Minden. Brücken bauen, und das so schnell wie möglich: Das ist die zentrale Aufgabe des Mindener Panzerpionierbataillons 130. Regelmäßig ist an der Weser zu beobachten, wie neben den deutschen Soldaten aus der Herzog-von-Braunschweig-Kaserne auch die hier stationierten britischen Pioniere üben – beide mit amphibischem Brückengerät, das sich im Grunde nur durch den Anstrich unterscheidet. Innerhalb der Bundeswehr gibt es dieses Know-how nur hier in Minden und innerhalb der Nato ansonsten nur noch bei den Briten.
Und weil Zusammenarbeit und Verständigung in international besetzten Einheiten gelernt werden muss, legen die Mindener Pioniere Wert auf gemeinsame Großübungen mit meist europäischen Partnern. Dabei geht es um rein technische Fragen („Wie lassen sich deutsche und niederländische Brückenelemente zusammenkoppeln") ebenso wie um Organisatorisches.
„Jemand, der hier ein sehr guter Soldat ist, ist das im internationalen Einsatz nicht automatisch", sagt Oberstleutnant Thorsten Schwiering, Kommandeur des Panzerpionierbataillons 130. Der Grund: Englisch ist die Sprache der internationalen Verständigung. „Da haben wir noch Nachholbedarf." Zwar sei Sprachunterricht inzwischen fester Bestandteil der Ausbildung, oftmals fehle den Soldaten aber die praktische Erfahrung.
Dafür können die Mindener Spezialisten für Großgeräte zum Beispiel mit Brückenlegepanzern und Minenräumpanzern umgehen. Das richtige Personal dafür verlässlich und auf Dauer bereitzuhalten, sei durch die Abschaffung der Wehrpflicht einfacher geworden, sagt Schwiering. Manche Männer und Frauen kämen schon mit Vorwissen aus ähnlichen Berufen, andere werden bei der Bundeswehr gründlich für Spezialaufgaben ausgebildet. Für durchschnittlich achteinhalb Jahre haben sich die Soldaten im Bataillon zum Dienst verpflichtet – das heißt, dass sie nach der Ausbildung verhältnismäßig lange Zeit bleiben und ihr Fachwissen einbringen können.
Wer heutzutage zu den Pionieren komme, dem sei auch klar, dass Auslandseinsätze auf ihn zukommen könnten. Das, sagt Schwiering, sei eine Grundvoraussetzung bei der Verpflichtung. Was motiviert junge Menschen für Auslandseinsätze? „Manche wollen einen Beitrag zur Außen- und Sicherheitspolitik leisten", so Schwiering. Während der Einsätze erlebten sie dann die Kameradschaft, die Arbeit im Team. Und oft hätten sie dann den Bezug zu ihrer Einheit sehr viel stärker als zu dem jeweiligen Land und würden aus dem Grund mit ins Ausland gehen.
Die deutschen Soldaten würden so umfangreich wie in keiner anderen Nation auf solche Einsätze vorbereitet: Die Fachaufgaben werden dabei ebenso in den Blick genommen wie Psychologie oder Landeskunde. Das, sagt der Kommandeur, sei ein Grund, warum den Soldaten verhältnismäßig wenig passiere.
Allerdings belasten diese Einsätze die Zurückgebliebenen. Denn es sind höhere Dienstgrade – Offiziere und Feldwebel –, die zum Beispiel im Irak zur Ausbildung der dortigen Peschmerga im Kampf gegen den IS eingesetzt werden. In der Mindener Kaserne werden in dieser Zeit einzelnen Offizieren mehr Personen zugeordnet. „Wenn 70 Soldaten im Ausland sind, sind das zwar rechnerisch nur zehn Prozent. Doch wegen der Dienstgradstruktur tut das weh, weil es alles Ausbilder sind." Mehr Führungskräfte anfordern gehe nicht, denn auch aus anderen Standorten werden Ausbilder regelmäßig ins Ausland versetzt. Schwiering löst das Problem mit Reservisten. Etwa 25 von ihnen füllen die Lücken – zum Teil mit Tätigkeiten über mehrere Monate hinweg.
Mindener Soldaten sind auch auf Großübungen mit anderen Nationen unterwegs. Erstmals steht zudem in diesem Jahr eine internationale Brückenerkundung unter der Führung des 101. niederländischen Geniebataljon (NLD) in Estland an. Dort werden 25 Mindener Pioniere gemeinsam mit den Einheiten aus den Niederlanden zwei Wochen lang Brücken vermessen und kartieren und so deren Belastbarkeit durch Großfahrzeuge feststellen – eine Nato-Mission.
Dass Minden auch für Kommandeure eher ein Sprungbrett ist, zeigte sich beispielsweise an Schwierings Vorgänger: Oberst Thomas Greggersen wechselte 2015 zum internationalen Nato-Eingreifkorpsstab in Mailand. Auch Oberstleutnant Schwiering wird zur Führung multinationaler Verbände bei Großübungen eingesetzt, hat internationale Erfahrung im Kosovo und aus mehreren Einsätzen in Afghanistan.
Trotz aller wachsender internationaler Kompetenz der Pioniere bleibt die Herzog-von-Braunschweig-Kaserne aber für viele Heimatstandort. Von den 650 dort Stationierten wohnen aktuell nur 196 in der Kaserne. Die allerdings können sich ab 2018 auf mehr Komfort freuen. Dann werden in der gesamten Bundeswehr, also auch in Minden, die Mehrbettzimmer zu Einzelzimmern umgewandelt, komplett mit Dusche und WC.
Möglicherweise gibt es dann bald noch mehr freie Zimmer. Denn die Britischen Pioniere, die seit 2014 in Minden stationiert sind, könnten Ende 2019 nach England zurückverlegt werden. So jedenfalls habe es der britische Premier Cameron angekündigt.
Bis dahin wird weiter an der Weser geübt – bisweilen auch gemeinsam.