Ministerium plant neue Regeln für Hundehalter: Was Experten dazu sagen

Bielefeld. In fast jedem fünften Haushalt in Deutschland lebt ein Hund, das sind über neun Millionen Tiere bundesweit. Damit der beste Freund des Menschen tierschutzgerecht gehalten und genutzt wird, will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) die Tierschutzhunde-Verordnung grundlegend ändern: Ihr Entwurf sieht mehr Auslauf und Betreuung für Hunde, ein Verbot von Qualzuchten und neue Regeln für Züchter vor.

"Haustiere sind keine Kuscheltiere – ihre Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden. Es gilt, eine artgerechte Haltung von Hunden sicherzustellen. Etwa, dass sie genug Bewegung bekommen und nicht zu lang alleingelassen werden", sagt Klöckner. Deshalb sollen Hundehalter unter anderem dazu verpflichtet werden, ihrem Tier mindestens zweimal täglich für insgesamt mindestens eine Stunde Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers zu geben. "Diese Hunde sind meist Schäferhunde und Co., da finde ich es richtig", sagt Ulrike Keller, die eine Hundeschule in Bielefeld betreibt.

Auf andere Arten der Haltung lasse sich dies jedoch nicht übertragen: "Es gibt viele Rassen, vor allem solche, die zu den Gesellschaftshunden gehören, die wollen gar nicht so viel spazieren gehen. Dagegen ist für andere 'nur' Bewegung zu wenig, sie müssen auch geistig ausgelastet werden." Es müsse immer im Einzelfall entschieden werden, wie viel Bewegung ein Hund braucht, so Keller weiter. Da es bei der Verordnung jedoch vornehmlich um Zwingerhaltung gehe, müsse kein privater Hundebesitzer befürchten, dass Behörden bei ihm klingeln und fragen, ob er schon mit dem Hund draußen war, so das Ministerium.

Eine Verordnung soll Hundehalter unter anderem verpflichten, ihrem Tier mindestens zweimal täglich für insgesamt mindestens eine Stunde Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers zu geben #kloeckner #Hunde () Diese Regelung ist...

Neue Westfälische (@nwnews) August 17, 2020 Die Änderung der Tierschutzhunde-Verordnung sieht außerdem ein Ausstellungsverbot für Hunde, die sogenannte Qualzuchtmerkmale aufweisen, vor. Die Züchtung kurznasiger Möpse ist beispielsweise in den Niederlanden längst verboten. Und auch in Deutschland soll mit einem Ausstellungsverbot erwirkt werden, dass die Nachfrage nach diesen und anderen Rassen sinkt. "Tiere sind nicht dazu da, den fragwürdigen ästhetischen Wünschen ihrer Halter zu entsprechen. Sie sind keine Maskottchen. Wenn Züchtungen jedes artgerechte Verhalten verhindern, ist das Tierquälerei", sagt Klöckner.

Davon seien unterschiedliche Rassen betroffen, "aber sicherlich nicht immer alle Zuchtlinien dieser Rasse", erklärt Tierärztin Stefanie Berghahn. "Ich würde hier nicht generalisieren, obwohl es natürlich Zuchten innerhalb einer Rasse gibt, die vermehrt auffällig sind. Zum Beispiel kurzköpfige Hunde, die so genannten brachycephalen Rassen." Diese würden aufgrund der Anatomie des Kopfes an Atemproblemen leiden, bedingt durch ein zu langes Gaumensegel. Außerdem hätten Hunde mit kurzen Nasen und den damit entstehenden Falten im Nasenbereich häufiger Entzündungen in den Hautfalten.

"Da wird einfach nicht drauf geschaut" Auch Nackthunde und Chihuahuas gehören laut dem Deutschen Tierschutzbund dazu. Deshalb fordert dieser schon lange eine rechtlich verbindliche Verordnung, die klar definiert, was als Qualzucht gilt. Durch das Tierschutzgesetz ist es eigentlich verboten, Wirbeltiere zu züchten, bei denen veränderte Körperformen, Haarkleider sowie Leistungs- oder Verhaltensmerkmale "zu Minderleistungen bei den Tieren oder ihren Nachkommen führen". Das sei recht eindeutig formuliert, sagt Rechtsanwältin Daniela Müller von der Bielefelder Tierkanzlei.

"Und dennoch findet sie weiter statt", so Ministerin Klöckner. Das liege laut der Anwältin auch an fehlenden Kontrollen: "Da wird einfach nicht drauf geschaut", sagt sie. In der Kanzlei komme es zudem häufig vor, dass Halter nur vermuten können, dass ihr Hund aus einer Qualzucht stammt. "Da haben wir ganz oft ein Beweisproblem", so Müller. Pauschal Rassen benennen will sie nicht, denn auch beim Mops gebe es mittlerweile Zuchten, die versuchen, zurückzuzüchten. Als Beispiel führt sie auch den Schäferhund an, der früher sehr viel häufiger als heute aufgrund seiner Hüftgelenksdysplasie an Ausrenkungen des Hüftgelenks und defekten Hüftgelenkpfannen gelitten hat.

"Es gibt zu viele Vermehrer" Mindestens vier Stunden täglich sollen sich private und professionelle Hundezüchter laut des Verordnungsentwurfes künftig um Welpen kümmern müssen, damit diese sich ausreichend an Menschen gewöhnen. Für die Hundezucht soll gelten, dass ein Betreuer höchstens drei Würfe - also Welpen-Nachwuchs einer Hündin - gleichzeitig betreuen darf. Das befürwortet auch Hundetrainerin Keller: "Es gibt zu viele Vermehrer und die Folgen sind für Welpen gravierend." Die Rechtsanwältin begrüßt vor allem, dass die Regeln auch für Hobbyzuchten gelten sollen.

Ministerin Klöckner will zudem die "Anbindehaltung" von Hunden, also Hunde die ganze Zeit anzuketten, grundsätzlich verbieten und nur noch "im Rahmen der Arbeitstätigkeit von Hunden" unter Voraussetzungen zulassen. Diese ist auch laut der aktuellen Tierschutzhundeverordnung erlaubt, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind.

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