Bielefeld. Einzelzimmer für mindestens 80 Prozent der Bewohner: Noch bis August haben Pflegeheime in NRW Zeit, diese gesetzliche Quote zu erfüllen. Landesweit werden mehr als 550 Einrichtungen diese Vorgabe nicht einhalten können. Auch in OWL sind einige Heime betroffen. Den Einrichtungen droht zum 1. August ein Belegungsstopp.
2003 legte das neue Landespflegegesetz die Zielrichtung fest, dass Heime ihre Einzelzimmerquote auf mindestens 80 Prozent erhöhen müssen. Es folgte eine 15-jährige Übergangszeit, die Gesetzgebern, Trägern und dessen Einrichtungen Zeit zur konkreten Umsetzung geben sollte. „Allerdings hatten wir nicht die vollen 15 Jahre Zeit, um die Planungen und Maßnahmen zu ergreifen", sagt der Vorsitzende Geschäftsführer des evangelischen Johanneswerks in Bielefeld, Ingo Habenicht. Die Durchführungsgrundlage habe erst 2014 vorgelegen. „So konnten wir zum Teil erst spät mit dem Umbau unserer Einrichtungen beginnen." Mit 3.500 stationären Plätzen, verteilt auf 35 Einrichtungen ist das Johanneswerk einer der größten Träger des Landes.
„Von den 35 Einrichtungen erfüllen rund 25 schon jetzt die gesetzliche Quote", sagt Habenicht. Bei den anderen Heimen seien noch Umbaumaßnahmen nötig. „Wie viele Einrichtungen bis zum 1. August fertig sind, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nur schlecht vorhersagen", sagt Habenicht. Der Geschäftsführer räumt jedoch ein, dass nicht alle Häuser die Quote erfüllen werden. „Es ist schwer, sich auf eine genaue Zahl festzulegen, aber auch wir rechnen mit Belegungsstopps." Um welche Einrichtungen es sich handelt, ließ er offen. „Insgesamt befinden wir uns in fortlaufenden Planungen." Spätestens im Herbst seien die Umbauarbeiten abgeschlossen. Auch deshalb hofft Habenicht auf eine Verlängerungsfrist des NRW-Gesundheitsministeriums.
Eine Ankündigung des Gesundheitsministeriums zur weiteren Verfahrensweise sollte „um Ostern" bekannt gemacht werden. In dieser Meldung soll auch stehen, wie in Fällen zu verfahren ist, wenn der Zeitplan nicht einzuhalten ist, ein Bauantrag aber gestellt wurde. Auf Nachfrage wollte sich das Ministerium jedoch nicht äußern – man könne keine Auskünfte zu Erlassen geben, die im Planungsstatus und noch nicht veröffentlicht worden seien. Aber selbstverständlich unterstütze das Ministerium als Fachaufsicht die zuständigen Behörden bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen nach dem Wohn- und Teilhabegesetz.
Wie dringend der Erlass aus dem Ministerium erwartet wird, zeigen auch Beispiele aus OWL: In Löhne und Rödinghausen entstehen derzeit zwei Neu- und Anbauten, die beide nicht zum 1. August bezugsfertig sein werden. Von den insgesamt 30 Einrichtungen im Kreis Herford erfüllen neun davon die geforderten Auflagen nicht. Im Kreis Gütersloh müssen derzeit zwölf Einrichtungen mit einem Belegungsstopp rechnen. In Bielefeld kämpfen ebenfalls zwölf Häuser mit der Frist. Sieben Pflegeheime können die Einzelzimmerquote nicht erfüllen, bei fünf weiteren Einrichtungen wird der Umbau der sanitären Einrichtungen nicht fristgerecht fertig.
Häuser, die zu den von Bodelschwinghschen Anstalten gehören, zählen nicht dazu. Bethel hat seit 2004 rund 30 Millionen Euro in zeitgemäße Altenhilfe investiert, teilt ein Sprecher mit. Auch die Arbeiterwohlfahrt in OWL verkündet, dass kein Haus betroffen ist. „Dass aber insgesamt so viele Einrichtungen von einem Belegungsstopp bedroht sind, zeigt, dass die Frist insgesamt zu kurz war", sagt Habenicht. Bei mehr als 550 betroffenen Einrichtungen in NRW ließe sich nicht sagen, dass alle getrödelt und ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten.
Niemand muss ausziehen
- NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellt klar, dass kein Bewohner, der ein Doppelzimmer in einem Pflegeheim bewohnt, zum 1. August ausziehen muss.
- Frei werdende Doppelzimmer oberhalb der erlaubten 20 Prozent dürften aber nicht mehr belegt werden. Ausnahmen gibt es nur bei der Kurzzeitpflege. So können Heime in einer Übergangszeit überzählige Doppelzimmer für die Kurzzeitpflege nutzen.
- Dann haben sie bis Ende Juli 2021 Zeit, die notwendigen Umbauten zur Erfüllung der Quote vorzunehmen. Die Träger kündigten schon an, die Zimmer zur Kurzzeitpflege nutzen zu wollen.