Veterinäramt erhebt Strafanzeige gegen Tönnies-Zulieferer

Kreis Gütersloh. Verwundert zeigt sich das Deutsche Tierschutzbüro in Berlin über das, was sich strafrechtlich gerade im Kreis Gütersloh abspielt. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat die Ermittlungen zur Strafanzeige gegen einen Schweinemastbetrieb aus Rheda-Wiedenbrück wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eingestellt. Der Grund: es fehlen namentliche Zeugen.

Die Anzeige hatte die Gütersloher Ratsfrau Camila Cirlini (Die Linke) im Juli gestellt, nachdem Tierschützer ein Video veröffentlicht hatten. Die Aufnahmen zeigten katastrophale Zustände in einer Schweinemast, in der etwa 1.000 Tiere gehalten werden. Viele der Schweine litten an Verletzungen, die ganz offensichtlich nicht behandelt wurden. "Wir haben im August ebenfalls Strafanzeige gestellt", erklärt Jan Peifer, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Tierschutzbüros.

"Unser Verfahren ist bislang nicht eingestellt worden" Er ergänzt: "Unser Verfahren ist bislang nicht eingestellt worden." Als Beweis wurde das Bildmaterial zur Staatsanwaltschaft und zum Kreisveterinäramt Gütersloh geschickt, das dem Tierschutzbüro zuvor exklusiv zur Verfügung gestellt wurde. Die Verfasser des Videos sind dem Tierschutzbüro namentlich nicht bekannt. Peifer ist sich dennoch sicher: "Es steht außer Frage, dass die Bilder aus dem betreffenden Stall stammen."

Nahezu wöchentlich wird der Betrieb inzwischen kontrolliert Das Kreisveterinäramt hatte im Sommer umgehend reagiert und die beiden Ställe des Betriebes in Augenschein genommen. Anschließend stellte auch die Behörde selbst Strafanzeige gegen den Schweinemäster aus Rheda-Wiedenbrück - ein Umstand, der als selten zu bewerten ist. Der Vorfall ging bis nach Düsseldorf zum Ministerium. Zum laufenden Verfahren möchte man dort keine Auskunft geben und verweist auf die Kreisverwaltung Gütersloh.

Die bestätigt derweil auf Nachfrage, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt, das auch in ihrem Bereich bislang nicht eingestellt worden sei. Aus diesem Grund könne man nur eingeschränkt antworten. "Unsere Strafanzeige ist unabhängig von anderen, sie bezieht sich auf einen Sachverhalt, den wir selbst bei einer Kontrolle festgestellt haben", erklärt Jan Focken, Sprecher des Kreises Gütersloh.

"Ob der Sachverhalt ein Straftatbestand ist, muss die Staatsanwaltschaft beziehungsweise das Gericht entscheiden." Derweil kontrolliere das Kreisveterinäramt den Betrieb regelmäßig. Das wiederum bestätigt der Betreiber des Mastbetriebs. Nahezu wöchentlich seien Vertreter der Behörde auf seinem Hof.

Auf eine weitere Stellungnahme verzichtet der Landwirt aus Rheda-Wiedenbrück. Kommt es zu einem Verfahren, muss der Bauer laut Tierschutzgesetz Paragraf 17 bzw. Paragraf 18 mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro rechnen.

"Dieses Videomaterial kann man nicht manipulieren" Drei Strafverfahren, eins wird eingestellt. Warum? "Die Ermittlungen hierzu dauern noch an", erklärt Martin Temmen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld. Erklärung zu den Hintergründen müssen also abgewartet werden. Camila Cirlini wurde von der Staatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt, dass das Video nicht eindeutig zuzuordnen sei und das es namentlicher Zeugen bedürfe. "Diese Argumentation der Staatsanwaltschaft finde ich etwas abenteuerlich", sagt Jan Peifer.

"Seit etlichen Jahren wird bei den Ermittlungsbehörden nicht mehr angezweifelt, dass das vorhandene Bildmaterial in solchen Fällen nicht echt sein könnte." Der Grund: Die Tierschützer haben sich auf diesen Vorwurf eingestellt. "Inzwischen wird immer ein durchlaufendes Videoband ohne Zwischenschnitte erstellt und eingereicht."

Im Film wird stets eine Tageszeitung gefilmt, "damit ist zumindest dokumentiert, dass das Video nicht zu einem späteren Zeitpunkt erstellt wurde." Es würden markante Punkte im Stall gefilmt, ebenso wie ein GPS-Gerät mit der Anzeige der Koordinaten, "die kann man nicht manipulieren", so Peifer. "Die Staatsanwaltschaft muss der Sache nachgehen."

Tierschutz wird wirtschaftlichen Interessen untergeordnet Das Deutsche Tierschutzbüro kennt Verfahren wie diese. Immer wieder würden dokumentierte Tierquälereien von ihnen zur Anzeige gebracht. "Wenn man es richtig macht, dann wird ein Gutachten erstellt. Staatsanwälte sind schließlich keine Experten in Sachen Tierschutz." Seien die Verstöße bewiesen, würde Anklage erhoben. Ein Verfahren, das durchaus ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmen könne.

Dass Strafanzeigen in der so genannten Nutztierhaltung jedoch höchst selten zu Strafen führen, ist belegt. Jens Bülte, Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Mannheim, hat Tierschutzfälle aus den vergangenen 40 Jahren ausgewertet. Sein Fazit: Der Tierschutz wird wirtschaftlichen Interessen untergeordnet und das Staatsziel Tierschutz ignoriert.

Schweinemastbetrieb darf wieder zuliefern Der Schweinemastbetrieb in Rheda-Wiedenbrück ist inzwischen von der Firma Tönnies auditiert worden und darf nach Aussagen des Konzernsprechers wieder zuliefern. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Sommer hatte Tönnies die Zusammenarbeit mit dem Betrieb zunächst beendet. "In dieser schnellen Form habe ich das von Tönnies nicht erwartet", sagt Jan Peifer. "Mich wundert, dass man nicht die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwartet. Eine abschreckende Wirkung für andere Landwirte hat das jedenfalls nicht."

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