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Melanie Worm erhält Vormundschaft für ihre Cousins

23-Jährige übernimmt nach dem Tod von Onkel und Tante Verantwortung

Anke Schneider

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Wollen ihr Schicksal gemeinsam meistern: Melanie Worm (23) mit den vier Waisen Ché, Carmen, Chantal und Claif. - © Anke Schneider
Wollen ihr Schicksal gemeinsam meistern: Melanie Worm (23) mit den vier Waisen Ché, Carmen, Chantal und Claif. (© Anke Schneider)

Borgholzhausen/Esenshamm. Melanie Worm ist überwältigt von der Anerkennung, die ihr entgegengebracht wird. Die erst 23-jährige Borgholzhausenerin hatte im Januar für ihre Cousins und Cousinen, die innerhalb von zweieinhalb Monaten Vater und Mutter verloren haben, das Sorgerecht beantragt. Nun hat ihr das Gericht die Vormundschaft übertragen.

Das Schicksal von Ché (19), Camen (16), Chantal (15) und Claif (13) Krüger aus dem Landkreis Wesermarsch bewegt die Menschen nicht nur in ihrem Heimatdorf Esenshamm. "Ich bekomme Post, E-Mails und Facebook-Nachrichten aus ganz Deutschland und sogar aus dem angrenzenden Ausland", sagt Melanie Worm. Alle wünschen der Familie viel Kraft, loben die junge Frau für ihren selbstlosen Einsatz und wollen helfen.

Im Oktober verloren die Geschwister Krüger ihren Vater nach langer schwerer Krankheit. Silvester starb dann auch die Mutter, erst 50 Jahre alt, plötzlich und unerwartet an einem seltenen Herzfehler. Melanie Worm war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, hatte ihre Tante und die vier Kinder über Weihnachten besucht, und musste nun eine Beerdigung organisieren und die vier völlig verzweifelten jungen Menschen auffangen.

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"Zwei Tage nach dem Tod der Mutter kam das Jugendamt auf mich zu", erzählt die 23-jährige Zeitsoldatin, die in Leer stationiert ist. Die Kinder sollten in ein Heim oder in Pflegefamilien untergebracht werden. Ohne lange zu überlegen, beantragte die gebürtige Borgholzhausenerin das Sorgerecht für die drei Minderjährigen. "Die Kinder sollten nicht auch noch auseinandergerissen werden", sagt Melanie Worm.

Hilfsbereitschaft tröstet

"Ich habe nicht lange überlegt, ich habe es einfach gemacht", berichtet die junge Frau, die vor wenigen Wochen noch ihre Freiheit genoss, mit Freunden unterwegs war und noch so gar nicht an Familie dachte. Nun muss sie Hausaufgaben kontrollieren, Aufgaben im Haushalt verteilen, die Kinder zum Fußballtraining fahren, zu Elternsprechtagen gehen oder auch mal ein Machtwort sprechen, wenn Absprachen in der Familie nicht eingehalten werden. "Ich tue all das, was ich bei meinen Eltern noch vor Kurzem verflucht habe", sagt Melanie Worm.

Dennoch verkennt sie nicht, welch harten Schicksalsschlag die Kinder verdauen müssen. Wann immer es erforderlich ist, setzt man sich zusammen, redet über Gefühle und vergangene Zeiten, schaut alte Fotos an. Die Hilfsbereitschaft der Menschen um sie herum tröstet ein wenig. Im Ort wurde eine Spendenaktion organisiert, Menschen brachten Lebensmittel oder Kleidung, Handwerker reparierten die größten Schäden an dem in die Jahre gekommenen Elternhaus.

Durch die Aktivitäten im Dorf wurden auch die Medien auf die Familie aufmerksam und ihr Schicksal bundesweit bekannt. Tausende von Menschen machen der Familie Mut, wollen helfen. Auf ein Spendenkonto ist innerhalb von vier Wochen schon viel Geld geflossen. "Das hilft unheimlich", sagt Melanie Worm, die für fünf Personen derzeit nur ihr Soldatengehalt und das Kindergeld zur Verfügung hat. Die Waisenrente ist noch nicht durch.

Umzug steht an

Der nächste Kraftakt wird der Umzug in ein neues Haus oder eine große Wohnung sein. "Das Elternhaus ist nicht zu halten, die Kinder werden das Erbe ausschlagen müssen", so Melanie Worm. Das 113 Jahre alte Gebäude sei vollkommen marode und überschuldet. "Es ist allerdings nicht so leicht, mit vier Kindern, zwei Hunden und einer Katze etwas Neues zu finden", so die Soldatin.

Die Kinder wollen in der Nähe bleiben. Hier gehen sie zur Schule, hier haben sie ihre Freunde. "Und hier liegen schließlich Mama und Papa begraben", zeigt die junge Frau Verständnis. Schließlich hat sie selbst erst vor zwei Jahren durch einen Motorradunfall ihren Vater verloren und weiß, wie groß der Schmerz sein muss. "Ich bin froh, dass ich meine Mutter noch habe." Elke Worm hat ihre Tochter und ihre vier Nichten und Neffen von Borgholzhausen aus im Blick und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Urlaub für die Familie

Ein Campingplatzbesitzer aus Bramsche spendiert der Familie sogar einen kostenlosen Campingurlaub. "Das finde ich toll - die Kinder waren noch nie im Urlaub", sagt Melanie Worm. "Ich bin wirklich gerührt, wie viele Menschen uns helfen wollen", sagt die 23-Jährige. Und auch für die Kinder sei es ein großer Trost, zu spüren, dass sie in dieser Situation nicht alleine sind.

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