Bielefelder Reaktionen auf den Terroranschlag

Bielefeld. Es war eine kurze SMS von Beate Teubert von der Deutsch-Französischen Gesellschaft an Oberbürgermeister Pit Clausen - und dann ging es schnell: Clausen bat die Stadtwerke, die Sparrenburg in den Farben Frankreichs anzustrahlen. Und so zeigt die Burg nun die Verbundenheit der Bielefelder mit den Menschen im vom Terror heimgesuchten Nachbarland. "In dramatischen Momenten transportierten solche symbolischen Aktionen das, was viele Menschen empfinden", sagt Teubert. So reiht sich die Burg noch bis Dienstag ein in die Kette der weltweit beleuchteten Gebäude. Teubert dankt Clausen ausdrücklich: "Er hat schnell und sehr unkompliziert reagiert." Sie betont die besonderen Beziehungen zu Frankreich. "Es fühlt sich an, als wäre es uns passiert, so eng und fest sind unsere Beziehungen." Offenbar hat keines der 120 Vereinsmitglieder einen nahestehenden Menschen bei den Attentaten verloren, "ich habe da-von zumindest nichts gehört". Antworten nur schwer zu finden DFG-Schatzmeister Bernhard Kuhtz zeigte sich "entsetzt und verwundert" über die Anschlagsserie; wie so viele Menschen bemühte er sich um einen Zugang zu den Gründen: "Ist das aus der ökonomischen Lage heraus zu verstehen? Sind das Menschen, die sich seelisch völlig abgehängt haben von den Werten dieser Welt?" Fragen, auf die Antworten nur schwer zu finden seien. Und, so Kuhtz, "unsere Gesellschaft ist auf dieser Ebene wehrlos". Doch es gebe immerhin das Signal, "dass wir uns unsere Freiheit nicht verbieten lassen". Er ist sich sicher, dass die räumliche und zeitliche Nähe zum Fußballspiel kein Zufall war: "Da sollte ein Fanal gesetzt werden gegen die deutsch-französische Freundschaft". Aus anderer Perspektive, aber genauso erschüttert zeigten sich zahlreiche Bielefelder kurdischer Herkunft. Ihre Angehörigen im Irak und in Syrien sind mit dem Terror des Islamischen Staates seit Monaten konfrontiert. Sie kennen die Ängste, die die Terroristen verbreiten besser als alle anderen. Das vor allem kurdische "Bündnis der demokratischen Kräfte OWL" lud am Samstag spontan zum Trauermarsch durch die Innenstadt ein. Große Sorgen, dass der IS auch nach Deutschland kommt Knapp 200 Menschen kamen zum Jahnplatz. Unter ihnen Atalan Baharam aus Gütersloh. Vor sich hält er ein Schild mit den Worten: "Je suis Paris". Damit will er nicht nur Anteilnahme zeigen, Baharam hat Angst: "Es ist das erste Mal, dass der Islamische Staat in Europa so zuschlägt", sagt der Kurde. "Ich habe große Sorgen, dass der IS nun auch nach Deutschland kommt." Auch Bürgermeisterin Karin Schrader stand sichtlich unter dem Eindruck der Terrorgeschehnisse, als sie am Samstag die Menschenkette gegen Rassismus auf dem Kesselbrink eröffnete: "Meine Schwiegertochter war während der Anschläge in Paris. Sie hatte am Abend in einem Café gesessen, als plötzlich alle weggelaufen sind - sie auch", berichtete Schrader von den kurzen SMS-Nachrichten aus Paris (siehe Text unten). "Bis ihr dann Pariser Schutz boten." Auch die Menschen- und Lichterkette von etwa 400 Teilnehmern stand am Samstag im Schatten der Pariser Ereignisse. Stella Koppelmeyer betonte trotzdem: "Die Ereignisse haben nichts an unserem Ziel geändert, hier gegen Fremdenhass einzustehen." Menschenketten-Organisatorin Katharina Wiedmer sagte: "Wir wollen ein Zeichen der Menschlichkeit setzen - gegen Fremdenhass. Und wir wollen der Opfer von Paris gedenken und wollen Euch zeigen: Ihr seid nicht allein. Wir sind Paris. Bielefeld ist bei Euch." FH-Professorin flüchtete sich in Paris in einen Hinterhof Katharina Bosse ist Professorin für Fotografie an der FH in Bielefeld. Vier Tage lang war sie wegen einer großen Fotokunstmesse in Paris. &bdquo;Wir saßen am Freitag in einem der Straßencafés in der Nähe des Place de la Republique“, berichtet die 47-Jährige nach ihrer Rückkehr. &bdquo;Plötzlich rasten Polizei und Krankenwagen an uns vorbei, wenig später kamen Menschen aus dieser Richtung und riefen: Ihr müsst hier weg!“ Die Bielefelderin und ihre Freunde folgten den Menschen sofort. &bdquo;Die hatten richtig Angst.“ Freunde schalteten sehr schnell und lotsten die Gruppe in einen Hinterhof – &bdquo;weg von der Straße“. Etwa zwölf Personen harrten dort nun aus – lange Zeit. &bdquo;Wir wussten nur, dass jemand mit automatischen Gewehren um sich schoss.“ Auf Bosses Kinder (8, 11) passte in Bielefeld die Oma auf, Karin Schrader. &bdquo;Die wusste aus dem Fernsehen mehr als ich. Per SMS hat sie uns geraten, dort zu bleiben.“ Als eine Freundin dringend auf Toilette musste, klingelte sie in ihrer Not am Haus bei einer Familie mit zwei Kindern. Die ließen die gesamte Gruppe in ihr Wohnzimmer. &bdquo;Dort saßen wir unter Schock und haben Nachrichten gesehen. Bis es gegen 2 Uhr nachts draußen ruhiger wurde.“ Die Bielefelderin traute sich wieder raus. &bdquo;Andere Frauen haben darum gebeten, in der Wohnung übernachten zu dürfen.“ Bei der Rückkehr im Hotel erwartete der Portier die 47-Jährige fast schon unter Tränen. Zu lange hatte er auf seinen letzten Gast warten müssen. Katharina Bosse empfindet große Dankbarkeit für die Familie, die ihr in einem &bdquo;extrem angsterfüllten Moment“ Schutz geboten hat. &bdquo;Dass die uns einfach so aufgenommen haben, hat mich sehr beeindruckt.“ Bosse empfindet trotz der Angst und Unsicherheit, die sie in Paris erlebt hat, auch Glück, dass sie nicht so nah dran war, wie viele andere. &bdquo;Es war wohl Zufall.“

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