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Weiter keine Spur von Karl Friedrich Meyer

Vor mehr als zwei Jahren verschwand der 47-jährige Hüllhorster unter mysteriösen Umständen / Indizienprozess bringt kaum Greifbares

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Wie schon am Tag der Vermisstenanzeige spricht Christiane R. immer wieder Meyers sexuelle Neigung zu Männern an. Man habe regelmäßig Parkplätze angefahren, wo sich Menschen zum Sex verabreden würden, auch homosexuelle Männer. Darunter war auch der Parkplatz unterhalb des Kaiser Wilhelm Denkmals in Porta Westfalica. In ihrer Anwesenheit, so Christiane R. bei den Vernehmungen, sei man jedoch nur als Voyeure aufgetreten. "Ich wollte mich nicht von Fremden anfassen lassen" sagte sie laut Protokoll.

Auch am 21. Oktober 2012 - am Tag des Verschwindens - hätten Karl Friedrich Meyer und Christiane R. bei einer Ausfahrt am Parkplatz Togdrang in Bielefeld gehalten. "Am Mercedes-Autohaus in Brackwede links hoch", so ihre Beschreibung. Der Waldparkplatz an der Osningstraße gilt als Treffpunkt schwuler Männer. Monate später meldet sich ein Zeuge nach der Sendung Aktenzeichen XY bei der Polizei. Er will Meyers Jeep Wrangler am 23. Oktober auf genau diesem Parkplatz gesehen haben - also zwei Tage nach seinem Verschwinden. Die Kripo findet ein baugleiches Fahrzeug mit Osnabrücker Kennzeichen, dass heute noch in der Gegend unterwegs sein soll - die Sichtung des Jeeps verliert an Bedeutung. Über einen Antrag der Verteidigung, den Zeugen im Prozess noch einmal zu befragen, hat das Gericht noch nicht entschieden.

Aus den Reihen der Ermittler heißt es, die Hinweise von Christiane R. auf Meyers Bisexualität seien nur ein Störfeuer, um vom tatsächlichen Täter abzulenken (siehe Kasten). Jörg Z. stammt aus Bad Oeynhausen, beendet dort die Hauptschule und schmeißt später eine Dachdeckerlehre. Vor dreißig Jahren, im Oktober 1984, steht er zum ersten Mal vor Gericht. Bis heute folgen über 70 Straftaten, meist für Diebstahl und Fahren ohne Führerschein. 1988 wird er wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Über sieben Jahre seines Lebens verbringt er hinter Gittern.

Seine Straftaten begeht er nicht sonderlich geschickt - eine Streife erwischt ihn in Bad Lippspringe in flagranti, als er die Fensterfront eines Sonnenstudios mit einem gestohlenen Pkw zerstört und im Innern nach Bargeld sucht - doch in der Haft kommt Jörg Z. deutlich besser klar, als außerhalb des Gefängnisses. Die Anstaltsleitung attestiert ihm ein "beanstandungsfreies Vollzugsverhalten".

Als Jörg Z. im Frühjahr 2012 die damals noch teuer gekleidete Christiane Z. in ihrem weißen BMW Z4 kennen lernt, "passt sie in sein Schema", wie der Inhaber einer Schnathorster Grillstube aussagt, wo sich beide öfters trafen. Ein Statussymbol wird Jörg Z. schließlich auch zum Verhängnis.

Karl Friedrich Meyers "Rolex Submariner", die er am Tag seines Verschwindens trug, wurde über einen Mittelsmann an einen Händler verkauft. Die Ermittler können nachweisen, dass Jörg Z. der eigentliche Verkäufer war. Das Geschäft wird am 2. November 2012 abgewickelt - nur zehn Tage nach Meyers Verschwinden. Seit dem 22. Januar 2014 sitzt Jörg Z. in Untersuchungshaft - ohne Probleme zu machen.

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