Borgholzhausen/Esenshamm. Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Und so wurde die erst 23-jährige Melanie Worm aus Borgholzhausen quasi über Nacht zu einer vierfachen Mutter. Ihr Onkel und ihre Tante starben kurz hintereinander und ließen vier Kinder im Alter von 13 bis 19 Jahren zurück. Die junge Soldatin zog kurzerhand zu ihnen nach Esenshamm und hat inzwischen für die drei Minderjährigen das Sorgerecht beantragt.
Claus Krüger, der Vater der vier Waisen, starb im Oktober nach langer, schwerer Krankheit. Kurz vor Weihnachten wurde auch Mutter Marion plötzlich krank. Melanie Worm, die ihre Tante und die vier Kinder über Weihnachten besuchte, rief aufgrund des besorgniserregenden Zustands ihrer Tante den Krankenwagen. Dass die 50-Jährige an einer sehr seltenen Herzkrankheit litt, an der sie Silvester schließlich verstarb, ahnte zu dem Zeitpunkt noch niemand.
Jugendamt signalisiert Zustimmung
Zwei Tage nach dem Tod der Mutter meldete sich das Jugendamt. Im Gespräch mit der Sozialarbeiterin wurde deutlich, dass die Kinder in ein Heim oder in verschiedene Pflegefamilien kommen sollten. "Da habe ich gesagt, dass ich das Sorgerecht für die Kinder haben will", erzählt Melanie Worm. Sie habe auf jeden Fall verhindern wollen, dass die vier Geschwister auseinandergerissen werden.
Von da an ging alles ziemlich schnell. Melanie Worm, als Zeitsoldatin in Leer stationiert, ließ sich vom Dienst freistellen, gab ihre Wohnung in Papenburg auf und zog in das Elternhaus der vier Geschwister nach Esenshamm, 20 Kilometer südlich von Bremerhaven. Es folgten mehrere Gespräche mit dem Jugendamt und schließlich eine Anhörung vor Gericht. Das Jugendamt habe inzwischen seine Zustimmung signalisiert, so dass der Gerichtsentscheid nur noch Formsache sei, sagt Melanie Worm. Mit der Sorgerechtsentscheidung rechnet die Zeitsoldatin täglich.
Mit viel Einfühlungsvermögen, aber auch mit Konsequenz organisiert sie nun den strammen Alltag der Familie. Die 23-Jährige muss jeden Tag einen Arbeitsweg von 100 Kilometern zurücklegen - hin und wieder zurück. Ché, der älteste der vier Krüger-Geschwister, macht eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Die drei Jüngeren, Camen (16), Chantal (15) und Claif (13), gehen noch zur Schule. Im Haushalt anpacken müssen alle.
Große Hilfsbereitschaft
Kniffelig ist auch die finanzielle Lage der Familie. "Die Waisenrente ist noch nicht durch, nicht mal die Halbwaisenrente wurde bisher gezahlt", sagt Melanie Worm. Zur Verfügung haben die fünf nun lediglich das Gehalt der Soldatin und das Kindergeld.
Doch die Geschichte der Familie hat sich inzwischen wie ein Lauffeuer herumgesprochen und nicht nur in Esenshamm eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. "Nun bekomme ich Mails, Briefe und Facebook-Nachrichten aus allen Ecken Deutschlands und sogar aus Polen und Frankreich", sagt Melanie Worm. Manche schicken Geld oder einen Scheck, andere Pakete mit Lebensmitteln oder Kleidung für die Kinder.