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Wildschweine verwüsten Gärten und Felder

Carolin Nieder-Entgelmeier

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Wildschweine haben kleine Augen und einen kräftigen Rüssel. Ausgewachsene Männchen können bis zu 250 Kilogramm schwer werden. - © dpa
Wildschweine haben kleine Augen und einen kräftigen Rüssel. Ausgewachsene Männchen können bis zu 250 Kilogramm schwer werden. (© dpa)

Bielefeld/Düsseldorf. Auf der Suche nach Futter kommen Wildschweine nachts aus den Wäldern und verwüsten Gärten und Felder. Landwirte und Gartenbesitzer in Nordrhein-Westfalen haben aktuell Ärger mit den Tieren. Das gute Nahrungsangebot und die Witterung bedingen die Wildschäden ebenso wie der wachsende Wildschweinbestand. Die Jäger in NRW arbeiten dagegen an, doch über die Gründe der wachsenden Population gibt es Streit mit Naturschutzorganisationen.

In der vergangenen Woche stürmten Wildschweine die Innenstadt von Heide in Schleswig-Holstein und verletzten vier Menschen. Über den Irrlauf der aggressiven Tiere wurde deutschlandweit berichtet. Auch in Berlin werden Wildschweine regelmäßig in der Innenstadt gesichtet. Angst vor Angriffen wie diesen müssen die Menschen in NRW nach Angaben des Landesjagdverbands jedoch nicht haben. „Wir haben keine Berliner Verhältnisse", erklärt Verbandssprecher Andreas Schneider. „In Berlin werden Angriffe durch die Zersiedelung bedingt. Die Abwechslung von Wald und Siedlungsbereichen begünstigt die Problematik mit Wildschweinen in Innenstädten."

Probleme mit Wildschweinen gibt es aber auch in NRW. Aktuell sind das vor allem verwüstete Gärten und Felder. Der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Bezirksverbands OWL, Hubertus Beringmeier, kennt das Problem. „In OWL nimmt der Wildschweinbestand seit Jahren zu. Das führt zu mehr Wildschäden und auch zu Ernteeinbußen." Beringmeier hat in diesem Jahr selbst erlebt, was es heißt, wenn sich eine Wildschweinrotte in direkter Nachbarschaft festsetzt. „Wir appellieren im Verband daher an unsere Mitglieder, im Getreideanbau mehr Rücksicht zunehmen, um die Jagd zu erleichtern."

Beringmeier hofft, dass es den Jägern nun mit dem Ende der Maisernte gelingt, die Zahl der Wildschweine zu dezimieren, denn die Tiere können jetzt nicht mehr im Mais Deckung suchen. „Die Jäger machen einen guten Job, aber sie kommen aktuell nicht gegen die wachsende Population an." Im Jagdjahr 2015/2016 wurden in NRW 34.447 Wildschweine erlegt und trotzdem steigt die Zahl der Tiere.
Wildschweine sind nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landesverbands des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) flächendeckend im Land vertreten. „Dank hervorragender Lebensbedingungen durch den intensivierten Maisanbau und ein breites Nahrungsangebot steigt die Population seit Jahren an", erklärt ein Nabu-Sprecher.

Auf dem Speiseplan der Tiere stehen tierische und pflanzliche Nahrung. „Mit ihrem Rüssel wühlen sie gerne nach unterirdisch gelegener Nahrung wie Wurzeln, Knollen und Bodentieren."

Aufgrund der großen Schäden befürwortet auch der Nabu in NRW die Jagd auf Wildschweine, allerdings moniert die Organisation die bisherigen Fütterungs- und Bejagungsstrategien. „Die Wildschweinpopulation ist auch infolge übermäßiger Fütterung und Kirrung künstlich erhöht worden", erklärt ein Sprecher. Als Kirrung wird ein Platz zum Ausbringen von Getreide bezeichnet, um Wild mit Futter anzulocken.

Der Landesjagdverband beklagt hingegen, dass die abgewählte rot-grüne Landesregierung mit der Novellierung des Landesjagdgesetzes 2015 die Wildschweinjagd erschwert hat. Zum einen wurde die Jagdzeit um 14 Tage verkürzt und dauert nur noch bis zum 15. Januar. „Das schmälert den Jagderfolg", erklärt Schneider. Erschwert worden sei auch das Kirren von Wildschweinen. „Sinn einer Kirrung ist es, Wild anzulocken, um es zu beschäftigen, damit es bejagt werden kann. Die Rotte löst sich an den Lockstellen auf und der Jäger kann ein Tier auswählen und tierschutzkonform erlegen, ohne andere Tiere zu verletzen."

Es wird Zeit für eine Novellierung des Landesjagdgesetzes in NRW

Die Landesregierung hat jedoch die Kirrmenge von einem auf einen halben Liter reduziert, was zu kürzeren Verweilzeiten an den Kirrungen führt, moniert Schneider. „Zudem dürfen die Lockstellen von jedermann betreten werden."

Ein weiteres Problem ergibt sich bei revierübergreifenden Jagden auf Wildschweine, weil der bundesweit gültige Jagdschein in NRW nicht mehr allein ausreicht. „Vor allem in Grenzgebieten finden Jäger nicht mehr genug Teilnehmer für Bewegungsjagden, weil in NRW ein landesspezifischer Schießnachweis eingeführt wurde", moniert Schneider. „Den müssen beispielsweise auch Jäger aus Hessen oder Niedersachsen erbringen, wenn sie an einer Jagd in NRW teilnehmen möchten."

Um die Wildschweinpopulation besser eindämmen zu können und so die Problematik der Wildschäden zu schmälern, fordert der Landesjagdverband eine zügige Überarbeitung des Landesjagdgesetzes, „die uns die neue schwarz-gelbe Landesregierung ja auch zugesagt hat", erklärt Schneider. „Es wird Zeit für eine Novellierung."

Afrikanische Schweinepest

Der Ausbruch der afrikanischen Schweinepest (ASP) in Osteuropa besorgt auch Landwirte, Jäger und Politiker in NRW. Um eine Einschleppung der hochansteckenden und oft tödlichen Tierseuche zu verhindern, hat das Landwirtschaftsministerium im August ein Projekt für eine verstärkte Wildschweinbejagung gestartet. Das Ministerium übernimmt einen Großteil der Kosten für die Trichinenschau bei Frischlingen. „Das ist ein wichtiger Anreiz, weil die Kosten für die Trichinenschau bei Frischlingen häufig den Ertrag des Fleischverkaufs überschreiten", erklärt der Sprecher des Landesjagdverbands, Andreas Schneider. Die Verringerung des Bestands ist laut Ministerium eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen gegen die ASP. Ausbrüche hätten verheerende wirtschaftliche Konsequenzen für die hiesigen Schweinehalter.

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