OWL. In den vergangenen Jahren hat das Land NRW die Betreuungsplätze in der Kindertagesbetreuung ausgebaut und 44 Prozent mehr Personal eingestellt. Dennoch ist die Qualität der Kindertagesstätten (Kitas) schlecht: Noch immer liegt NRW unter dem westdeutschen Durchschnitt.
Entscheidend für die Qualität der frühkindlichen Bildung ist einzig der Wohnort. Die 402 Kreise und kreisfreien Städte haben unterschiedliche Personalschlüssel, die über die Betreuungskapazitäten der Erzieherinnen entscheiden. In keinem anderen Bundesland ist der Unterschied so groß, wie in NRW.
Den besten Personalschlüssel bei Krippengruppen hat im ganzen Bundesland Gütersloh, wo im Durschnitt eine Fachkraft 3,3 Kinder unter drei Jahren betreut. Landesweit am schlechtesten schneidet Solingen mit 4,9 Kindern pro Fachkraft ab. In OWL bildet der Kreis Minden-Lübbecke mit 3,9 das Schlusslicht.
Noch unterschiedlicher ist der Personalschlüssel bei Kindergartengruppen: Mit acht Kindern pro Fachkraft liegt mit Bielefeld auch hier OWL auf Platz eins. Das NRW-Schlusslicht ist mit 10,3 Kindern der Landkreis Olpe. In OWL liegt erneut der Kreis Minden-Lübbecke mit 9,3 an letzter Stelle.

Obwohl die Spannweite in NRW im Mittelmaß liegt, sieht Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Handlungsbedarf: „Die Postleitzahl darf nicht über die Bildungschancen von Kindern entscheiden." Denn nicht nur innerhalb von NRW ist der Unterschied groß. Auch zwischen den Bundesländern gibt es gravierende Spannweiten. Besonders beim Betreuungsbedarf.
So werden in Ostdeutschland 52 Prozent der unter Dreijährigen betreut. In Westdeutschland sind es lediglich 28 Prozent, in NRW nur 26. Erst ab dem dritten Lebensjahr wird jedoch fast jedes Kind in Deutschland betreut. Gründe dafür sind auch die Betreuungszeiten. Viele Eltern betrachten sie als unzureichend für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
So wird mehr als die Hälfte der Kinder in OWL mehr als 35 Stunden die Woche in einer Kindertageseinrichtung betreut, nur rund 13 Prozent der Kinder werden bis zu 25 Stunden betreut. Nur bei Kindern unter drei Jahren, die in einer Tagespflegeeinrichtung betreut werden, drittelt sich der Anspruch auf die drei angebotenen Modelle: Bis zu 25 Stunden, 25 bis 35 Stunden oder mehr als 35 Stunden.
Die Bertelsmann-Stiftung veranschlagt für einen kindgerechten Personalschlüssel neben 15.900 Fachkräften auch 712 Millionen Euro, die bereitgestellt werden müssen.
Die Studie zeigt, auch Kinder- und Familienminister Joachim Stamp, dass die bisherigen Maßnahmen unzureichend waren und deutlich größerer Handlungsbedarf bestehe: „Der enorme Fachkräftebedarf, der erforderliche Ausbau sowie notwendige Verbesserungen bei der Qualität der Betreuungsplätze stellen uns angesichts der bestehenden strukturellen Unterfinanzierung der Kindertagesbetreuung vor gewaltige Herausforderungen."