Herz aus dem Takt: Immer mehr junge Menschen leiden an Vorhofflimmern

Bad Oeynhausen. Das Herz ist unser emotionaler Taktgeber. Es schlägt nicht nur, es kann auch rasen, stolpern oder schmerzen. Viele dieser Herzrhythmusstörungen sind harmlos, ausgelöst durch starke Gefühle wie Angst, Trauer, Stress oder Liebe. Doch auch Krankheiten können das Herz aus dem Takt bringen, die unbehandelt lebensgefährliche Folgen haben können.

Zu den häufigsten Herzrhythmusstörungen zählt das Vorhofflimmern mit rund zwei Millionen Betroffenen in Deutschland. Doch die Krankheit ist tückisch, denn viele Betroffene haben keine Symptome und Ärzte müssen zunehmend junge Patienten behandeln. Um mehr Menschen für die Gefahren zu sensibilisieren, startet die Deutsche Herzstiftung im November eine bundesweite Aufklärungskampagne. Mit dabei sind auch Ärzte des Herz- und Diabeteszentrums (HDZ) NRW in Bad Oeynhausen.

Was passiert bei Vorhofflimmern?

&bdquo;Das Herz gerät völlig außer Takt", erklärt Philipp Sommer, Direktor der Klinik für Elektrophysiologie und Rhythmologie des HDZ. Bei einem gesunden Herzen unterstützen die Vorhöfe die Arbeit der Herzkammern, indem sie sich zusammenziehen, damit das Blut in die Kammern fließen kann, die es weiter in den Kreislauf pumpen. &bdquo;Gesteuert wird dieser Prozess durch elektrische Impulse. Mit zunehmendem Alter oder durch Vorerkrankungen kann dieser Prozess jedoch gestört werden, sodass unkoordinierte elektrische Impulse entstehen, die den rhythmischen Ablauf stören."

Was sind die Ursachen?

&bdquo;Das Risiko steigt mit zunehmenden Alter deutlich an, besonders gefährdet sind Menschen über 60 Jahre", erklärt Sommer. Doch Vorhofflimmern könne in jedem Lebensalter auftreten. &bdquo;Wir beobachten zunehmend junge Menschen, auch schon ab 40 Jahren, die beruflich sehr eingespannt sind." Zudem könne Vorhofflimmern in der Folge verschiedener anderer Krankheiten auftreten, wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzschwäche, Herzmuskelerkrankungen, Herzklappenfehler, aber auch Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes, COPD und starkes Übergewicht.

Welche Symptome können auftreten?

&bdquo;Die Symptome können sehr unterschiedlich sein", erklärt Sommer. Bei bis zu jedem zweiten Betroffenen gehe Vorhofflimmern ohne Beschwerden oder mit kaum merklichen Symptomen einher. &bdquo;Wir erleben sehr häufig Patienten, die mit dem Zufallsbefund Vorhofflimmern zu uns kommen, weil es bei einer Operation aufgefallen ist." Andere Betroffene spüren die Unregelmäßigkeiten hingegen so stark, dass sie in Panik geraten.

Mögliche weitere Symptome sind ein unregelmäßiger und beschleunigter Puls, oft bis zu 160 Schläge pro Minute, Unruhegefühl, Luftnot bei geringen Belastungen wie Treppen steigen oder Schuhe zu schnüren, Schwächegefühl, Schwindel, Schmerzen in der Brust oder kurzzeitige Bewusstlosigkeit.

Warum ist Vorhofflimmern gefährlich?

&bdquo;Vorhofflimmern ist an sich nicht lebensbedrohlich, doch die Folgen können es sein", erklärt Sommer. Zum einen bestehe ein stark erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche, die Beeinträchtigung anderer Organe und für Schlaganfälle. &bdquo;25 Prozent aller Schlaganfälle sind auf Vorhofflimmern zurückzuführen." Diese Risiken können laut Sommer jedoch durch eine Behandlung reduziert werden.

Wie kann Vorhofflimmern behandelt werden?

&bdquo;Je länger Vorhofflimmern besteht, umso schwieriger ist es, den normalen Herzrhythmus wieder herzustellen und aufrecht zu erhalten, weshalb Betroffene Beschwerden immer beim Arzt abklären lassen sollten", erklärt Sommer. &bdquo;Nach der Diagnose ist es wichtig, dass schnell und aggressiv therapiert wird." Mit Medikamenten, Stromstößen oder einer minimalinvasiven Behandlung am Herz, der sogenannten Katheterablation, könne erfolgreich behandelt werden.

&bdquo;Sehr viele Patienten profitieren von Medikamenten zur Blutgerinnungshemmung, doch nicht alle Betroffenen sind ausreichend damit versorgt", sagt Sommer. &bdquo;Etwa 25 Prozent der Patienten, die von Blutverdünnern profitieren würden, nehme keine. Einige aus Angst vor Nebenwirkungen, andere, weil ihre Ärzte den Bedarf nicht sehen." Sommer rät Patienten deshalb dazu, sich im Zweifel eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. &bdquo;Zudem sollten sich Betroffene bewusst machen, dass deutlich mehr Risiken bestehen, wenn sie keine Blutverdünner nehmen."

Was können Betroffene tun?

&bdquo;Vorhofflimmern lässt sich inzwischen sehr gut therapieren, doch für einen dauerhaften Behandlungserfolg ist es wichtig, dass Betroffene Risikofaktoren behandeln lassen und am besten abschalten", erklärt Sommer. Dazu zählt der Mediziner das Vorbeugen von Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Schlafapnoe durch einen gesunden Lifestyle ohne Rauchen, wenig Alkohol, ausreichend Bewegung, mediterraner Ernährung und Stressabbau.

Zudem rät Sommer zu ärztlicher Abklärung, wenn das Herz ungewöhnlich schnell oder unregelmäßig schlägt. &bdquo;Auch Atemnot, Schwindel oder Leistungsschwäche sollten grundsätzlich abgeklärt werden." Menschen ab 65 Jahren sowie mit Bluthochdruck sollten nach Angaben des Mediziners außerdem regelmäßig ihren Puls kontrollieren.

Um Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen, empfiehlt Sommer zudem die Nutzung von Smartwatches oder anderer Smart Devices wie Mini EKG, die mit dem Handy verbunden werden. &bdquo;Das sind medizinische Geräte, mit denen Nutzer Aufzeichnungen unmittelbar während der klinischen Beschwerden erreichen können. Das kann sehr hilfreich bei der Diagnose und Behandlung sein, vor allem, wenn Probleme nur gelegentlich auftreten und von Patienten nicht bemerkt werden."

Herz aus dem Takt: Immer mehr junge Menschen leiden an Vorhofflimmern

Stolpert da was? Herzrhythmusstörungen frühzeitig erkennen

Der «Silent Killer» - Wieso Bluthochdruck gefährlich ist

Was es mit dem Broken-Heart-Syndrom auf sich hat

Diagnose Bluthochdruck? Das können Sie selbst tun

Herzgesundheit: So geht Herzvorsorge - spätestens ab 50

Kreislauferkrankungen häufigste Todesursache in NRW: Bad Oeynhausener Arzt über Symptome

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus