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Düsseldorf/Bielefeld

Immer mehr Schüler müssen das Gymnasium verlassen

Düsseldorf/Bielefeld. In NRW steigt die Zahl der Gymnasiasten, die nach der 6. Klasse die Schulform wechseln müssen. 2016 verließen 2.773 Jungen und Mädchen nach der Erprobungsstufe das Gymnasium.

Laut NRW-Schulministerium waren das 27 Prozent mehr als 2011. Die neue Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) fordert deshalb eine Diskussion über mögliche Überforderungen bei Kindern und ein Ende des Akademisierungswahns.

Vor 2011 waren die Zahlen der Statistik zufolge noch deutlich gesunken, sodass 2016 wieder der Stand von vor zehn Jahren erreicht wurde. Für Ostwestfalen-Lippe gilt das nur bedingt. Die Zahl der Schüler, die nach der Erprobungsstufe das Gymnasium verlassen müssen, ist in der Region seit dem Schuljahr 2014/2015 rückläufig. Laut statistischem Landesamt IT NRW verließen 2016 in OWL 547 Schüler der 5. bis 8. Klasse das Gymnasium, um auf eine andere Schulform zu wechseln.

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Schulempfehlungen

Im Schuljahr 2016/2017 hatten nach Angaben des NRW-Schulministeriums 77 Prozent der Schüler, die auf ein Gymnasium wechselten, auch eine Gymnasialempfehlung. 17 Prozent hatten zumindest eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung und sechs Prozent eine Realschulempfehlung. „Es gibt Ausnahmen, aber die meisten Eltern orientieren sich an der nicht bindenden Empfehlung und auch an den Gesprächen mit den Grundschullehrern", erklärt der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Udo Beckmann.

Von den wechselnden Kindern wurden in NRW die meisten in die 7. Klasse versetzt. Lediglich 69 wiederholten die 6. Klasse. Laut Schulministerium wechselten mehr als zwei Drittel auf eine Realschule. Die übrigen Jungen und Mädchen wechselten auf Gesamt- oder Sekundarschulen, nur wenige auf Hauptschulen.

Landesweit reagieren Elternvertreter besorgt auf die Entwicklung. Der Vorsitzende der Landeselternschaft der Realschulen, Johannes Pabst, spricht von einer Fehlleitung der Schüler, mitverursacht von Leitern der Gymnasien. Viele Eltern könnten sich für ihr Kind nur noch eine gymnasiale Bildung vorstellen. Unter anderem, weil die Realschule „systematisch schlechtgeredet" wurde, sagt Pabst.

Schulministerin Gebauer will deshalb eine Debatte darüber, ob manche Gymnasiasten überfordert sind. Das habe auch mit mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung für andere Abschlüsse als das Abitur zu tun. „Wir müssen weg vom Akademisierungswahn und Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule besser beraten", fordert die FDP-Politikerin.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hält zudem einen Zusammenhang mit der Einführung des Abiturs nach der zwölften Jahrgangsstufe (G8) für wahrscheinlich. „Vor allem junge Schüler sind durch das achtjährige Gymnasium verschärften Anforderungen ausgesetzt, die Kinder belasten", erklärt VBE-Vorsitzender Udo Beckmann.

Deshalb geht der Paderborner davon aus, dass mit der Rückkehr zum G9 auch die Zahl der Schulformwechsler wieder sinken wird.

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