Mit vielen Fotos: Blick hinter die Kulissen bei Möbelhersteller aus Rheda-Wiedenbrück

Rheda-Wiedenbrück. Deutschland war gerade Fußball-Weltmeister, als das Unternehmen Cor am 16. Dezember 1954 gegründet wurde. Weil der Möbelhersteller dieses Jahr 70 wird und derzeit wegen der &bdquo;Möbelmeile“ viele Fachleute in der Region sind, hat Cor sie zum Besuch seiner Produktion eingeladen.

Die Sitzmöbel entstehen mit einer &bdquo;wahnsinnig hohen Fertigungstiefe“, erklärt Leo Lübke. Das gebe es kaum noch in Deutschland. In der Preislage, in der Cor Stühle, Sessel und Sofas anbietet, &bdquo;ist es wichtig, dass unsere Qualität top ist“, sagt der 60-Jährige, der seit 30 Jahren geschäftsführender Gesellschafter ist. &bdquo;Die Keimzelle von Cor ist die Fertigung.“

Investition Weil ein Sitzmöbel aus vielen Teile besteht - ein Sofa wird etwa aus 40 Platten zusammengesetzt - hat Cor in eine neue Lagerhalle 6,5 Millionen Euro investiert. Die bietet 3.000 Quadratmeter und hat die Kapazität verdoppelt. &bdquo;Sie ist neun Meter statt vier Meter hoch.“ Lagerte früher ein Teil gleich hundertfach in einem Regal, wird jedes nun nach Kundenauftrag vorsortiert. &bdquo;Schon bei der Anlieferung werden die Teile kommissionsweise eingelagert“, erklärt Lübke. Für Mitarbeitende sind es kurze Wege in die Fertigung. &bdquo;Da wir hohe Lohn- und Umweltkosten haben, müssen die Prozesse stimmen.“

Individualität Bietet Cor ein Sofa standardmäßig 2,2 und 2,4 Meter Breite an, ist auf Nachfrage auch ein Sondermaß von 2,3 Metern möglich, &bdquo;damit es in die Ecke beim Kunden passt“. Und auch wenn das Unternehmen &bdquo;lieber auf Holz setzt, weil es ökologischer ist“, hat es für einen Auftrag von Porsche das Sofa &bdquo;Floater“ mit Alu-Füßen versehen.

Nachhaltigkeit Auf dem Dach des neuen Lagers ist eine Photovoltaikanlage für 400.000 Euro installiert, die 40 Prozent des Stroms der Halle produziert. Cor will bis 2030 klimaneutral sein und hätte auch gerne auf den anderen Flachdächern des Gebäudekomplexes an der Nonenstraße PV-Anlagen. Dagegen spricht der Brandschutz, da die Dächer mit Polystyrol wärmegedämmt. Weil die noch sehr gut ist, kommt ein Austausch nicht infrage.

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Auch eine Wärmepumpe gibt es im neuen Lager. Sie war Voraussetzung für die EE-40-Förderung für den Hallenbau. Geheizt wird aber überwiegend mit Holzresten aus der Produktion über eine Holzfeuerungsanlage.

Holz Buchenholz bezieht Cor aus einem bewirtschafteten Wald bei Höxter, &bdquo;dem wohl größten Buchenforst weltweit“, so Lübke. Gebaut werden die Möbelrahmen aus den im Betrieb zugeschnittenen und mit dem Brandzeichen &bdquo;Cor“ versehenen Brettern. &bdquo;Buche ist das stärkste Holz, darum geben wir eine lebenslange Garantie auf unsere Rahmen.“

Laut EU-Entwaldungsverordnung müssen &bdquo;für jeden Baum, der verarbeitet wird, die Geodaten nachgewiesen werden“. So wird sichergestellt, dass das Holz nicht aus Naturwäldern, sondern aus Forsten stammt. &bdquo;Die Idee finden wir gut“, betont Lübke. &bdquo;Die Umsetzung führt aber an der Realität vorbei, wir brauchen dafür noch mindestens zwei Jahre.“

Umstellen musste sich Cor beim Sperrholz. Das kam bislang aus Russland und bestand aus Birken. Wegen der Sanktionen nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine wird nun Pappel-Eukalyptus-Sperrholz aus Spanien geliefert.

