Porta Westfalica/Bielefeld. Zwei Verletzte, 16 Kilometer Stau und Sachschaden in Höhe von rund 270.000 Euro – das ist die Bilanz eines schweren Verkehrsunfalls auf der Autobahn 2 bei Porta Westfalica, der sich am Morgen ereignete. An der Kollision waren ein Pkw und ein Lkw beteiligt. Unfälle mit Beteiligung von Lastkraftwagen auf Autobahnen bereiten Politik und Polizei zunehmend Sorgen.
„Wir fahren verstärkt Kontrollen wegen der hohen Anzahl von Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Lkw", sagt Kathryn Landwehrmeyer, Sprecherin des Polizeipräsidiums Bielefeld, stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen von der Autobahnpolizei in Ostwestfalen-Lippe. Die Entwicklung bereite der Polizei durchaus Sorgen, fügt Landwehrmeyer hinzu.
Seit fünf Jahren steigt die Zahl der Unfälle mit Lkw auf Autobahnen, bei denen Menschen verletzt werden, kontinuierlich an, wie Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen, auf Anfrage mitteilt (s. Infokasten). Diese Zahl lag im Jahr 2016 bei 1.168. Die Zahl der Todesopfer bei diesen Unfällen schwanke pro Jahr zwischen 25 und 33, so Beus. „Das Thema steht auf der Agenda weit oben."
Hauptursachen bei allen Lkw-Unfällen (also nicht nur auf Autobahnen) sind laut Beus das Wenden oder Rückwärtsfahren, ungenügender Sicherheitsabstand, Fehler beim Wechseln des Fahrstreifens, Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot sowie nicht angepasste Geschwindigkeit. „Natürlich macht das Sorgen", ordnet Ralf Collatz, Sprecher des ADAC in Ostwestfalen-Lippe, die steigenden Unfallzahlen mit Lkw auf Autobahnen ein. Denn die Folgen seien bei solchen Unfällen ungleich größer als bei Unfällen unter Pkw. Das sehe man auch an dem jüngsten Unfall bei Porta Westfalica.
„Fernfahrer stehen immer mehr unter Druck", analysiert Collatz die Situation der Brummifahrer. Deshalb gehörten auch die Einhaltung von Ruhezeiten sowie die Ausstattung der Autobahnen mit Parkplätzen zu den Handlungsfeldern für Polizei und Behörden. Es gebe zudem durchaus gute technische Möglichkeiten, um die Wahrscheinlichkeit von Lkw-Unfällen signifikant zu minimieren. Doch, so Collatz, die Notbremsassistenten, mit denen viele moderne Lastkraftwagen ausgestattet sind, seien abschaltbar. „Die ist aus unserer Sicht nicht in Ordnung." Zudem könnten diese Bremssysteme noch effektiver arbeiten als es die eingebauten Systeme bislang zuließen, so der ADAC-Sprecher.
Gefahren gebe es zudem durch die Tatsache, dass sich viele Lkw-Fahrer aufgrund fehlender Parkplätze entlang der Autobahn dazu genötigt sähen, auf Ein- und Ausfädelspuren zu parken. Dies sei extrem gefährlich. Doch der Bau neuer Parkplätze dauere länger als die steigenden Zahlen im Schwerlastverkehr – etwa zwei Prozent pro Jahr, so Verkehrsforscher Michael Schreckenberg – nötig machten.
Die Polizei im Regierungsbezirk Düsseldorf bestätigt, dass viele Lkw-Fahrer das seit 2015 bei neu zugelassenen Fahrzeugen vorgeschriebene Notbremssystem ausschalteten und im Windschatten führen. Auf dem 700 Kilometer langen Autobahnnetz des Regierungsbezirks wurden bei Lkw-Unfällen 2017 acht Menschen getötet. Bei keinem der Unfälle sei ein Notbremssystem vorhanden oder eingeschaltet gewesen.
Unfälle durch zu dichtes Auffahren und Ablenkung, etwa durch die Nutzung von Handys am Steuer, seien ein zunehmendes Problem. Im Düsseldorfer Regierungsbezirk wurden im Vorjahr mehr als 5.000 Abstandsverstöße festgestellt – ein Anstieg von 275 Prozent, der aber auch durch die verstärkten Kontrollen aufgedeckt worden sei. Zum Thema Ablenkung zitiert die Polizei einen Brummifahrer mit dem Satz: „Was früher der CB-Funk war, sind heute die sozialen Netzwerke."