„Viele Kunden sind verzweifelt“: Außergewöhnliche Plage in Bielefelder Gärten

Bielefeld. Vom frisch gepflanzten Salat ist morgens kein Blättchen mehr übrig, sogar vor Rosen machen sie keinen Halt – in Bielefelder Gärten sind die Schnecken los. &bdquo;Das ist in diesem Jahr wirklich außergewöhnlich. Viele Kunden sind nervös bis verzweifelt, wenn sie zu uns kommen“, sagt Riemeier-Chefin Nicole Beckmann. Gerade ist in dem Garten-Fachgeschäft am Jahnplatz eine neue Lieferung Schneckenkorn eingetroffen und Beckmann telefoniert ihre Kundinnen ab. Sie führt mittlerweile eine Warteliste.

37 der neuen Kilopakete seien schon vorab reserviert gewesen. &bdquo;Wir sind immer wieder ausverkauft, egal, wie viel ich bestelle.“ Fraßschäden setzen auch dem Botanischen Garten zu, während die Bielefelder Erdbeerbauern ganz ohne Schneckenmittel auskommen – dank eines Tricks.

Schnecken klettern bis in den dritten Stock und befallen Hecken

Dass sogar Koniferen-Hecken von den schleimigen Gartengästen angefressen werden, Schnecken auch Balkonpflanzen im dritten Stock befallen, wie aktuell Kunden berichteten, das habe sie auch noch nicht erlebt, sagt Beckmann. Bereits seit acht Wochen erlebe Riemeier einen Ansturm auf Schneckenkorn der Marke Neudorff. Bei Hornbach an der Detmolder Straße ist das Mittel laut Auskunft des Kundenservice aktuell ausverkauft. Bei Obi an der Eckendorfer Straße gucken Kunden ebenfalls in die Röhre und auch im Onlineshop ist der ökologische Schneckenköder &bdquo;nicht verfügbar“.

Das begehrte Schneckenkorn der zweiten Generation unterscheide sich deutlich von Vorgängern, erklärt Beckmann, da es auf Basis von Phosphat und Eisen wirke. &bdquo;Beides kommt auch in der Natur vor und kann ohne Probleme vom Boden wieder aufgenommen werden.“ Einen Abstand zur Ernte müsse man deshalb nicht einhalten.

Neues Schneckenkorn für Tiere unbedenklich und regenfest Für Kleinkinder, Wild- und Haustiere sei das Mittel zudem unbedenklich und auch Gehäuseschnecken würden geschont, so die Riemeier-Chefin. Vor allem Nacktschnecken wie die Spanische Wegschnecke fräßen die Körner, zögen sich dann zurück und verendeten in ihren Verstecken statt sichtbar in den Beeten wie beim Schneckenkorn der ersten Generation. &bdquo;Das neue Korn wird dünn aber flächig in den Beeten ausgestreut und ist dabei regenfest.“ Nachgelegt werden muss erst, wenn viel weggefressen wurde.

Ganz anders ist Schneckenkorn mit dem organisch-chemischen Wirkstoff Metaldehyd: Das müsse nach Regengüssen erneuert werden und sei für Wildtiere nicht unbedenklich, erklärt Beckmann. Daher habe Schneckenkorn auch seinen schlechten Ruf. &bdquo;Die neue Generation ist dagegen sogar für den ökologischen Landbau zugelassen.“ Der größte Nachteil: Das Korn kann auch nützlichen Schnecken den Garaus machen.

Gartenexpertin verrät den besten Schneckenstopp Wer aufs aggressive Korn verzichten will, dem bleiben Kupferbänder, Schutzhütchen für Pflanzen, spezielle Zäune oder Granulate als Barrieren – diese seien aktuell zur Schneckenabwehr ebenfalls stark nachgefragt und rar, heißt es von einem Verkäufer bei Hornbach. Wirksam seien sie aber vor allem in Hochbeeten, nicht im großflächigen Freiland.

Tipps zum Absammeln und alternative Schneckenfallen: Großes Ärgernis: Was man gegen Schnecken im Garten tun kann

Auch Beckmann empfiehlt Kupferbänder, um Töpfe, Hochbeete und Balkonkästen zu schützen – zusätzlich zum Schneckenkorn. &bdquo;Denn durch Erde oder Pflanzen können längst Eier eingeschleppt worden sein, dann hilft die Barriere nicht.“ Das Absammeln könne man zwar probieren, einen zuverlässiger Schutz der Pflanzen sei so jedoch angesichts der extremen Zahl der Weichtiere kaum erreichbar. Der beste Schneckenstopp: &bdquo;Eine heiße Trockenphase, dann wird die Vermehrung sofort ausgebremst.“

Botanischer Garten hat 20.000 Helfer gegen die Plage Der feuchte Frühling und Frühsommer hat aber auch Vorzüge, weiß Rüdiger Ahrend, Leiter des Botanischen Gartens in Gadderbaum, wo die Schnecken ebenfalls für erhebliche Fraßschäden gesorgt haben. &bdquo;Für die Rhododendren war das Wetter optimal.“ In anderen Jahren hätten sie Tag und Nacht gegen die Trockenheit ansprengen müssen. &bdquo;Jetzt können wir uns hier vor Schnecken kaum retten. Pflanzen, die uns wichtig sind, kriegen Schneckenkorn. Vor allem die jungen Stauden in der Anzucht schützen wir zusätzlich mit Sperren und Barrieren aus Steinchen.“

Und dann hat der Botanische Garten noch rund 20.000 Helfer gegen die Plage: Die gerade erst entdeckte Feuersalamander-Population fresse auch Schnecken, erklärt Ahrend.

Erdbeerbäuerin hat einen Tipp für Bielefelds Hobbygärtner

Gelassenheit herrscht unterdessen bei Elisabeth Aryus-Böckmann vom gleichnamigen Erdbeerhof mit Feldern an der Hillegosser Straße in Heepen, der Babenhauser Straßen in Bielefeld-Babenhausen und der Vilsendorfer Straße in Schildesche. &bdquo;Wir hatten zwar das ein oder andere Schneckenereignis, aber sobald das Stroh in den Reihen verteilt ist, ist Ruhe.“ Das schrecke die Schnecken ab, ein Tipp auch für Hobbygärtner. Sie sollten das Stroh jedoch möglichst breit um ihre Erdbeerpflanzungen auslegen, rät Beckmann. Dann geht’s auch ohne Schneckenkorn.

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