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Weiter keine Spur von Karl Friedrich Meyer

Vor mehr als zwei Jahren verschwand der 47-jährige Hüllhorster unter mysteriösen Umständen / Indizienprozess bringt kaum Greifbares

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Am 23. November 2012, einen Monat nach der Vermisstenanzeige, nimmt ein Anwalt aus Hüllhorst seine Arbeit auf. Als Abwesenheitspfleger vom zuständigen Amtsgericht Lübbecke bestellt, soll er sich um die vermögensrechtlichen Dinge des Verschwundenen kümmern. Darunter fällt vor allem das Haus im Schnathorster Holz, dass noch nicht abbezahlt ist. Die Sparkasse hatte die Konten Meyers gesperrt. Am Nachmittag seines ersten Arbeitstages findet er ein Bankschließfach leer vor, ebenso den Tresor im Schnathorster Holz. "Die Lebensgefährtin machte nicht den Eindruck einer verzweifelten Frau. Sie drückte auf die Tränendrüse und wollte Geld von mir", sagte der Anwalt vor Gericht. Da immer mehr Rechnungen auflaufen, lässt er am 10. Januar 2013 Meyers Porsche Cayenne abholen, um den Wagen zu verkaufen. Außerdem will er die Einrichtung des Hauses Anfang Januar von einem Sachverständigen bewerten lassen. Christiane R. verschiebt den Ortstermin dreimal. Monatelang kommt es zu keinem Treffen.

Am 16. März 2013 stehen die Mutter und Schwester Meyers vor dem Haus Schnathorster Holz. Als sie die Jalousien ein Stück hochschieben, sehen sie nur noch leere Räume hinter der Fensterscheibe. Die Familie informiert den Abwesenheitspfleger, der am 22. März 2013 tatsächlich einen Ortstermin mit Christiane R. hat. "Im Haus befand sich nur noch ein Wohnzimmerschrank und bergeweise Klamotten. Selbst die Küche war weg", sagt der Anwalt, der die Polizei informiert. Drei Tage später wird Christiane R. auf der Wache Lübbecke vernommen - als Zeugin, nicht als Beschuldigte. "Ich bin nicht davon ausgegangen, dass sie mit dem Verschwinden Meyers etwas zu tun hat", sagt der Kripobeamte. "Die Verdachtsmomente waren nicht ausreichend." Kurze darauf nimmt eine achtköpfige Ermittlungskommission die Arbeit auf. Zu diesem Zeitpunkt ist Karl Friedrich Meyer seit fünf Monaten spurlos verschwunden.

Christiane R. lernt Meyer vor etwa zehn Jahren bei der Arbeit kennen. Im Club Steinegge, einem Bordell zwischen Vlotho und Bad Oeynhausen, geht sie der Prostitution nach, Meyer ist ihr Kunde. Wegen der Markentreue bei seinen Fahrzeugen und dem großzügigem Auftreten wird er von der Belegschaft nur "Porschemann" genannt. Auch im Café Wien nahe der Autobahn A 30 in Löhne-Gohfeld ist er Stammgast.

Meyer, der seit vielen Jahren mit einer Frau aus Hüllhorst zusammen lebt, beendet diese Beziehung und lässt die dann Ex-Prostituierte Christiane R. bei sich im Hüllhorster Heideweg einziehen. Dort ist auch die Massagepraxis, wo schon Meyers Vater Patienten behandelte. Der Sohn erarbeitet sich seit Anfang der 1990-er Jahre nicht nur einen exzellenten Ruf, er scheint auch ein Arbeitstier zu sein. Zehn Stunden Tage ohne Mittagspausen sollen die Regel gewesen sein. "Er hat so um die 1.000 Euro am Tag eingenommen", sagt Christiane R. zu den Ermittlern - nahezu alles in bar und offenbar weitgehend unversteuert. Als Karl Friedrich Meyer zwei Jahre vermisst wird, erlässt das Finanzamt Lübbecke im Oktober 2014 eine Pfändungsverfügung über Steuerschulden in Höhe von knapp 600.000 Euro.

Nach ihrem Einzug bei Meyer geht Christiane R. auf seinen Wunsch hin keiner Tätigkeit mehr nach. Von ihm erhält sie zwischen 50 - 100 Euro pro Tag - für die Dinge des Lebens, wie sie sagt. Angaben zur Höhe ihres Taschengeldes variieren während des Prozesses.

Christiane R. erzählt der Kripo auch von gemeinsamen Swingerclubbesuchen, die an den Wochenenden zur Regel werden. Dabei kommt es zu einer kuriosen Begegnung. Im Bielefelder Club "Why not" treffen beide auf den Ex-Mann von Christiane R., Jörg S., mit dem sie zwei nahezu erwachsene Söhne hat. Jörg S. erscheint im Club mit neuer Freundin, die er seinem älterem Sohn ausgespannt hat. Auch sie arbeitet als Prostituierte, die Hochzeit findet im Oktober 2012 statt. Jörg S. soll von Hartz IV und den Einkünften seiner Frau leben.

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