Nach gefährlicher Beiß-Attacke: Schäferhund arbeitet jetzt für die Bielefelder Polizei

Bielefeld. Das Gerücht kursierte schon eine ganze Weile im Bielefelder Norden – jetzt bestätigten es unabhängig voneinander gleich zwei Behörden: Polizei und Ordnungsamt. Der junge belgische Schäferhund, der Ende April unter anderem eine Seniorin mit einem Biss in den Arm sehr schwer verletzte hatte, bekommt eine zweite Chance in den Diensten der Polizei: vom Beißer zum zukünftigen Beschützer.

&bdquo; Ich wünsche ihm alles Gute", sagt Barbara K., die ihre Narben auf dem linken Unterarm noch eine Weile eincremen muss. Tief war die Wunde damals nach der Beißattacke und groß der Blutverlust, die Operation zur Rettung ihres Armes dauerte mehrere Stunden. Und dann seien da noch die Erinnerungen an den schrecklichen Moment, doch auch die würden hoffentlich bald verblassen.

Eigentlich hätte das Ordnungsamt den Hund gleich nach der Tat begutachten sollen, erklärt Jürgen Kley die übliche Routine in solchen Fällen, doch wegen der vielen Corona-Einsätze der Kollegen habe man den Termin erst für den September datiert. Dazu kam es aber gar nicht mehr, denn ab dem Ersten des Monats befand sich der Hund der Rasse Malinois bereits in den Händen eines routinierten Hundeführers der Polizei, wie Polizeisprecherin Sonja Rehmert bestätigte.

Reguläre Suche nach passenden Hunden Bloß wie kam es zu der kuriosen Übernahme? Schaut die Polizei gezielt nach gestrauchelten Hunden und gibt ihnen dann eine zweite Chance, oder meldet gar das Ordnungsamt kritische Kandidaten? Polizeisprecherin Rehmert winkt ab: Bei der regulären Suche nach neuen Diensthunden für die Behörde sei der Deal durch einen persönlichen Kontakt zum Besitzer des Hundes zustande gekommen.

Offenbar erfüllte das junge Tier einige Kriterien aus dem Diensthund-Katalog, die ihn für den Job erst als Schutzhund und später vielleicht auch als Spürhund qualifizieren. Dazu zählen laut den Kriterien der landeseigenen Polizeihunde-Schule in Schloß Holte-Stukenbrock Fähigkeiten wie eine &bdquo;hohe Arbeits- und Leistungsmotivation" gekoppelt mit einer &bdquo;besonderen Lernwilligkeit", verbunden mit einem &bdquo;hohen Spieltrieb" – sowie einem gewissen &bdquo;Aggressionsverhalten".

Besonders letzteres besaß der belgische Schäferhund offenbar reichlich: Denn bevor er durch die Attacke auf Barbara K. richtig aktenkundig wurde, hatte er in Jöllenbeck bereits einem Radfahrer in die Wade gebissen – wegen des Welpenschutzes habe der Betroffene von einer Anzeige abgesehen. Kurz darauf schnappte der Kiefer des Malinois im Nacken eines anderen Hundes zu und verletzte diesen ebenfalls. Und dessen Halter, die namentlich nicht genannt werden wollen, hadern noch immer mit dem Alt-Besitzer des Beißers.

Malinois keine "gefährliche Rasse" Noch gebe es keine Einigung mit der Versicherung des vormaligen Besitzers, sagt das Paar, doch habe man der Gegenpartei eine finale Frist eingeräumt zur Erstattung der Tierklinik-Rechnungen. Gebe es bis dahin keine Einigung, käme es zu Prozess. Für den betroffenen Hund würden sie sich freuen, durch den überraschenden Ankauf durch die Polizei sei er immerhin dem Einschläfern entgangen und bekäme auf diese Weise eine zweite Chance.

Malinois werden im Landeshundegesetz nicht als gefährliche Rasse gelistet, deren Haltung schon vorab an Auflagen gekoppelt ist. Doch wiederholte Beiß-Attacken können den behördlichen Status eines jeden Hundes sofort verändern – insofern hatte der Jöllenbecker großes Glück.

Über zwei Monate absolvierte der Hund eine Probezeit an der Seite des erfahrenen Diensthundeführers – offenbar mit Erfolg. Denn seit November befindet sich der Hund praktisch im Landesbesitz. Für solche Investitionen gebe es keine Listenpreise, teilte das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) mit. Die Behörde unterhält im Ausbildungszentrum in Schloß Holte-Stukenbrock eine eigene Malinois-Zucht, um die 47 Kreispolizeibehörden mit trainierten und speziell ausgebildeten Hunden zu versorgen.

Ausbildung von zwei Jahren Je nach Neigung und Talent übernehmen die Tiere dann die unterschiedlichsten Aufgaben. Während die einen Rauschgift erschnüffeln, suchen die anderen nach Sprengstoff, andere nach Waffen oder Munition, manche sogar nach Brandmitteln und einige nach Menschen – nach Lebenden wie Toten. Auch da seien Spezialisten am Werk, erklärte LAFP-Sprecher Victor Ocansey.

Bis sich der ehemalige Beißer von Jöllenbeck für so eine Aufgabe eignet, erlernt er in der ersten Phase seiner Ausbildung die Funktion als Schutzhund. Bei bestandener Prüfung nach maximal zwei Jahren zählt er dann zu den rund 300 Polizeihunden im Land – eine echte Karriere.

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