Aus dieser Bielefelder Traditionskneipe wird ein besonderer Ort für Therapie

Bielefeld. Fast 84 Jahre alt wurde Kult-Kneiper Leo Preuß, vor fast drei Jahren starb er. Sein &bdquo;Wohnzimmer“, die Kneipe &bdquo;Im alten Gässchen“ an der Klasingstraße, musste er vor drei Jahren aufgeben, er musste ins Krankenhaus, sein letztes Bier hatte er da gezapft. Nur noch mit Hilfe eines Sauerstoffgerätes schleppte er sich durch die letzten Monate seines Lebens, jener Mann, den viele kannten von den Stadtfesten dieser Stadt. Da war er genauso zu Hause wie im &bdquo;Gässchen“.

Und jetzt? Nach vielen Monaten ohne Licht brennt selbiges wieder – noch als Baulampe. Die Vorarbeiten für eine Sanierung der Häuser Nummer 13 und 15 laufen an. Es wird ausgeräumt. Die fast 50-jährige Kneipengeschichte endet, Gastronomie wird es hier nicht mehr geben. Stattdessen Psychotherapie. Das Ehepaar Natalie und Mathis Wissemann hat das Haus gekauft, saniert es. &bdquo;Wir wollen im Spätherbst nächsten Jahres fertig sein“, sagt Mathis Wissemann.

Historisierende Elemente sollen weg, der Rest wertig saniert werden Das Haus, das nach seinen Unterlagen irgendwann im 18. Jahrhundert gebaut wurde, soll dann wieder ein Hingucker sein, immerhin ist es etwa 250 Jahre alt. Von den Schieferverkleidung soll ein Teil bewahrt werden, vielleicht auch das historische Schild über dem Eingang, allerdings ohne die Alkoholwerbung. Dagegen sollen historisierende Elemente wie das unechte Fachwerk und auch die Butzenscheiben verschwinden. Optisch einheitlicher sollen die beiden Gebäude, die zusammengehören und auch miteinander verbunden sind, auftreten.

Bis dahin liegt noch viel Arbeit vor den Handwerkern, und es wartet auch noch die eine oder andere Überraschung. Makler Jürgen Stracke: &bdquo;Das sah hier aus, als wäre Leo Preuß gerade eben erst herausgegangen aus seiner Kneipe“ – und tatsächlich: Im Kühlschrank stand noch Bier, berichtet Natalie Wissemann, &bdquo;auch Bierdeckel mit Strichen drauf lagen noch herum“. Und auch jetzt stehen noch alte Skischuhe auf dem Boden – und eine Drei-Liter-Sektflasche vom Weingut Schätzle mit persönlicher Widmung für Preuß. &bdquo;Abgefüllt für den Privatkeller Leo Preuß ´Im alten Gässchen`“ steht auf der zugestaubten Flasche.

Ein Spruch von Preuß: &bdquo;Sehen Sie hier Licht?“ Offenbar konnte die Erbin und Verkäuferin des Hauses, Leo Preuß` Lebenspartnerin, nicht mehr alles mitnehmen, was an den Kult-Kneiper, den &bdquo;knuffigen Kerl“, wie sie ihn mal nannte, erinnerte. Einen Mann, der kantig und knarzig gewesen sein soll, legendär war sein Spruch &bdquo;Sehen Sie hier Licht?“, wenn jemand in die Kneipe kam und fragte, ob geöffnet sei. Preuß lebte im Haus selbst, so vermischten sich Privates und Berufliches.

Letzteres aber nahm ab über die Jahre. Standen und saßen früher gerne mal 50 Leute in und vor der Kneipe, war es am Ende eher eine Handvoll Stammgäste, die noch kam, meist Nachbarn und alte Weggefährten. Preuß konnte nicht loslassen von seiner Kneipe, soll Tränen in den Augen gehabt haben, wenn die Rede vom Aufhören war.

Sicher hatten viele seiner Gespräche mit den Stammkunden auch eine Art therapeutischen Anstrich, was aber die einzige Brücke ist, die auf die Zukunft des Gebäudes weist. Das Ehepaar Wissemann will seine Praxis am Niederwall 36 aufgeben und sich auf das komplette &bdquo;Gässchen“-Gebäude fokussieren. Auf 220 bis 250 Quadratmeter, unten zwei Gruppentherapieräume, oben Räume für Einzelsitzungen. Fast doppelt so viel Platz wie bisher haben die beiden Therapeuten dann.

&bdquo;Wir haben ein Herz für alte Gemäuer“ Und ein Schmuckstück als Gebäude, &bdquo;wir haben ein Herz für alte Gemäuer“, sagt Mathis Wissemann zum persönlichen Antrieb. Noch wartet er auf die Baugenehmigung, im Januar soll es dann losgehen; möglichst ohne Sperrung der Klasingstraße am Klosterplatz.

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