Verdi setzt Klagewelle gegen Sonntagsöffnungen fort

Bielefeld. Wenn es um den Sonntag geht, klingt das Grundgesetz recht feierlich: &bdquo;Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt", so heißt es in Artikel 139. Der Passus habe in Deutschland schon seit 99 Jahren Verfassungsrang, sagt Wilhelm Achelpöhler.

Der Rechtsanwalt aus Münster ist von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi beauftragt, die sonntägliche Arbeitsruhe gegen unzulässige Ladenöffnungen zu verteidigen. Seine Kanzlei tut dies auf dem Klageweg sehr erfolgreich, wie er sagt. Allein seit August 2018 habe er für OWL 22 Eilanträge auf den Weg zum Verwaltungsgericht Minden gebracht, um verkaufsoffene Sonntage zu verhindern.

Nur eine einzige Niederlage habe Verdi als Kläger einstecken müssen, und zwar mit der Klage gegen die Ladenöffnung im Rahmen der Michaeliswoch ein Gütersloh. Gegen Bünde und Lübbecke, Herford und Paderborn habe die Gewerkschaft gewonnen.

Die meisten Städte haben wegen der Klagen eingelenkt In Halle, Bad Oeynhausen und Lage sei die flächenmäßige Ausdehnung der geplanten Ladenöffnung wegen der Klagen im Sinne der Gewerkschaft auf den Stadtkern reduziert worden; Bielefeld und Paderborn senkten die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage. Nur die Stadt Bünde zeige sich bis heute nicht einsichtig.

Die Verfahren gegen einige andere Städte wie Detmold, Salzkotten, Schloß Holte-Stukenbrock oder Horn-Bad Meinberg laufen noch, so Achelpöhler – und Verdi werde die Fälle weiter verfolgen. &bdquo;Weitere Eilanträge sind möglich", sagt Achelpöhler. Es werde geprüft, auch gegen Sonntagsöffnungen in kleineren Städten vorzugehen.

"Wir wollen nicht den lokalen Einzelhandel schädigen" &bdquo;Bei unseren Erfolgen können wir zumindest juristisch nicht ganz falsch liegen", sagt Hermann Janßen, stellvertretenden Verdi-Chef in Bielefeld. Es wurmt ihn ganz offensichtlich, dass Verdi wegen der Klagewelle als &bdquo;Spaßbremse" und &bdquo;großer Verhinderer" kritisiert wird oder gar als &bdquo;Protagonist des Onlinehandels". Handelsverbände werfen der Gewerkschaft demnach vor, den zähen Konkurrenzkampf der stationären Einzelhändler gegen den an sieben Tagen rund um die Uhr &bdquo;geöffneten" Internethandel zu torpedieren.

&bdquo;Aber wir wollen natürlich nicht den lokalen Einzelhandel schädigen, uns geht es um den Sonntagsschutz, den Arbeits- und Gesundheitsschutz", sagt Janßen. Und Verdi wolle auch die weitere Aushöhlung des Arbeitszeitgesetzes verhindern.

"Das war ein klarer Rechtsbruch" in Bad Salzuflen Der juristische Kampf gilt demnach auch Exzessen wie jenem in Bad Salzuflen, wo die Stadt im Vorgriff auf das erwartete &bdquo;Entfesselungsgesetz" 2017 versucht habe, die Sonntagsöffnung massiv auszudehen. &bdquo;Das war ein klarer Rechtsbruch", sagt Achelpöhler, &bdquo;wir haben erfolgreich dagegen geklagt".

Harsche Kritik übt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht daran, dass auch die Rechtsaufsicht – im Fall Bad Salzuflen der lippische Landrat – nicht eingeschritten sei. Auch gegen die großen neuen &bdquo;Rewe-to-go"-Geschäfte etwa an Tankstellen müssten eigentlich die Ordnungsbehörden tätig werden (&bdquo;Tiefkühlpizza ist doch kein Reisebedarf, der auch an Sonntagen verkauft werden darf"). Aber das ist eine andere Geschichte.

Janßen und Gewerkschaftssekretärin Ursula Jacob-Reisinger räumen ein, dass es auch von Arbeitnehmerseite Unmut und Widerstand gegen das konsequente juristische Vorgehen der Gewerkschaft gebe. Kritik sei jedoch überwiegend von Beteiligten zu hören, die nicht Verdi-Mitglied sind, Gewerkschaftsaustritte gebe es allenfalls in Einzelfällen. Wobei die Funktionäre Verständnis zeigen für Geringbeschäftigte mit mageren Einkommen, die an Sonntagen gern einen Aufschlag verdienen: &bdquo;Schön wäre es, wenn keiner auf das Sonntagsgeld angewiesen wäre."

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