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Bielefeld

Medizin-Pläne der Uni Bielefeld sorgen für Ärger

Bielefeld. Das Interesse am Aufbau einer Medizinfakultät an der Universität Bielefeld ist gewaltig. Im Kreis Minden-Lübbecke ist die Freude darüber aber getrübt. Landrat Ralf Niermann kritisiert, dass Rektor Gerhard Sagerer den Medizin-Campus OWL, bekannt als Bochumer Modell, als befristetes Projekt bezeichnet. Das Modell ist eine Kooperation zwischen der Universität Bochum und fünf Kliniken in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford.

„Ich bin froh, dass in Bielefeld eine Medizinfakultät aufgebaut wird. Das bedeutet aber nicht, dass der Medizin-Campus OWL aufgrund von Kündigungsmöglichkeiten in ein Bielefelder Modell integriert wird“, erklärt Niermann. Die Kooperation sei unbefristet angelegt. Für gegenteilige Behauptungen fehle die sachliche Grundlage.

„Deshalb verwahre ich mich gegen die Aussagen. Der Medizin-Campus ist ein Erfolg. Das zeigen steigende Studentenzahlen und die hohe Zufriedenheit der angehenden Mediziner.“ Zudem lassen sich die unterschiedlichen Modelle Campus und Fakultät nicht ineinander integrieren, so Niermann. Auch im Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen sieht man die Bielefelder Pläne mit gemischten Gefühlen. Der Aufbau der Fakultät sei „mit Augenmaß hinsichtlich bestehender Modelle in OWL“ zu betreiben. Man müsse alle Beteiligten rasch an einen Tisch bringen, heißt es aus der Pressestelle.

Landrat Niermann hofft, dass OWL mit beiden Modellen zur Vorzeigeregion der Medizinerausbildung wird. Davon sind auch seine Amtskollegen in den anderen Kreisen sowie Bielefelds Oberbürgermeister überzeugt. „Wenn wir an einem Strang ziehen, können wir den Ärztemangel bekämpfen und die Wissenschaftsregion OWL weiterentwickeln“, sagt Paderborns Landrat Manfred Müller.

Dafür setzt sich auch der Verein zur Förderung der medizinischen Ausbildung und Versorgung in OWL ein, dessen Mitglieder mit Sagerer über seine Pläne gesprochen haben. „Der Verein wird die Universität mit aller Kraft unterstützen“, erklärt der Vorsitzende, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen. „Wir wollen unter der Regie der Universität in den kommenden vier Jahren unumkehrbare Fakten schaffen, auf deren Fundament die Fakultät aufgebaut werden kann.“ Ziel sei, mit einem Schwerpunkt auf Allgemeinmedizin die medizinische Grundversorgung in OWL zu stärken, so Clausen.

Auch das Interesse der Krankenhäuser ist groß. Rektor Sagerer geht davon aus, dass 24 Kooperationen mit Fachabteilungen nötig sein werden. Die Universität will diese Mitte 2018 ausschreiben. Entscheidend ist dabei laut Sagerer die Qualität in Lehre und Forschung, die Verteilung der Kliniken innerhalb der Region soll keine Rolle spielen.

Landräte und Klinikvertreter hoffen jedoch, dass die Medizinfakultät auch außerhalb von Bielefeld Ausbildungsstationen anbieten wird. „Die Ausstrahlung in die gesamte Region ist wichtig“, sagt Lippes Landrat Axel Lehmann. Das bestätigt auch der Geschäftsführer des Klinikums Lippe, Johannes Hütte: „Es ist wichtig, dass die Universität künftige Kooperationspartner an hohen Qualitätsstandards misst, denn das Ziel ist die Ausbildung sehr guter Mediziner. Die müssen wir aber an die Region heranführen, um sie hier halten zu können.“

Gemessen werden könne Qualität jedoch nicht nur an der Bettenzahl, sagen die Geschäftsführer des Franziskus-Hospitals Bielefeld, Georg Rüter, und des Sankt Elisabeth Hospitals Gütersloh, Stephan Pantenburg. „Ausbildung hat in unserem Haus bereits einen sehr hohen Stellenwert. Wichtig ist dabei, dass auch die theoretische Ausbildung eine hohe Qualität hat“, sagt Rüter. Laut Pantenburg sind mittelgroße Krankenhäuser für die Ausbildung von Allgemeinmedizinern prädestiniert.

Beide Krankenhäuser kooperieren, wie das Klinikum Bielefeld, bereits mit Medizinfakultäten. „Die Kooperation mit der Universität Münster funktioniert gut, wir würden die Kompetenz aber natürlich sehr gerne in die Region einbringen“, erklärt der Ärztliche Direktor des Klinikums Bielefeld, Martin Görner. „Aufgrund überfüllter Notaufnahmen haben wir als Krankenhaus großes Interesse daran, den Ärztemangel zu bekämpfen. Den Patienten fehlen Ansprechpartner in Praxen.“

Information
Gründungsbeauftragte
Claudia Hornberg, Professorin für Umwelt und Gesundheit in der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld, ist Gründungsbeauftragte für den Aufbau der Medizinfakultät.

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