die verbleibenden Holocaust-Skeptiker zum Schweigen zu bringen."
Zum Abschluss kam Mordechai Eldar zu Wort. Der Nebenkläger war aus Israel angereist. Er war als 14-Jähriger im Mai 1944 ins KZ Auschwitz gekommen, überlebte drei Selektionen, bevor er ins KZ Sachsenhausen und später nach Mauthausen kam. Er berichtete auch von sexuellen Übergriffen auf die Kinder in Auschwitz und von Kannibalismus.
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