Mitarbeitende 234 Beschäftigte arbeiten bei Cor. Ein Polsterer etwa macht ein Möbel komplett fertig. Bezahlt wird im Akkord. &bdquo;Das ist keine Ausbeuterei, sondern ein Anreiz“, erklärt der Geschäftsführer, warum die Mitarbeitenden im Schnitt 125 bis 130 Prozent erfüllen. Das gilt auch in der Näherei. Da arbeiten 42 Frauen und zwei Männer an 20 Standard- und 40 Spezialmaschinen. Die sind teils getunt und so schnell, dass sie eine Nadelkühlung haben.

Leder oder Stoff Frauen mögen Stoff, besonders für Sofas. Suchen Männer einen Bezug aus, favorisieren sie Leder. Dessen Anteil ist zuletzt zurückgegangen auf derzeit 30 Prozent. Die Häute kommen aus der Alpenregion. Ein Bulle von dort liefert bis zu acht Quadratmeter Leder. Bei Tieren aus Skandinavien, von denen es früher stammte, sind es nur bis zu fünf Quadratmeter.

Lübke spricht vom &bdquo;teuersten Leder“, das von frei lebenden Tieren kommt und Insektenstiche oder Streifen zeigt. &bdquo;In den Niederlanden sind die Kunden schmerzfrei, die mögen das Natürliche.“ In Deutschland sei der Kundschaft eher Makellosigkeit wichtig.

Trends Auf Rückzug und Gemütlichkeit legt die Kundschaft schon lange großen Wert. Seit zwei, drei Jahren werden die Formen organischer und es wird kissiger. Lübke weist auf das im Frühjahr präsentierte Sofa &bdquo;Siwa“. Benannt nach einer Oase in Ägypten, soll es ein Ruhepol in der hektischen Welt sein. &bdquo;Trotz seiner Rundungen setzen wir auf eine klare Formsprache“, bleibt Cor seiner Design-Linie treu.

Upcycling Seit vergangenem Herbst gibt es Corever. Das Unternehmen nimmt seine ausgedienten Möbel – außer die aus Raucher-Haushalten – zurück, um sie für den Wiederverkauf aufzuarbeiten oder sortenrein zu entsorgen. Bis zu 15 Sofas werden pro Woche begutachtet. &bdquo;Das Projekt schreit langfristig nach einer Onlinevermarktung.“

Gemeldet sich auch die Meyer Werft. Sie möchte sechs Kreuzfahrtschiffe, die das heimische Möbelunternehmen vor 20 Jahren mit jeweils 600 Schlafsesseln ausgestattet hat, sanieren. Und hat die 3.600 Möbelstücke mit einem Bezug &bdquo;Landhausstil auf dem Meer“ für Corever angeboten. &bdquo;Das bringt uns aber an unsere Grenzen“, sagt der 60-Jährige.

Der Markt &bdquo;Dieses Jahr ist eines der härtesten nach der Weltfinanzkrise 2008“, zieht Lübke einen Vergleich. 2023 erzielte Cor einen Umsatz von 47,9 Millionen Euro (minus 4 Prozent zum Vorjahr). Der Exportanteil war mit 24 Prozent stabil. Doch nun schwächelt die Nachfrage. Heute warten Kunden nur rund vier Wochen auf ihr neues Sofa, zuvor gab es 20 Wochen Lieferzeit. &bdquo;Zu Corona hatten wir Rekordumsätze und einen vorweggenommenen Umsatz.“

Hat Lübke Sorgen um den 70 Jahre alten Betrieb? &bdquo;Die hat man ja oft als Unternehmer.“ Er frage sich, wie es weiter gehe, woher die Impulse kommen, die aus der Krise führen. Um &bdquo;unsere Existenz sorge ich mich aber nicht“, betont der Rheda-Wiedenbrücker. Er ist optimistisch, denn: &bdquo;Gewohnt wird immer“.

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